Fragile Erholung:Chinas Wirtschaft wächst - Probleme bleiben
|
Chinas Wachstum hat an Fahrt gewonnen, doch die Wirtschaft bleibt unter Druck. Immobilienkrise, Bevölkerungsschwund und die US-Wahlen gehören zu den größten Sorgen Pekings.
Die chinesische Wirtschaft konnte im vergangenen Jahr ein Wachstum von 5,2 Prozent verzeichnen. Die Pandemiejahre ausgenommen ist das der schwächste Wert seit drei Jahrzehnten. 17.01.2024 | 1:33 min
Die chinesische Wirtschaft nimmt wieder Fahrt auf. Wie das Pekinger Statistikamt an diesem Mittwoch mitteilte, beschleunigte sich das Wachstum im vierten Quartal auf ein Jahresplus von 5,2 Prozent. Damit wurde das offizielle Wachstumsziel der Regierung sogar leicht übertroffen.
Allerdings bleibt die Erholung nach der Corona-Pandemie fragil. Auch deutsche Unternehmen hoffen, dass Peking der Wirtschaft unter die Arme greift - und sich um die größten Baustellen der zweitgrößten Volkswirtschaft kümmert:
Krise auf dem Immobilienmarkt
Die Immobilienkrise in China zeigt weiterhin ihre Wirkung. Große Immobilienentwickler haben massive Schuldenprobleme, die Risiken für das Bankensystem und die breitere Wirtschaft bergen.
Allein der chinesische Immobilienriese Evergrande hat Schulden in Höhe von mehr als 300 Milliarden US-Dollar (rund 276 Milliarden Euro) angehäuft. Im Januar 2022 kündigte das Unternehmen einen Restrukturierungsplan an, konnte sich aber bisher nicht mit seinen Gläubigern einigen. Der nächste Gerichtstermin steht Ende Januar an. Peking versucht zwar, den Markt zu stabilisieren, doch die Aussichten bleiben ungewiss.
Chinesen bremsen beim Konsum
Auch weil ihre Wohnungen plötzlich weniger wert sind, halten sich viele Chinesen beim Geldausgeben zurück. Das zeigt sich sowohl an der Ladenkasse als auch bei größeren Anschaffungen, die wegen der bestehenden Unsicherheiten aufgeschoben werden. Der Konsum erholt sich nach der Corona-Pandemie langsamer, als es die chinesischen Wirtschaftsplaner gehofft hatten.
Die Abhängigkeit von China ist für Deutschland gefährlicher als die von russischem Gas und Öl. Wie erpressbar ist Deutschland im Falle eines Konfliktes? Und wie konnte es so weit kommen?23.11.2023 | 57:36 min
Auch deutsche Unternehmen sehen in der Vertrauenskrise der Konsumenten ein Problem, so Jens Hildebrandt, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer (AHK) in Peking. Man stellt sich auf eine Fortsetzung der Hängepartie ein.
Angst vor der Deflation
Vor dem Hintergrund der geringen Nachfrage sind die Verbraucherpreise in China im Dezember im Jahresvergleich um 0,3 Prozent gesunken. Es war bereits der dritte Monat in Folge mit einem Minus. Ökonomen sehen in dem Trend ein Warnzeichen, dass China in eine längerfristige Deflation rutschen könnte.
... bezeichnet volkswirtschaftlich den andauernden Prozess der Geldentwertung, der sich durch allgemeine Preiserhöhungen bemerkbar macht. Mit dem verfügbaren Einkommen kann dann weniger gekauft werden. Man spricht davon, dass die Kaufkraft sinkt. Ein anderes Wort für Inflation ist Teuerung.
Ein Rechenbeispiel: Ein Wocheneinkauf kostet 100 Euro. Bei einer Inflationsrate von 5 Prozent kostet er ein Jahr später 105 Euro, fünf Jahre später schon 127,63 Euro und zehn Jahre später 162,88 Euro.
