Frankreich bei EM weiter: Nächster biederer Auftritt
Nächster biederer Auftritt:Stilfragen begleiten Frankreichs Team
von Maik Rosner
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Nach dem Einzug ins Viertelfinale lässt es Frankreichs Trainer Deschamps kalt, dass über die Spielweise seiner Elf debattiert wird. Zum Problem wird vermehrt die Abschlussschwäche.
Durchgewurschtelt: Frankreichs Elf steht zur Freude ihres Trainers Didier Deschamps im EM-Viertelfinale.
Quelle: AFP
Didier Deschamps begegnete den üblichen Stilfragen mit seiner ebenso gewohnten Gelassenheit. Beinahe so stoisch, wie seine Mannschaft ihr Spiel durchgezogen hatte, sprach Frankreichs Trainer über ihre vergebenen Chancen und teils behäbige Spielweise.
Kritik übte Deschamps dabei aber allenfalls in homöopathischen Dosen, nachdem seine Équipe am Montagabend mit ihrem längst typischen Minimalismus die Runde der letzten Acht erreicht hatte.
"Wir haben uns fürs Viertelfinale qualifiziert. Das ist genau das, was wir wollten", sagte Deschamps nach dem 1:0 (0:0)-Sieg gegen Belgien.
Deschamps' verbalisiertes Schulterzucken
Es war das verbalisierte Schulterzucken eines Gewinners, der weiter auf Kurs ist. Dass er dabei von Stilfragen begleitet wird wie eigentlich bei jedem Turnier seit seinem Amtsantritt 2012, kann den 55-Jährigen schon lange nicht mehr schrecken.
"Ach, wissen Sie", hob Deschamps gleich mehrfach an, um anschließend zu referieren über die Gründe für die Spielweise seiner Mannschaft und die seiner Ansicht nach überwiegend gelungene Ausführung seines Auftrags.
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Franzosen aktiver als die Belgier
"Wir haben alles gemacht, um anzugreifen und uns Torchancen zu erarbeiten", sagte er gar. Das war zwar übertrieben, aber zugute halten konnten sich die Franzosen, mehr für die Offensive getan zu haben als die überwiegend abwartenden Belgier.
Vor allem in der zweiten Halbzeit verschärften die Franzosen ihre Angriffsbemühungen, ohne das Risiko deutlich zu erhöhen. Es sei wichtig gewesen, nicht zu stürmisch zu agieren, sondern mit Bedacht und Absicherung, erinnerte Deschamps.
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Keinen Grund zu Selbstzweifeln
"Wir haben dieses Spiel besser gemanaged. Wir sind nicht in die Falle getappt", lobte er.
Einen Grund zu Selbstzweifeln konnte der Trainer in dem Vortrag und verdienten Sieg nicht erkennen. "Ich habe nie gezweifelt", sagte er mit betonter Selbstgewissheit, "denn wir haben die Qualität, um die Tore zu erzielen".
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Genau genommen hatten es die Franzosen aber erneut nicht geschafft, den Ball ins Netz zu befördern. Wie schon beim 1:0 im ersten Gruppenspiel gegen Österreich benötigten sie die Unterstützung des Gegners in Form eines Eigentores.
Trotz eklatanter Chancen-Verwertung auf Kurs
Diesmal lenkte Belgiens Jan Vertonghen den Ball in der 85. Minute mit seinem Knie nach Randal Kolo Muanis eigentlich misslungenem Schussversuch ins Netz.
Die Abschlussschwäche der Franzosen wird allerdings zunehmend zum Problem. Bei diesem Turnier haben sie weiterhin kein eigenes Tor aus dem Spiel heraus zustande gebracht. Neben den zwei Eigentoren nahmen sie beim 1:1 gegen Polen ja Kylian Mbappés verwandelten Elfmeter in Anspruch, um Ertrag zu erzielen. Auf Kurs sind die Franzosen dennoch.
Auch deshalb, weil sie sich auf ihre Defensive verlassen können. Nur Robert Lewandowskis Elfmeter führte bisher zu einem Gegentor.
Tedescos Enttäuschung
Die Belgier waren einem Tor allerdings durchaus nahe gekommen. Das verstärkte die Enttäuschung bei ihrem deutschem Trainer Domenico Tedesco noch.
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"Auch wenn es nur fünf waren, muss man auch die Qualität der Chancen sehen", befand der frühere Schalker und Leipziger Coach, "die Chancen waren da, um das Spiel zu gewinnen". Doch so war für den ewigen Geheimfavoriten wieder einmal frühzeitig Schluss.
Deschamps' Freude und Lakonie
Auffallend groß war Deschamps' Freude nach dem Abpfiff geraten. Immer wieder reckte er seine Hände in die Luft und schüttelt seinen Fäuste, mal eine, mal beide gleichzeitig. Auch das erzählte viel darüber, für wie wichtig er diesen Sieg erachtete.
Den Hinweis eines Journalisten, dass für den Sieg ein Eigentor nötig gewesen war, konterte Deschamps mit der ihm eigenen Lakonie. "Es muss ja trotzdem ein Spieler schießen, und dann ist es eben ein Tor", sagte er.