Terror in Nahost:Wie sich der Konflikt auf Sportler auswirkt
von Marie-Julie May
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Die aktuelle Eskalation im Nahen Osten hat auch Auswirkungen auf Sportler in Deutschland. Ein israelischer und ein palästinensischer Athlet sprechen über ihre Eindrücke.
Fußballer Doron Bruck.
Quelle: dpa / Carsten Koall
Mit einem Großangriff hat die radikal-islamische Hamas am 7. Oktober Israel attackiert. Während die Zivilisten in der Region unter Schock stehen, fliegt das israelische Militär Luftschläge gegen die palästinensische Terrororganisation im Gazastreifen. Die Folgen des Konflikts sind auch in Deutschland spürbar.
Zwei Sportler mit israelischen und palästinensischen Wurzeln hierzulande berichten von ihren Erfahrungen und Gefühlen in diesen Tagen.
Was es heißt, als jüdischer Fußballer in Deutschland zu spielen, erfährt Doron Bruck jedes Wochenende auf dem Spielfeld. Der 28-Jährige ist Fußballspieler bei einem Verein von Makkabi Deutschland. Makkabi ist der größte jüdische Sportverein – er repräsentiert nicht nur Israel, sondern auch das jüdische Leben.
"Ich glaube leider, dass der Höhepunkt der Konflikte noch nicht erreicht ist", sagt Bruck mit schwerer Stimme. Bereits jetzt sichern zu jedem Spiel mehrere Polizisten das Spielfeld ab, es gibt Taschenkontrollen und deutlich mehr Medienpräsenz.
Fußballspielen unter Polizeischutz
"Ich habe mich beim Spiel ertappt, dass meine Gedanken davonfliegen und alles relativiert, was man macht. Ich kann Fußballspielen, weil zahlreiche Polizisten das Feld absichern. Aber was ist mit meiner Familie in Israel und allen durch die Hamas terrorisierten Unschuldigen?", fragt sich Bruck. Einfach weiter wie bisher fällt schwer.
Er war im Flieger nach Israel und wollte ein Pop-Konzert besuchen, als der Terror in seinem Land ausbrach. Die Maschine landete in der Türkei und kehrte unverzüglich um.
Es gab schon oft Eskalationen in Israel, doch dieses Mal sei es anders.
Ringer Rabbia Khalil (l.) im Duell.
Quelle: privat
Kontakt zu palästinensischen Sportlern schwer
Auch Rabbia Khalil kann nicht einfach so weitermachen. Seit den Anschlägen ist der Ringer nicht mehr von dem Fernseher wegzukriegen. Täglich informiert sich der 38-Jährige über die Lage in seiner für ihn unbekannten Heimat. Khalil ist in Deutschland aufgewachsen, seine Großeltern waren einst aus Palästina geflohen, seine Eltern wurden in einem Flüchtlingscamp im Libanon geboren und landen in Deutschland.
Mit dem Ringen ist er auf sich allein gestellt. Auch schon vor der erneuten Eskalation hatte der kleine palästinensische Verband keinen Bundestrainer oder andere Expertise zur Verfügung stellen können - das Geld fehlt. Zu Wettbewerben hat ihn sein langjähriger Bundesligatrainer aus Köln begleitet. Wie es seinen Ringer-Kollegen in Palästina geht, weiß Khalil aktuell nicht - der Kontakt ist aufgrund der Versorgunglage in Gaza sehr schwer.
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Der Schmerz über die zivilen Opfer auf beiden Seiten eint beide Sportler. Der Familienvater ist sich der Symbolik seines Landes bewusst.
Polizei und Politik gehen hart gegen jede Form von antisemitischen Äußerungen und Gewalt auf Pro-Palästina-Demos vor. Demos, Palästina-Fahnen und -tücher seien in diesen Zeiten nicht gerne gesehen, meint Khalil. "Man spürt, dass man Palästina nicht mehr positiv erwähnen kann ohne direkt mit Kritik überhäuft zu werden", ergänzt er.
Makkabi: Ein Verein, viele Nationen
Doch während Khalil stolz in seinem Nationaltrikot rumlaufen kann, muss Bruck die Sicherheitslage sehr ernst nehmen. "Es ist äußerst beunruhigend, wenn man sieht, dass Davidsterne an Häuser geschmiert werden", bedauert Bruck. Besuche in der Synagoge habe er nach dem Angriff abgesagt. Das Tragen der Kippa hatte er auch schon vor der Eskalation in Nahost auf den Straßen Berlins vermieden.
Bruck bei einem Spiel.
Quelle: IMAGO / Nordphoto
Zwar gab es auch Gespräche in der Kabine, weil nicht jeder gleich tickt, doch der Fußball würde im Fokus liegen. Brucks Teamkollegen, die aus 16 unterschiedlichen Nationen stammen, sind ebenfalls vorsichtig geworden. Auf dem Weg zum Training trägt das Team keine Makkabi-Kleidung - denn der Davidstern ist Teil des Vereinslogos.
Olympia als Hoffnungsschimmer
Ein Funken Hoffnung macht Ringer Khalil der Gedanke eines schnellen Friedens. Sportlich ist sein Ziel nicht weniger ambitioniert. Er will sich für die Olympischen Spiele 2024 in Paris qualifizieren. "Dafür stehen einige Wettkämpfe an. Doch wie soll ich mit dem Verband sprechen, wenn Menschen um sie herum sterben. Der Sport bedeutet dann nichts."
Aufgeben sei aber keine Option für den Ringer. Und auch Bruck wird wieder auf dem Fußballplatz stehen.
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