Je höher die Inflationsrate ist, desto dramatischer sind die Folgen: Die Einkommen von Gehältern, Renten oder Sozialleistungen bleiben auch bei einer Inflation zunächst einmal gleich, was dazu führt, dass sich Menschen von ihrem Geld immer weniger leisten können.
Auch Sparer leiden unter einer Inflation: Ihre Geldanlagen verlieren zusehends an Kaufkraft.
... bezeichnet praktisch das Gegenteil, also durchschnittlich sinkende Preise. Für Verbraucher klingt das zwar zunächst reizvoll, weil sie sich mehr leisten können. Doch eine Deflation hat schwerwiegende Folgen für die Wirtschaft.
Wenn die Preise sinken, machen Unternehmen weniger Gewinne - oder sogar Verluste. Unter Umständen müssen sie Mitarbeiter entlassen, die sich anschließend weniger leisten können, was den Druck auf die Preise noch erhöht.
Zudem können Menschen anstehende Kaufentscheidungen verschieben, weil sie hoffen, dass die Preise noch weiter sinken. Dadurch entsteht eine gefährliche Abwärtsspirale: Gewinne und Steuereinnahmen schrumpfen, die Belastungen durch Schulden und hohe Ausgaben für Sozialleistungen nehmen zu, es wird weniger investiert.
Quelle: Deutsche Bundesbank
Zwei Millionen Menschen weniger
China leidet seit langem unter einem starken Geburtenrückgang und einer Überalterung der Bevölkerung. Die Auswirkungen der jahrzehntelangen "Ein-Kind-Politik" werden jedoch immer deutlicher. Bereits das zweite Jahr in Folge ging die Bevölkerung im vergangenen Jahr zurück, wie das Pekinger Statistikbüro am Montag berichtete. Demnach sank die Bevölkerungszahl 2023 um zwei Millionen. 9,02 Millionen Babys kamen in China noch zur Welt. Gleichzeitig stieg die Zahl der Todesfälle auf 11,1 Millionen.
China trägt seine Weltmachtambitionen offen zur Schau. Doch nun droht dem Riesenreich ausgerechnet die Basis dafür wegzubrechen: die eigene Bevölkerung.25.09.2023 | 6:19 min
Die Lockerung der umstrittenen Geburtenkontrolle hat seit 2016 nur kurzfristig zu einem leichten Anstieg der Geburtenzahlen geführt. Experten sehen in den hohen Kosten für Wohnen, Bildung und Gesundheitsversorgung in China sowie in der sinkenden Heiratsbereitschaft die eigentlichen Gründe für die besorgniserregende Entwicklung.
US-Wahlen sitzen Peking im Nacken
Unsicherheiten ergeben sich für die chinesische Wirtschaft auch durch die geopolitische Lage. Die chinesische Industrie leidet unter der Blockbildung zwischen Ost und West. So hat Washington etwa im Wettlauf um die Entwicklung Künstlicher Intelligenz verschärfte Restriktionen für Chiplieferungen nach China beschlossen.
Mit dem Iowa-Caucus haben für die Republikaner die Vorwahlen begonnen - mit einem deutlichen Trump-Sieg. ZDFheute live erklärt, was das fürs Rennen ums Weiße Haus bedeutet. 16.01.2024 | 31:05 min
Hinzu kommt, dass in diesem Jahr die US-Wahlen anstehen. Sowohl Republikaner als auch Demokraten schlagen dann für gewöhnlich besonders harte Töne gegen China an. Besonders bitter dürfte es für Peking werden, sollte Donald Trump erneut ins Weiße Haus einziehen. Er war in seiner Amtszeit der Auslöser für die deutlich härtere Gangart gegenüber China.
Maos Nachfolger öffneten China zum Westen, ersetzten Alleinherrschaft durch kollektive Führung. Xi Jinping dreht die Entwicklung wieder zurück. Erfindet er die Diktatur neu?17.10.2023 | 43:23 min