EZB vor heikler Mission: Leitzins-Entscheidung im Euroraum

    Zinsen im Euroraum:EZB vor heikler Entscheidung bei Leitzins

    von Mischa Ehrhardt
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    Die EZB entscheidet in dieser Woche über die Zinsen im Euroraum. Dabei muss sie zwischen zwei Klippen navigieren: der hohen Inflation und einer sich abkühlenden Wirtschaft.

    Die Europäische Zentralbank in Frankfurt, aufgenommen am 23.02.2022
    Erneut steht eine Entscheidung der Europäischen Zentralbank über die Höhe des Leitzinses in der Eurozone an. (Archivbild)
    Quelle: Imago

    Wenn der Rat der Europäischen Zentralbank am Donnerstag über den Leitzins in der Eurozone entscheidet, könnte es ein enges Rennen geben.
    Denn Befürworter und Gegner einer weiteren Zinsanhebung können gute Gründe für ihre jeweilige Position vorbringen. Die nach wie vor viel zu hohe - und erst langsam zurückgehende - Inflation spricht für eine weitere Zinsanhebung.

    Unter Leitzinsen versteht man die von der zuständigen Zentralbank festgelegten Zinssätze, zu denen sich Geschäftsbanken bei einer Zentral- oder Notenbank Geld beschaffen oder anlegen können. In der Eurozone ist die Europäische Zentralbank (EZB) zuständig für die Festlegung der Leitzinsen. Davon setzt die EZB drei fest: Einlagenzins, Hauptrefinanzierungssatz und Spitzenrefinanzierungssatz.

    Für Sparer ist der Einlagenzins wichtig. Zum Hauptrefinanzierungssatz können sich Geschäftsbanken Geld bei der EZB leihen. Der Spitzenrefinanzierungssatz dient Geschäftsbanken zur kurzfristigen Beschaffung von Geld. Vorrangiges Ziel der Zentralbanken ist es, ein stabiles Preisniveau mit einer niedrigen Inflationsrate sicherzustellen.

    Die EZB strebt dafür ein Inflationsziel von zwei Prozent in der mittleren Frist an. Um die Inflationsrate bei einer vorgegebenen Zielgröße zu halten, kann die Zentralbank die Leitzinsen anheben ("restriktive Geldpolitik") oder auch senken ("expansive Geldpolitik"). 

    Quelle: Glossar des Bundesfinanzministeriums, AFP

    In den vergangenen zwölf Monaten haben EZB-Präsidentin Christine Lagarde und ihre Kollegen aus den nationalen Notenbanken des Euroraums die Zinsen neunmal in Folge auf zuletzt 3,75 Prozent für Kreditunternehmen angehoben.
    Das ist historisch einmalig und liegt an der hochgeschnellten Inflation, besonders in Folge des Ukraine-Krieges. Nur gibt es auch eine Kehrseite eines solchen Zinsanstieges: eine sich abkühlende Wirtschaft.

    EU-Kommission dämpft Wachstumsprognose ein

    Genau das wiederum prognostiziert die EU-Kommission in ihrer am Montag veröffentlichten Sommerprognose. So geht die Kommission für den Euroraum nur noch von einem BIP-Wachstum von 0,8 Prozent aus. Im Frühjahr hatte sie noch mit optimistischeren 1,1 Prozent gerechnet.
    EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni sprach am Montag mit Blick auf die Folgen des Ukraine-Krieges, steigender Zinsen und hoher Inflation von "mehrfachem Gegenwind".
    Dabei ist Deutschland eine der Hauptbremsen, denn hier rechnet Brüssel mit einer um 0,4 Prozent schrumpfenden Wirtschaft. Das deckt sich mit den Prognosen der wichtigen deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute. Die hiesige exportorientierte Wirtschaft leidet vor allem unter den hohen Energiekosten und dem allgemeinen schwachen weltwirtschaftlichen Umfeld.

    Wirtschaftliche Schwäche auch Folge steigender Zinsen

    Im Gegensatz dazu profitiert beispielsweise Spanien von einem Tourismusboom, der der Wirtschaft in diesem Jahr zu einem Wachstum von 2,2 Prozent verhelfen könnte. Frankreich und Italien könnten demnach jeweils um rund ein Prozent wachsen.
    So oder so jedenfalls könnte die aktuelle eingedampfte Konjunkturprognose für den Euroraum am Donnerstag in Frankfurt beim Zinsentscheid eine zentrale Rolle spielen. Denn die wirtschaftliche Schwäche resultiert eben nur zum Teil aus dem allgemeinen wirtschaftlichen Umfeld mit Gegenwind in vielen Bereichen der Welt. Sondern eben auch aus den Zinsanhebungen durch die Europäische Zentralbank.

    Schwierige Abwägung bei Leitzins-Entscheidung

    Zinsanhebungen haben nämlich genau das Ziel, die Kreditvergabe zu bremsen. Aufgrund der damit sinkenden Nachfrage sollten die Preise heruntergehen - damit will die EZB die Inflation wieder in den Griff bekommen. Nur sorgt eine sinkende Kreditvergabe eben auch für weniger Investitionen und Ausgaben, was die Konjunktur abkühlt und die Wirtschaft belastet.
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    Deswegen ist es eine schwierige Abwägung zwischen Inflationsbekämpfung und möglichen Nebenwirkungen für die Wirtschaft, die in dieser Woche ansteht. In einer Analyse schreiben die Volkswirte von Deutsche Bank Research:

    Wir gehen davon aus, dass die EZB den Satz der Einlagefazilität im September unverändert bei 3,75 Prozent belassen wird.

    Deutsche Bank Research

    Denn die volkswirtschaftlichen Daten zeigten zunehmend Hinweise auf eine starke Transmission, also eine Wirkung der Geldpolitik in der Wirtschaft. Das spreche für eine Zinspause - sei aber nicht sicher.

    Entscheidung mit Spannung erwartet

    "Alles ist offen und hängt letztlich von der Bewertung der Datenlage ab", so die Ökonomen der Landesbank Hessen Thüringen, Helaba. Dabei müsse die Zentralbank auch die Auswirkungen ihrer Maßnahmen auf das politische Umfeld in den Blick nehmen. Denn je mehr die Wirtschaft abkühlt, desto stärker neigen Regierungen dazu, darauf zu reagieren, indem sie etwa Konjunkturprogramme aufsetzen.
    Das aber treibt die Verschuldung gleichermaßen in die Höhe wie die Inflationserwartungen. Denn Konjunkturprogramme wirken preistreibend und konterkarieren so das Unterfangen, die Inflation zu bekämpfen. Es wird also spannend zu beobachten, welchen Weg die Zentralbank zwischen den Klippen der Inflation und der wirtschaftlichen Abkühlung am Donnerstag einschlagen wird.

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