Präsident Fischer geht: Eintracht verabschiedet ihre Ikone

    Eintracht-Präsident Fischer geht:Die launische Diva verabschiedet ihre Ikone

    von Frank Hellmann
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    Peter Fischer tritt als Präsident von Eintracht Frankfurt zurück. Den Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus nennt er bis heute eine Lebensaufgabe.

    Frankfurts Präsident Peter Fischer feiert 2022 mit der Europa-League-Trophäe.
    Sportlicher Glanzpunkt: Peter Fischer feiert 2022 mit Eintracht Frankfurt den Gewinn der Europa-League.
    Quelle: dpa / Arne Dedert

    Peter Fischer ist schon ein bisschen bange vor diesem Moment. Wenn der Präsident von Eintracht Frankfurt am Montag in der vollbesetzten Jahrhunderthalle am Podium steht und auf seiner letzten Mitgliederversammlung einen sehr wahrscheinlich tränenreichen Abschied gibt.

    Es wird ein emotionaler Tag, und ich habe davor auch Angst, weil er bei mir nur geprägt sein wird durch Emotionalität.

    Peter Fischer

    Es geht "eines der größten Originale, die der Klub je hervorgebracht hat", wie SGE-Vorstandssprecher Axel Hellmann treffend sagte. Schon beim Heimspiel gegen Mainz 05 in der vergangenen Woche waren viele Tränen gekullert. Denn die gar nicht mehr so launische Diva verliert einen Mann, der auf diesem Posten in fast einem Vierteljahrhundert am meisten bewegt und alles mitgemacht hat.
    Mario Götze ( Frankfurt ) per Kopfball zum 1:0 gegen Mainz 05.
    Drei Punkte, viel Tristesse: Eine dürftige Vorstellung reicht Eintracht Frankfurt zum 1:0 gegen den FSV Mainz 05.29.01.2024 | 7:53 min

    Fischer stellt sich nicht nur gegen die AfD

    In den vergangenen Jahren ist der 67-Jährige vor allem als Mann mit klarer Haltung gefeiert worden. Als einer der ersten Fußballfunktionäre stellte er sich schon 2017 lautstark gegen den Aufstieg der AfD.
    Sein Kampf gegen Rassismus, Diskriminierung, Antisemitismus und Rechtsextremismus beschert ihm ein Andenken über den Sport hinaus. Ihm ist es ein Hauptanliegen, dass die Eintracht als "ein buntes Bild aus Willkommenskultur, Toleranz, Akzeptanz und Integration" wahrgenommen wird.
    Der Präsident von Eintracht Frankfurt, Peter Fischer, bei seiner Verabschiedung.
    Abschied von den Fans: Peter Fischer beim Heimspiel seiner Eintracht gegen Mainz.
    Quelle: epa / Ronald Wittek

    Auch als Ehrenpräsident Spuren hinterlassen

    Bei seinem gesellschaftspolitischen Engagement will er auch als Ehrenpräsident oder Redner nicht nachlassen: "Dieses Thema berührt mich stark. Da will ich Spuren hinterlassen."

    Dieser Kampf gegen rechts ist und bleibt meine Lebensaufgabe, selbst wenn ich über 1.000 Anzeigen gegen mich aushalten musste.

    Peter Fischer

    Sein Motto: "Wer Charakter hat, hat Feinde, wer keinen Charakter hat, hat keine Feinde. Damit kann ich leben."
    Torjubel zum 1:0 durch Faride Alidou (1. FC Köln).
    Der 1. FC Köln hat ein Lebenszeichen im Abstiegskampf gesendet. Gegen Eintracht Frankfurt landete Köln einen 2:0-Heimsieg. Frankfurt handelte sich gleich zwei Platzverweise ein.05.02.2024 | 11:29 min

    Sportlicher und wirtschaftlicher Aufschwung

    Als er im Sommer 2000 auf seiner ersten Pressekonferenz davon sprach, der Klub müsse mehr als 10.000 Mitglieder haben und ein Trainingszentrum bauen, musste der Hesse tags darauf in der Zeitung lesen, dass er doch "lieber wieder surfen" solle.

    Der neue Präsident des Fußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt, Peter Fischer, stellt sich am Mittwoch (02.08.2000) auf einer Pressekonferenzden Journalisten vor.
    Quelle: dpa / Oliver Stratmann

    Peter Fischer (im Bild auf einer Pressekonferenz im August 2000) wurde im Juli 2000 Präsident, als sich Eintracht Frankfurt in einer schweren Führungskrise befand. Sein Vorgänger Rolf Heller hatte die launische Diva mit seinem Kurs bis an den Rand des Konkurses getrieben, als sieben Teilnehmer auf einer Verwaltungsratssitzung eher aus Mangel an Alternativen für einen extrovertierten Unternehmer mit Zweitwohnsitz auf Ibiza stimmten: Peter Fischer.

    Auf der Geschäftsstelle am Riederwald fand Fischer damals acht Mitarbeiter, eine Kaffeemaschine, einen Computer vor - jedenfalls kein Geld. "Wir hatten nicht mal genug Kohle, um unsere Mitglieder per Frankiermaschine zur fälligen Hauptversammlung einzuladen", erzählt Fischer, "aber dafür hatten wir Ratten im Keller.".

    Aber der Zwei-Meter-Mann mit den blonden Haaren und blauen Augen stellte viele richtige Weichen. So holte er früh den heutigen Vorstandssprecher Axel Hellmann als Strategen dazu und trug dazu bei, dass der Traditionsverein insbesondere in den letzten Jahren sportlich und wirtschaftlich rasant wuchs.

    Eintracht Frankfurt gewinnt 2022 die Europa League

    Die Eintracht vereint heute 135.000 Mitglieder, liegt bei mehr als 300 Millionen Euro Umsatz und gewann 2022 als erster Bundesligist die Europa League. Wie Fischer nach dem Sieg 2018 im DFB-Pokal - der erste Titel nach 30 Jahren - auf dem Römer den Cup über seinen Kopf reckte, ist auf einem Aufkleber verewigt, der überall in der Stadt hängt.
    Der gesundheitlich angeschlagene Frontmann ist mit seinem Lebenswandel gewiss kein Vorbild, aber gilt längst als Identifikationsfigur für die Eintracht und für Frankfurt.
    Ultra-Auswüchse mitunter verharmlost
    Auf vielen Ebenen hat der nicht zu Unrecht als "Party-Präsident" titulierte Fischer ("Peter gibt einen aus") polarisiert, dem Geschäftsmann und Aufsichtsratsmitglied Mathias Beck folgen soll. Vor allem Fischers Umgang mit dem gewaltbereiten Teil der Anhängerschaft fand nicht jeder gut.
    Auswüchse der Ultras hat er gerne mal verharmlost ("Unsere Jungs wehren sich und hauen auch mal drauf") oder vor dem Abstieg 2011 ins Mikrofon gebrüllt: "Dann schlagen wir halt den Scheiß-BVB." Danach feierten sich die Fans selbst als "Randalemeister".

    Persönlicher Tiefpunkt: Im Fokus der Staatsanwaltschaft

    Persönlicher Tiefpunkt waren die staatsanwaltschaftlichen Drogenermittlungen. Obwohl das Verfahren vor knapp einem Jahr eingestellt wurde, blieb ein fader Beigeschmack. Für Fischer war es "eine reine Luftnummer" - gleichwohl ein letzter Anstoß, von seinem Amt zurückzutreten.

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