Praktisch jeder internationale Großkonzern will klimaneutral werden - zumindest offiziell. "frontal"-Recherchen zeigen: Ambitionierte Klimaversprechen sind häufig wenig mehr als heiße Luft.23.11.2023 | 35:48 min
Deutschland ist im vergangenen Jahr erneut eine Rekordsumme aus dem Verkauf von Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten zugeflossen - insgesamt rund 18,4 Milliarden Euro. Das sind rund 40 Prozent mehr als 2022, wie die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) mitteilte. Die DEHSt ist beim Umweltbundesamt angesiedelt.
Maßgeblicher Treiber war den Angaben zufolge das nationale Emissionshandelssystem für Wärme und
Verkehr. Dort wurden deutlich mehr Zertifikate verkauft als 2022, sodass die Einnahmen um 67 Prozent auf 10,7 Milliarden Euro stiegen. Die Einnahmen aus dem europäischen Emissionshandel kletterten um zwölf Prozent auf 7,7 Milliarden Euro.
Rekorderlöse durch verschobene Zertifikatskäufe
Das Geld fließt vollständig in den Klima- und Transformationsfonds (
KTF), aus dem Maßnahmen für
Energiewende und Klimaschutz finanziert werden. Mit dem Geld wird laut Bundesregierung unter anderem die energetische Gebäudesanierung, die Dekarbonisierung der Industrie sowie der Ausbau der Erneuerbaren Energien, der
Elektromobilität und der Ladeinfrastruktur gefördert.
Um die Erderwärmung einzudämmen, müssen Kohlenstoffdioxid-Emissionen vermieden werden. Doch nicht überall ist das möglich. Verfahren wie CO2-Abscheidung und -Speicherung könnten helfen.30.11.2023 | 1:42 min
Der massive Anstieg bei den verkauften Zertifikaten im nationalen Handel ist laut Handelsstelle nicht auf gestiegene Emissionen im Verkehrs- und Gebäudebereich zurückzuführen. Denn auf Basis vorläufiger Schätzungen gehe man für
2023 von sinkenden Emissionen gegenüber 2022 aus. Ursächlich für den Anstieg sei vielmehr der große Nachholbedarf von Unternehmen gewesen.
Sie hätten nach der Entscheidung der Politik, den CO2-Preis 2023 nicht anzuheben, den Kauf ihrer Zertifikate auf 2023 verschoben. Der Festpreis lag in den Jahren 2022 und 2023 einheitlich bei 30 Euro je Zertifikat.
Der Deutsche Wetterdienst zieht Bilanz für das Jahr 2023. Der Sommer war zum Teil viel zu heiß. Insgesamt war dieses Jahr das wärmste seit Aufzeichnungsbeginn. 29.12.2023 | 1:34 min
Verbrauch fossiler Brennstoffe soll sinken
Vor dem Hintergrund des
Klimawandels soll die Bepreisung von Kohlendioxid Wirtschaft und Verbrauchern einen Anreiz geben, weniger fossile Brennstoffe zu verwenden. Kraftwerke, große Industrieanlagen und der innereuropäische Luftverkehr benötigen die europäischen Berechtigungen - pro Tonne ausgestoßenem CO2 müssen sie ein Zertifikat bei der Emissionshandelsstelle abgeben.
Erwerben können sie diese Verschmutzungsrechte unter anderem bei Versteigerungen an der Energiebörse in Leipzig. Die Menge der verfügbaren Berechtigungen wird jährlich gesenkt, um die Emissionen schrittweise immer stärker zu begrenzen.
Die Temperaturen steigen weltweit, im Norden deutlich stärker als im Süden. Erfahren Sie am interaktiven Globus, wie die Erderwärmung die Kontinente trifft.
Zertifikate deutlich teurer
Die Preise für die europäischen Zertifikate sind in den vergangenen Jahren gestiegen. Kostete ein Zertifikat 2020 im Jahresdurchschnitt knapp 25 Euro pro Tonne CO2, wurden 2023 im Schnitt 83,66 Euro fällig. Der Höchstpreis der Zertifikate betrug im vergangenen Jahr 101,25 Euro.
Neben dem seit 2005 begonnenen europäischen Emissionshandel (EU-ETS) startete 2021
ein nationales Emissionshandelssystem (nEHS). Die nationalen Zertifikate sind jetzt teurer geworden. 2024 kosten sie 45 Euro je Tonne. 2025 soll der Preis dann auf 55 Euro steigen.
Der weltweite Ausstoß von CO2 steigt weiter an: Für 2024 erwarten die Forschenden des Global Carbon Projects erneut einen Rekordwert. Welche Länder am meisten ausstoßen.
von Moritz Zajonz
Quelle: dpa