Nach dem Ende seiner Karriere erlebt der 43-Jährige ein Wechselbad der Gefühle. Dennoch kann Deutschlands bester Tischtennisspieler der Geschichte zufrieden Bilanz ziehen.
Ein Großer des deutschen Sports tritt ab: Tischtennis-Legende Timo Boll unterliegt mit dem DTTB-Team im Viertelfinale. Es ist das letzte Match seiner internationalen Karriere.06.08.2024 | 22:36 min
Nach seinem emotionalen Abschied von der internationalen Tischtennis-Bühne stellte sich für Timo Boll noch die Frage nach seiner Zukunft. Das war in jenem Moment, als er sich an seine Anfänge erinnerte. Damals hatte er natürlich nicht geahnt, erst mit 43 Jahren als Deutschlands erfolgreichster Tischtennisspieler der Geschichte nach seinen siebten Olympischen Spielen abzutreten.
Nach einer kurzen Pause fügte Boll scherzhaft hinzu: "Keine Ahnung, ob’s dafür jetzt zu spät ist."
0:3 im Viertelfinale gegen Schweden
Das war ein sehr heiterer Moment an einem Dienstagabend, von dem auch Bolls sehr zwiespältige Gefühlslage in Erinnerung blieb. Einerseits bedauerte er die deutliche 0:3-Niederlage der deutschen Mannschaft im Viertelfinale gegen Schweden zusammen mit Dimitrij Ovtcharov und Dang Qiu. Anderseits sprach aus Boll auch eine Erleichterung, dass es nun vorbei ist.
Nach der verdienten Niederlage habe er sich "erschöpft, ratlos und enttäuscht" gefühlt, sagte Boll. Zugleich sei er aber "auch ein bisschen froh, dass es rum ist, diesen Druck verspüren zu müssen".
Vier Olympia-Medaillen
Nur leider aus seiner Sicht war es nichts geworden mit der erhofften fünften Olympia-Medaille bei seinem Abschied, nach zuvor je zwei Mal Silber (2008, 2021) und Bronze (2012, 2016), jeweils mit der Mannschaft.
Dennoch konnte Boll am Ende seiner internationalen Karriere zufrieden Bilanz ziehen, und er tat das auf seine zurückhaltende Weise.
"Ich glaube, ich kann ohne schlechtes Gewissen jetzt abtreten", sagte Boll.
1:3-Niederlage gegen Vereinskollege Källberg
Boll war am Dienstag zunächst mit Qiu im Doppel angetreten. Nach Ovtcharov spielte er zudem das zweite Einzel. Doch ein weiteres Hinauszögern seines Karriereendes auf der internationalen Bühne war Boll nicht vergönnt.
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Gegen den 17 Jahre jüngeren Anton Källberg, sein Vereinskollege bei Borussia Düsseldorf, unterlag Boll 1:3 (7:11, 9:11, 11:7, 8:11). Seine letzte Vorhand geriet zu lang. Boll hielt nach dem Schlag inne und schaute dem Ball nach. Dadurch wirkte der Moment des Karriereendes auf der internationalen Bühne kurz wie eingefroren.
Boll übermannt nach der Leere
Als Boll wenig später auf einem Stuhl saß, sei da "erstmal so eine gewisse Leere" gewesen, berichtete er später.
Die Sprechchöre des Publikums trieben ihm die Tränen in die Augen, "brutal übermannt" habe ihn die Situation.
Andererseits blickte Boll auch voller Freude der nun viel umfangreicheren Zeit mit seiner Familie und seinen Freunden entgegen. Nur in der Bundesliga wird er für Borussia Düsseldorf noch bis zum Vertragsende 2025 spielen.
Roßkopf über Bolls Lücke
"Gemütlich ausklingen" soll seine Karriere. Was danach kommen soll, will er in den kommenden ein, zwei Jahren herausfinden.
Im Tischtennis und der deutschen Nationalmannschaft wird Boll eine große Lücke hinterlassen. "Wir haben jetzt einen Spieler zu kompensieren, den es nicht zu kompensieren gibt", sagte Bundestrainer Jörg Roßkopf.
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Verehrt sogar in China
Weltranglistenerster war Boll mehrfach, achtmal wurde er Europameister im Einzel, sogar in der führenden Tischtennisnation China wird er verehrt. Nicht nur wegen seiner Fähigkeiten an der Platte, sondern auch wegen seiner Fairness.
2005 hatte er im WM-Achtelfinale sogar einen Matchball-Punkt zurückgegeben und das Spiel noch verloren. Damals sagte er: "Wir betreiben Sport, weil wir ihn lieben - und eine große Liebe betrügt man nicht." Auch deshalb wird Timo Boll als ganz Großer des Sports in Erinnerung bleiben.
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