FC Bayern: Wie viel Macht hat Thomas Tuchel?

    FC Bayern vor dem Saisonstart:Wie viel Macht hat Thomas Tuchel?

    von Ralf Lorenzen
    |

    Nach der Niederlage im Supercup ist beim FC Bayern schon vor der Bundesliga-Premiere von Harry Kane Druck auf dem Kessel. Mannschaft und Management müssen sich erst finden.

    Fußball: Bayern-Trainer Thomas Tuchel und Harry Kane.
    Die Stimmung beim FC Bayern ist angespannt, Trainer Thomas Tuchel hat viele Baustellen zu bearbeiten. Sportjournalist Manu Thiele analysiert im "Bolzplatz" die Situation bei den Münchnern.17.08.2023 | 14:08 min
    Mit der Verpflichtung von Harry Kane ist der FC Bayern München nach Aussage des Vorstandsvorsitzenden Jan-Christian Dreesen "ein Stückchen all-in" gegangen. Die kolportierte Ablösesumme von über hundert Millionen Euro stellt selbst für den FC Bayern München eine neue Dimension dar.

    Tuchel kritisiert Bayern-Spieler hart

    Ein Stückchen all-in ist auch Cheftrainer Thomas Tuchel mit seiner Analyse der 0:3-Niederlage gegen RB Leipzig gegangen. "Sobald wir was zu verlieren haben, ist es nicht dieselbe Gruppe", sagte er. Wer seine Mannschaft schon vor Saisonbeginn so hart angeht, hat nicht mehr viel Spielraum, um bei weiteren Enttäuschungen nachzulegen.
    Fußball: Bayern-Trainer Thomas Tuchel.
    Thomas Tuchel war nach dem 0:3 im Supercup gegen Leipzig alles andere als glücklich. Neuzugang Harrry Kane müsse denken, "dass wir seit vier Wochen nicht trainiert haben".13.08.2023 | 2:05 min
    Vom in die Mannschaft nach den Spielen gegen Manchester City "schockverliebten" bis zum "konsternierten und extrem enttäuschten" Trainer sind nur vier Monate vergangen. Diese Entwicklung zeichnet Manu Thiele im aktuellen "Bolzplatz" nach und stellt die Frage: Hat Thomas Tuchel zu viel Macht beim FC Bayern?

    Defensiver Mittelfeldspieler soll kommen

    Vor seiner jüngsten Mannschafts-Schelte war Tuchel schon mit seiner Forderung nach einem neuen defensiven Mittelfeldspieler vorgeprescht. Mit der hat er es immerhin über Nacht geschafft, dass der Begriff "holding six" selbst denen flüssig über die Lippen geht, die ihn bisher für eine Pokervariante hielten.
    Fußball: Thomas Tuchel, Trainer des FC Bayern.
    Thomas Tuchel als Nachfolger von Julian Nagelsmann als Trainer beim FC Bayern - geht das gut? Sportjournalist Manu Thiele analysiert den Trainerwechsel.30.03.2023 | 14:49 min
    Tuchels Forderung überraschte umso mehr, da gerade dieser Mannschaftsteil mit Joshua Kimmich, Leon Goretzka, Konrad Laimer, Ryan Gravenberch und nach Bedarf auch Raphael Guerreiro überproportional gut besetzt schien. Damit stellt er nicht nur denjenigen, die für diesen Kader verantwortlich sind, ein schlechtes Zeugnis aus.

    Führungsspieler verprellt

    "Im Grunde wünscht er sich im Mittelfeld wieder einen Javi Martinez und verprellt damit Joshua Kimmich, der grundsätzlich alles kann und der auch denkt, dass er alles kann", sagt "ran"-Reporter Stefan Kumberger im "Bolzplatz". "Das ist ein absoluter Führungsspieler und Leistungsträger."
    Rückendeckung erhält Tuchel mit seiner Forderung im "Bolzplatz" von Ex-Bayern-Spieler Thomas Helmer: "Als ehemaliger Abwehrspieler weiß ich, wie wichtig das ist, dass davor jemand funktioniert, der nicht nur gut nach vorne spielt, der auch mal abräumt und die defensiven Zweikämpfe gewinnt."

    Hoeneß und Tuchel: Rückhalt trotz Differenzen

    Aber selbst Uli Hoeneß, der als großer Fürsprecher Tuchels gilt, hat sich bereits ablehnend geäußert. "Die Frage auf der Sechs stellt sich mir gar nicht, weil Laimer ein Transfer ist, an dem wir sehr, sehr viel Spaß haben werden", sagte Hoeneß während einer Presserunde im Trainingslager. Der Ex-Leipziger Konrad Laimer gilt als derjenige Spieler im Kader, der dem von Tuchel geforderten Profil im Kader am ehesten entspricht.
    Harry Kane im Supercup gegen Mohamed Simakan
    Rekordtransfer Harry Kane kommt im Supercup zu seinen ersten Einsatz-Minuten für den FC Bayern. 13.08.2023 | 9:19 min
    Diese Meinungsverschiedenheit dürfte den Zusammenhalt zwischen Hoeneß, der als Mitglied des siebenköpfigen "Ausschuss Sport" wieder mehr Macht besitzt, und Tuchel jedoch nicht nachhaltig beinträchtigen.

    Thomas Tuchel war sehr clever, dass er sich sehr schnell mit Uli Hoeneß verstanden und ihn bei seiner Vorstellung mehrfach erwähnt hat.

    Sportjournalist Stefan Kumberger

    Wenn man Uli Hoeneß auf seiner Seite habe, so Kumberger, "hat man schon mindestens eine Saison den Cheftrainerposten gesichert."

    Neuer Sportdirektor, neue Konstellation

    Genauso wichtig für das Binnenverhältnis der Bayern wird es sein, ob Tuchel bereit ist, einen Teil seiner Kompetenzen wieder abzugeben, wenn der neue Sportdirektor Christoph Freund am 1. September seinen Dienst antritt. Die Vakanz auf diesem Posten nach der Entlassung von Hasan Salihamidzic ist immerhin ein Grund für die augenblickliche Machtstellung Tuchels.
    Eine mögliche Konfliktlinie: Freund war bei RB Salzburg sehr erfolgreich bei der Entwicklung von Spielern, Tuchel ist auf kurzfristigen Erfolg angewiesen. "Da geht es auch darum, dass nicht nur Freund bei Tuchel zu Kreuze kriecht", sagt Johannes Hofer von "Sky Austria" im "Bolzplatz", "sondern, dass auch Tuchel Freund seinen Freund sein lässt."

    Mehr zum FC Bayern München

    Alle Bolzplatz-Folgen

    Bundesliga-Duelle