Greenpeace: Vor allem Billigfleisch in Supermarkt-Regalen
Greenpeace-Check:Vor allem Billigfleisch in Supermarkt-Regalen
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Die großen Lebensmittelhändler stellen kaum auf Fleisch aus besseren Haltungsformen um. Das geht aus einer Umfrage von Greenpeace bei großen Supermärkten hervor.
Im Selbstbedienungsbereich kennzeichnen die Supermärkte ihre Frischfleischprodukte inzwischen fast flächendeckend mit der Haltungsform.
Quelle: imago/Martin Wagner
Der Umstieg auf Fleisch aus besserer Tierhaltung kommt im deutschen Lebensmittelhandel nach Einschätzung von Greenpeace kaum voran. "Die großen Lebensmittelhändler verbessern ihr Fleischsortiment weiter nur schleppend", fasste die Umweltschutzorganisation das Ergebnis einer Umfrage unter den großen deutschen Supermärkten zusammen. Aldi Nord, Aldi Süd, Edeka, Kaufland, Lidl, Netto, Penny und Rewe nahmen an der Befragung teil.
Fleischanteil aus Stallhaltung bei 86 Prozent
Der Anteil von Fleisch aus den Haltungsformen 1 und 2 betrage aktuell 86 Prozent. Fleisch der Haltungsformen 1 und 2 stammt von Tieren, die im Stall gehalten werden.
Greenpeace forderte einen "konsequenten" Ausbau der Haltungsformen 3 und 4. Bei Haltungsform 3 haben viele Tiere Zugang zu einem Außenklimabereich oder einem Laufstall. Haltungsform 4 bedeutet, dass die Tiere zumindest zeitweise Zugang zu Freigelände haben.
Stufe 1: Stallhaltung
Stufe 2: Stallhaltung plus
Stufe 3: Außenklima
Stufe 4: Biohof
Inzwischen geht in Deutschland der Schweinefleisch-Konsum langsam zurück, doch noch immer isst jeder Deutsche im Schnitt über 30 Kilogramm Schwein pro Jahr. Vorwiegend – gerade in Zeiten knapper Kassen– das günstigste Fleisch aus eben jenen in der Kritik stehenden Betrieben der Haltungsstufen 1 und 2.
Greenpeace kritisierte, dass bei Rindfleisch der Markt noch immer mit 76 Prozent von Haltungsform 1 dominiert werde. Allerdings finde sich hier mit 14 Prozent auch der größte Bio-Anteil. Greenpeace-Landwirtschaftsexpertin Christiane Huxdorff sagte:
"Riesige Kennzeichnungslücke" bei Bedientheken
Im Selbstbedienungsbereich kennzeichnen die Lebensmitteleinzelhändler laut Selbstauskunft ihre Frischfleischprodukte inzwischen fast flächendeckend mit der Haltungsform. An den Bedientheken gebe es allerdings noch eine "riesige Kennzeichnungslücke", so Greenpeace.
Wie wichtig ist Ihnen das Tierwohl beim Kauf von Fleischprodukten? Das Haltungsform-Label soll mehr Orientierung bieten. Macht es das gut? Was es zeigt und was nicht im Überblick.
Die Unternehmen Metro und Norma beantworteten den Fragebogen nicht - und sie kennzeichnen ihre Fleischprodukte laut Greenpeace auch nicht. Huxdorff kritisiert dieses Vorgehen:
"Der Markt hätte sich in den letzten Jahren deutlich schneller bewegen können, wenn von Anfang an der gesamte Handel an einem Strang gezogen hätte."
Einzelne Ketten nennen Zeitplan für Kennzeichnung zu Haltungsformen
Ein Rewe-Sprecher teilte auf Anfrage mit, dass die hohe Inflation und die knappen Haushaltskassen das Einkaufsverhalten der Kundinnen und Kunden derzeit spürbar beeinflussten. Dennoch halte das Unternehmen an seinem Ziel fest, stufenweise bis 2030 das gesamte Frischfleischangebot der Eigenmarken in Deutschland bei Rind, Schwein und Geflügel vollständig auf die Haltungsformstufen 3 und 4 umzustellen.
