DFB-Team gegen Niederlande: Zwischen Nostalgie und Aufbruch

Erst noch ganz orangefarben, dann in Windeseile leuchtet der Hintergrund schon wieder weitgehend weiß: So geht das in modernen Arenen wie in München, wenn zwei große Fußball-Nationen wie Deutschland und die Niederlande kurz hintereinander ihre Pressekonferenzen abhalten.

Vor dem Nations-League-Duell zwischen den einst ziemlich verfeindeten, inzwischen aber fast befreundeten Verbänden aus Deutschland und den Niederlanden (Montag 20:45 Uhr/live ZDF) haben sich die Nationaltrainer Julian Nagelsmann und Ronald Koeman artig Komplimente gemacht.

Der eine (Nagelsmann) freut sich auf ein "sehr interessantes Spiel mit einem guten Gegner". Man werde deutlich mehr gefordert als beim Arbeitssieg in Bosnien-Herzegowina (2:1). Vor einem Monat hatte es in Amsterdam eine hochinteressante, weil extrem intensive Auseinandersetzung ohne Sieger gegeben (2:2).

Der andere (Koeman) ist daher voll des Lobes über ein "immer starkes Deutschland". Ein Team, das aus seiner Sicht wieder Talent, Tempo und Wille vereint. Insbesondere Florian Wirtz hat es ihm angetan: "Er hat Schnelligkeit, Schlauheit - solche Spieler machen den Fußball schön."

Dazu spielt unweigerlich die nostalgische Note bei diesem 48. Nachbarschaftsduell mit, sonst würde im Erdgeschoss der Arena nicht gerade eine Abbildung von Gerd Müller stehen. Eine Schwarz-Weiß-Aufnahme aus dem WM-Finale 1974. Olympiastadion München. Deutschland gegen Holland.

Der Drehschuss vom "Bomber der Nation" zum 2:1-Siegtreffer, der noch Generationen danach bewegte. Alles verdammt lang her, aber irgendwie auch ein Dokument der Zeitgeschichte. Nagelsmann kennt offenbar die Bilder, er sei aber "keine wahnsinnige Enzyklopädie des Fußballs". Und mit 37 Jahren ist er für den historischen Überbau vermutlich auch zu jung.

Anders der Kollege Koeman. Der 61-Jährige hat nach eigenem Bekunden "gute Erinnerungen" in die bayrische Landeshauptstadt gebracht. Er gab einst den Libero jener Elftal, die bei der EM in Deutschland 1988 im Endspiel gegen die Sowjetunion (2:0) eine Versöhnung unter dem Zeltdach feierte.

Und erwähnt haben wollte er auch gleich das EM-Achtelfinale in diesem Sommer, als sein Ensemble im Münchner Norden vor Abertausenden "Oranje"-Fans im Achtelfinale gegen Rumänien (3:0) eine große Party feierte. Fürs Finale bei der EM 2024 hat es dann aber nicht ganz gereicht, da hatten die Engländer im Halbfinale von Dortmund etwas dagegen.

Diesmal fehlt den Gästen wegen der Gelb-Roten Karte gegen Ungarn (1:1) mit Virgil van Dijk der Abwehrchef. Der 32-Jährige gilt als Kopf des deutschen Gegners, ein riesiger Anker, der die Kommandos gibt. "Jeder weiß, wie viel Einfluss er hat. Wir müssen ihn irgendwie ersetzen", sagte Stürmer Cody Gakpo.

Wohl wissend, dass der freiwillige Verzicht auf Memphis Depay wegen dessen Wechsel nach Brasilien auch in der Offensive eine neue Hierarchie erfordert. "Cody ist der Boss", scherzte Koeman mit Blick auf den 25-jährige Gakpo, der beim FC Liverpool längst Leistungsträger ist.

In der Veränderung der Hierarchien bestehen Parallelen zur deutschen Nationalelf, bei der bekanntlich nun offiziell Manuel Neuer, Ilkay Gündogan, Thomas Müller und der nicht anwesende Toni Kroos am Montag verabschiedet werden. Nach dieser Zeremonie spielt die Zukunft vor. Denn Angelo Stiller und Aleksandar Pavlovic übernehmen im zentralen Mittelfeld den Part von Pascal Groß und Robert Andrich.

"Wir können nicht nur auf 33-, 34-Jährige setzen", begründete Nagelsmann das Vertrauen. Das junge Pärchen mit dem ballsicheren Stuttgarter Stiller (23 Jahre) und dem nach einer Knieprellung genesenen Pavlovic (20) würde vom Alter eine "gute Perspektive" besitzen: "Das heißt nicht, dass wir komplett anderen Fußball spielen. Wichtig ist, dass wir es mal sehen."

Er selbst zieht nach genau einem Jahr Amtszeit ein positives Zwischenfazit. "Die Mannschaft hat es super gemacht, wir haben fußballerisch einiges bewegt." Vor allem hat das Aushängeschild des DFB wieder die Herzen der meisten Menschen gewonnen.