EM2024: Kann es ein neues Fußballfest geben?

    Drei Gründe:Wie die EM ein Sommermärchen werden könnte

    von J. Fischer und S. Class
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    Die EM im eigenen Land steht kurz bevor: Doch kann ein neues Sommermärchen gelingen? Eindrücke von Jürgen Klinsmann, Philipp Lahm und Kim Kulig.

    Jürgen Klinsmann
    Kann ein neues Sommermärchen gelingen? Ein Einblick hinter die Kulissen der Vorbereitungen zur Heim-EM.26.05.2024 | 43:21 min
    Der Sommer 2006: Für viele ist er durch die Weltmeisterschaft im eigenen Land noch in bester Erinnerung. Jetzt steht wieder ein Fußball-Turnier in Deutschland an - und nicht wenige hoffen, dass sich die Szenen von einem "Sommermärchen", einem überwiegend friedlichem Fußballfest, wiederholen.
    Doch kann das 18 Jahre später tatsächlich erneut gelingen? ZDFheute hat mit Experten, wie dem ehemaligen Bundestrainer Jürgen Klinsmann, gesprochen. Herausgekommen sind vor allem drei Gründe, die für eine Neuauflage des Sommermärchens mitentscheidend sein können:
    • das Auftaktspiel und der anschließende Zusammenhalt der Mannschaft
    • der Schulterschluss zwischen Mannschaft und Fans
    • Fan-Feste im ganzen Land
    Jürgen Klinsmann im Interview
    Die DFB-Elf hat bei Turnieren zuletzt enttäuscht - nun steht die Heim-EM an. Im Gespräch verrät Ex-Nationaltrainer Klinsmann, was er dem Team zutraut.23.05.2024 | 0:15 min

    EM-Auftaktspiel: Deutschland gegen Schottland

    "Die Qualität haben wir, das ist keine Frage" - der ehemalige Bundestrainer Jürgen Klinsmann macht sich mit Blick auf die Spieler von DFB-Trainer Julian Nagelsmann keine Sorgen. Auch nicht nach mäßigen Vorbereitungsspielen und vorangegangen Turnieren, bei denen die Nationalmannschaft zuletzt nach der Vorrunde die Koffer packen musste.

    Zwischen gewonnenen Turnieren haben wir auch immer wieder unsere Täler, die wir durchlaufen. Ich bin überzeugt, dass es ein erfolgreiches Turnier wird.

    Jürgen Klinsmann, ehemaliger Bundestrainer

    Doch innerhalb der Mannschaft müsse "alles passen" und die Spieler von Beginn an beweisen, was in ihnen stecke. Das Auftaktspiel gegen Schottland ist für den ehemaligen Bundestrainer daher mitentscheidend über eine erfolgreiche Heim-EM. Auch, weil mit einem Sieg eine besondere Stimmung im Land entstehen könne, die die Mannschaft beflügelt.

    Dann kann sich das zu einem Superlauf und auch zu einer Superstimmung entwickeln.

    Jürgen Klinsmann, ehemaliger Bundestrainer

    Wird die EM 2024 zum neuen Sommermärchen? Jamal Musiala und Florian Wirtz, im Hintergrund Deutsche Fans
    26.05.2024 | 43:21 min
    In unserer Doku "EM 2024: Ein neues Sommermärchen?" blicken wir hinter die Kulissen der Vorbereitungen und sprechen unter anderem mit Jürgen Klinsmann, Kim Kulig und Philipp Lahm über das anstehende Turnier.

    DFB-Team muss auch Rückschläge wegstecken

    Auch EM-Turnierdirektor Philipp Lahm, der mit seinem Tor gegen Costa Rica 2006 das Sommermärchen einleitete, weiß, was es heißt, gut in ein Turnier zu starten:

    Für uns wäre es natürlich hilfreich, wenn die deutsche Nationalmannschaft gewinnt und es vom Start weg gleich gut losgeht.

    Philipp Lahm, ehemaliger Nationalspieler

    Doch nicht nur die ersten Spiele sind entscheidend - auch der Teamgeist bei der Heim-EM. So verweist die ehemalige Frauen-Nationalspielerin Kim Kulig darauf, dass die Mannschaft in der Lage sein müsse, auch Rückschläge wegzustecken. Sie dürfe nicht blauäugig in ein Turnier gehen und glauben, dass alles harmonisch werde:

    Da ist Kommunikation untereinander ganz wichtig. Man muss ein Umfeld schaffen, wo man ehrlich miteinander kommunizieren, wo jeder auch kritisch mit sich umgehen kann.

