Saudis greifen auch nach dem Handball

    Sportswashing von Saudi Arabien:Saudis greifen auch nach dem Handball

    von Erik Eggers
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    Saudi-Arabien will erstmals eine Handball-WM – und das scheint erst der Anfang. Gerät auch der Handball in die Mühlen der sportpolitischen Großoffensive der Saudis?

    Saudi-Arabien, Dammam: Handball: IHF Super Globe, Füchse Berlin - SC Magdeburg, Finalrunde, Finale. Das Team vom SC Magdeburg zeigt den gewonnenen Pokal.
    Finale der Klub-WM in Saudi-Arabien, Dammam: SC Magdeburg zeigt den gewonnenen Pokal.
    Quelle: Super Globe Media Team/dpa

    Die Handballszene horchte auf, als der Deutschlandfunk exklusiv berichtete, dass die Saudi Arabia Handball Federation (SAHF) sich erstmals um die Austragung einer Männer-Weltmeisterschaft bewirbt. Saudi-Arabien zeige starkes Interesse für die WM 2029 und 2031, bestätigte der Präsident der Internationalen Handball Föderation (IHF), Hassan Moustafa, auf Anfrage.

    Milliarden für den Sport

    Für Saudi-Arabien ist die Bewerbung ein weiterer Schritt in einer systematisch geplanten Sport-Offensive, die mit staatlichen Milliardensummen betrieben wird. Die Doku Geld ohne Ende: Saudi Arabien kauft den Sport beleuchtet diese Entwicklung.

    Scheichs konkurrieren mit deutscher WM-Bewerbung

    Insofern konkurrieren die Scheichs also mit dem Deutschen Handballbund, der sich gemeinsam mit Frankreich und der Schweiz ebenfalls für die Turniere bewerben wird.
    Deutsche Topmanager betrachten das als Signal. Wenn sich Riad für eine WM bewerbe, "dann muss man damit rechnen, dass sie auch eine entsprechende Liga aufbauen", sagte Uwe Schwenker, der Präsident der Handball-Bundesliga (HBL), dem Portal handball-world.com.

    Möglicherweise nehmen sie dann auch einige unserer Spieler ins Visier. Bei uns spielt eine Vielzahl an internationalen Top-Leuten. Ich will das nicht herbeireden, aber unwahrscheinlich ist das nicht.

    HBL-Präsident Uwe Schwenker

    HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann glaubt, Saudi-Arabien wolle "im Handball viel machen. Und da spielt Geld wirklich überhaupt keine Rolle." Bislang beschränkte sich das Engagement des arabischen Staates im Handball auf die Austragung des IHF Super Globe, die Klubweltmeisterschaft wird seit 2019 in Dammam ausgetragen.

    Klub-WM nur der Anfang?

    Am vergangenen Sonntag siegte der SC Magdeburg das dritte Mal in Folge. Der Trip an den Persischen Golf lohnt für den Sieger, das Team von Trainer Bennet Wiegert kassierte 400.000 US-Dollar, der Finalist Füchse Berlin immerhin noch eine Viertelmillion. Deren Geschäftsführer Bob Hanning hatte gegenüber dem rbb den finanziellen Wert der Teilnahme unterstrichen.

    Gerade in unserer jetzigen Situation ist das eine willkommene Einnahmequelle.

    Füchse-Geschäftsführer Bob Hanning

    Kritik ist aus den Reihen des Handballs bisher nicht zu vernehmen. Dabei gehört das Championat, das seit 2019 in Saudi-Arabien ausgetragen wird, zur sportpolitischen Offensive des Wüstenstaates, der mit Sportevents und Spielertransfers sein lädiertes Image aufzupolieren versucht. Der Vorwurf lautet, der Wüstenstaat wolle mit "Sportswashing" gravierende Menschenrechtsverstöße und den spektakulären Mord an dem regimekritischen Journalisten Jamal Kashoggi, den der saudische Thronfolger Mohammed bin Salman angeordnet haben soll, vergessen machen. Die Summen, die in den Sport fließen, sind geradezu obszön.

    Geld spielt keine Rolle

    Fußballstar Christiano Ronaldo soll bei Al-Nassr angeblich 200 Millionen Euro jährlich kassieren. Auch die Fußball-WM 2034, die nach Lage der Dinge nach Saudi-Arabien geht, wird ungeheure Summen verschlingen Die Investitionen der saudischen LIV-Tour im Golf gehen ebenfalls in die Milliarden, die Unterschrift des US-Golfers Phil Mickelson soll allein 200 Millionen Euro Wert gewesen sein. Derartig hohe Summen fließen im Handball nicht.
    Die ersten Anzeichen, dass die Saudis auch ihren Ligabetrieb aufpumpen wollen, gab es dennoch schon im Sommer, als Rückraumspieler André Gomes von der MT Melsungen nach Dammam wechselte – der Portugiese soll dort angeblich 600.000 Euro jährlich verdienen. Kurz darauf kolportierte die Bild gar eine Sechs-Millionen-Offerte an Mikkel Hansen, der prägenden Figur des dreifachen dänischen Weltmeisters. Der aktuelle Angriff der saudischen Regierung im Handball zielt womöglich noch weiter.

    IHF-Präsidentschaft als Ziel?

    Europäische Spitzenfunktionäre fürchten, die Bewerbung stelle nur den Beginn eines größeren Plans dar. Sie raunen, der saudische Handballpräsident Fadel Ali Al-Nemer wolle im Jahr 2025 die Nachfolge des IHF-Präsidenten Moustafa antreten. Eine Wahl-Koalition aus den mitgliederstarken Kontinentalverbände aus Afrika und Asien soll bereits geschmiedet worden sein. Führende europäische Verbände, heißt es, arbeiteten bereits an einer Gegenkandidatur – die allerdings kaum Chancen haben dürfte, sofern die saudische Lobby tatsächlich in diese Sache einsteigt. Es droht also eine Übernahme des Welthandballs durch Saudi-Arabien. Mit unabsehbaren Folgen für die Sportart.
    Mehr über den Alltag im modernen Saudi-Arabien finden Sie hier:

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