"System Spitzensport krankt": Bob Hanning fordert Reform
Bob Hanning fordert Reform:"Das System Spitzensport krankt"
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Handballfunktionär Bob Hanning hat dem deutschen Sportsystem ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt und schlägt konkrete "Sofortmaßnahmen zur Rettung des deutschen Sports" vor.
Bob Hanning
Quelle: imago
Handballfunktionär Bob Hanning hat die aktuelle Entwicklung im deutschen Sport mit scharfen Worten kritisiert. "Machen wir uns nichts vor: Das System Spitzensport krankt", schrieb der Geschäftsführer des Bundesligisten Füchse Berlin in einem Gastbeitrag für die "Berliner Morgenpost". Es mangele an der Infrastruktur und der personellen Ausstattung.
Hanning fordert "Leuchtturmprojekte"
"Wir müssen den deutschen Spitzensport neu denken. Und zwar jetzt!", schrieb Hanning. Man brauche "neuen Mut und neue Ideen. Es bedarf klarer Entscheidungen mit klaren Konsequenzen." Mehr Geld für den Sportstättenbau, bessere Strukturen an der Spitze, mehr Schulsport und Olympische Spiele als "Leuchtturmprojekt": Er nennt in dem Essay vier Eckpunkte für die Erneuerung des Systems.
"Aus unseren Möglichkeiten, die wir zweifellos haben in einem Land, in dem es so viele einzigartige und ehrgeizige junge Menschen gibt, machen wir viel zu wenig", so der 55-Jährige weiter. Die Politik nehme mit ihren Entscheidungen billigend in Kauf, "dass wir den Karren komplett an die Wand fahren. Dass desaströs schlechte Weltmeisterschaften bei den Leichtathleten zum Normalfall werden. Dass wir uns an das frühzeitige Ausscheiden der Fußballer bei großen Turnieren gewöhnen".
Hanning fordert Sportminister
Hanning unterstützt die geplante unabhängige Agentur für Leistungssport ausdrücklich und schlägt für das Konstrukt einen Bundesminister vor, der sich einzig auf den Sport konzentriert.
Fünf erfolgreiche Sportler, "die Strahlkraft und Vorbildfunktion haben" plus fünf Top-Funktionäre, "die über den Tellerrand der eigenen Sportart hinausschauen und top motiviert sind".
Als mögliche Namen nennt Hanning "Menschen wie Dirk Nowitzki, Bastian Schweinsteiger oder Malaika Mihambo" und "Persönlichkeiten wie Christian Seifert, Matthias Sammer und Steffi Jones". Abgerundet würde das Team von zwei Politikern. "Ich bin mir sicher: Innerhalb von vier Wochen gäbe es ein umfassendes Konzept, das binnen vier Jahren umgesetzt und angewendet werden könnte."
Mit PotAS sollte alles besser werden. Gezielte Förderung, mehr Medaillen, so der Plan. Doch Erfolgsvorhersagen bleiben schwierig, wie das Beispiel der Basketball-Weltmeister zeigt.
von Susanne Rohlfing
"Mängel, wohin man nur schaut"
Den aktuellen Zustand des Sports in Deutschland beschreibt Hanning mit drastischen Worten. "Das System Spitzensport krankt", schreibt er: "Mängel, wohin man nur schaut." Aktuell lebe der deutsche Spitzensport "seit Jahren mehr von Zufällen als von ausgeklügelten Plänen und Strukturen".
Das in die Kritik geratene Potenzialanalysesystem (Potas) sei "ein Desaster und ein weiterer Sargnagel für unseren Sport". Hanning bemängelte auch die Einstellung zum Sport und führte dies auf vermeintliche Fehlentwicklungen in der Gesellschaft zurück. "Der Leistungsgedanke, der uns seit jeher stark macht, wird von den Entscheidern in der Politik sukzessive ausgehebelt", schrieb er.
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Wo ein Wille, da ein Weg
Doch Hanning ist sich sicher: "Man kann das deutsche Sportsystem revolutionieren - wenn man es denn will." Die Substanz und das Potenzial in Deutschland seien da. "Davon bin ich überzeugt. Wir müssen über Vorbild führen, für junge Menschen Anker sein, für Ziele einstehen und Werte vermitteln", so Hanning.
Den Reformbedarf hat auch die Politik mittlerweile erkannt. "PotAS" soll in den kommenden Monaten und Jahren "weiterentwickelt" werden.