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Kaufland verwies darauf, dass das Unternehmen in jeder Kaufland-Filiale Schweine-, Hähnchen-, Puten- und Rinder-Frischfleisch-Produkte aus der Haltungsform-Stufe 3 anbiete. An den Fleischbedientheken setze das Unternehmen, bis auf wenige regionale und internationale Ausnahmen, durchgängig auf Fleisch aus Haltungsform-Stufe 3.
Lidl will bis 2024 mindestens 25 Prozent des Frischfleischsortiments mit den Haltungsstufen 3 und 4 und bis 2026 mindestens 33 Prozent in diesen Stufen anbieten. Andere Handelsketten äußerten sich zunächst nicht dazu.
Staatliches Fleischlabel auf dem Weg
Greenpeace-Expertin Huxdorff verlangte zudem vom Einzelhandel, den Ausbau der besseren Haltungsformen "konsequent" zu verfolgen, statt auf die "zähe politische Umsetzung der Kennzeichnung zu warten".
Deutschland ist ein Fleischland: Über 90 Prozent der Deutschen essen mindestens gelegentlich Fleisch. und die allermeisten wollen wissen, wie und wo es gelebt hat.04.07.2023 | 7:02 min
Die Regierung hat ein staatliches Tierhaltungskennzeichen auf den Weg gebracht. Es soll ab dem kommenden Jahr zunächst für frisches Schweinefleisch gelten und später auf andere Tierarten und weitere Bereiche etwa in der Gastronomie und den gesamten Lebenszyklus der Tiere ausgeweitet werden.
Verbraucherschützer haben gefordert, dass das staatliche Label die freiwillige Kennzeichnung im Handel ersetzen sollte, um Verwirrung zu vermeiden.
Die Haltung von Mastschweinen soll in einem Kennzeichnungssystem mit fünf Kategorien erfasst werden:
Stufe "Stall": erfüllt die gesetzliche Mindestanforderung mit mindestens 0,75 Quadratmeter Stallfläche für ein 50 bis 110 Kilogramm schweres Mastschwein
Stufe "Stall+Platz": sieht für Schweine u.a. 12,5 Prozent mehr Platz vor. Also etwa 0,84 Quadratmeter pro Tier
Stufe "Frischluftstall":bietet 1,1 bis1,3 Quadratmeter Stallfläche für ein 50 bis 120 Kilogramm schweres Mastschwein sowie "Kontakt zu Außenklima" - das bedeutet, dass das Schwein Umwelteinflüsse wie Licht und Wetter durch Öffnungen wahrnehmen kann
Stufe "Auslauf/Weide": mindestens1 Quadratmeter Stallfläche und 0,5 Quadratmeter Auslauffläche für ein 50 bis 120 Kilogramm schweres Mastschwein
Stufe "Bio": mindestens 1,3 Quadratmeter Stallfläche und 1 Quadratmeter Auslauffläche für Mastschweine bis 110 kg
Dabei geht es um eine Pflichtkennzeichnung inländischer Erzeugnisse aller Haltungsformen.
In Deutschland existieren bereits unzählige Label und Siegel für Schweinefleisch, von Biobauern bis Demeter, von Einzelhändlern bis Fachfleischereien, jeder wirbt um die Gunst der Verbraucher mit vermeintlicher Transparenz im Tierschutz. Das staatliche Label von Özdemir will da besser sein.
Doch von dem bereits bestehenden Label der sogenannten "Initiative Tierschutz" unterschiedet es sich kaum. Ein Beispiel: In der Haltungsstufe 2 "StallhaltungPlus" der Initiative Tierwohl haben Schweine zehn Prozent mehr Platz als im Gesetz vorgeschrieben. Im neuen staatlichen Label sind es 12,5 Prozent - also kaum ein Unterschied.