    Kim Kulig, ehemalige Nationalspielerin

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    EM 2024: Schulterschluss zwischen Fans und Mannschaft

    Dass Fans ihre Mannschaft noch etwas weiter pushen können, das ist unbestritten. Auch für Jürgen Klinsmann ist der Schulterschluss zwischen Spieler und Fans daher ein weiterer Schlüssel zu einem erfolgreichen Sommermärchen.
    Doch damit sich die Fans überhaupt mit ihrer Mannschaft identifizieren könnten, komme es darauf an, wie die Nationalmannschaft auftrete. Jeder Fan müsse sich in ihr wieder erkennen können, unterstreicht auch EM-Turnierdirektor Philipp Lahm. Erst dann könne eine Begeisterung bei den Fans entstehen, die man als Spieler auch wirklich spüre.

    2006 habe ich erlebt, dass die ganze Nation hinter einem steht. Das ist etwas ganz Besonderes und gibt dir einfach Energie. Da kriege ich heute noch Gänsehaut.

    Philipp Lahm, ehemaliger Nationalspieler

    Die Spielorte der Fußball-EM 2024

    ZDFheute Infografik

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    Nationalmannschaft muss Image aufpolieren

    Doch die Begeisterung - gar ein Sommermärchen entsteht nicht von allein. Auch das zuletzt schlechte Image der DFB-Männer schadete dem Ansehen eher, als dass es half.
    Die Mannschaft müsse daher auch wieder in die Fannähe investieren - sich bei öffentlichen Trainings präsentieren und mit Fans in Kontakt kommen, so Kim Kulig. Gerade jetzt gebe es aus ihrer Sicht daher nichts Besseres, als vor einem Turnier eine Offenheit auszustrahlen und zu zeigen:

    Ihr seid uns wichtig, wir wollen mit euch kommunizieren, weil schlussendlich wollen wir euch begeistern. Und wenn euch etwas nicht gefällt, dann sagt es uns knallhart.

    Kim Kulig, ehemalige Nationalspielerin

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    EM 2024: Fan-Feste im ganzen Land

    Ein weiterer Schlüssel für die Neuauflage des Fußballfests von 2006: friedliche Fan-Feste.

    Das war ein absolut schönes Erlebnis. Ich kann mich auch noch an gewisse Spiele erinnern, als gefühlt ganz Australien in Stuttgart zu Besuch war.

    Kim Kulig, ehemalige Nationalspielerin

    Genau wie Kim Kulig, die als Nachwuchsspielerin sich von Stimmung 2006 weiter pushte, weiß auch Jürgen Klinsmann um die Bedeutung der Euphorie. Der DFB-Ehrenspielführer blickt gerne auf 2006 zurück: "Man wird heute noch überall in der Welt drauf angesprochen, dass sie Deutschland nicht so erwartet hätten", so Klinsmann.
    Was ist los in Herzogenaurach?
    DFB-Stürmer Füllkrug: Mit Ballermann-Hit ins EM-Turnier11.06.2024 | 1:50 min
    Genau diese wunderbaren Bilder, die niemand sofort erwartet, sollen auch diesmal wieder bei den offiziellen Public Viewings entstehen. Alle Spielorte müssen solche Fußballtreffs aufbauen - auf eigene Kosten. Eine Auflage der UEFA. In Berlin steckt der Senat etwa 21 Millionen Euro in die Fanzone.
    Doch für Turnierdirektor Philipp Lahm braucht es genau solche Orte, die zu einem neuen Sommermärchen beitragen könnten - für einen neuen Gänsehautmoment:

    Ich habe Bilder, wo verschiedene Menschen mit verschiedenen Trikots sich umarmen, sich gegenseitig trösten und gemeinsam feiern vor Augen. Und das würde ich mir wünschen, dass wir einfach näher zusammenrücken.

    Philipp Lahm, EM-Turnierdirektor

    Die Experten sind sich einig: Ein neues Sommermärchen ist möglich. Doch ob es 18 Jahre später wirklich zu einer Neuauflage kommt, das wird sich schlussendlich erst ab Freitag zeigen. Dann startet die Europameisterschaft 2024. Das erste Spiel: Deutschland gegen Schottland.

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