Wie funktioniert das Sportfördersystem PotAS?

    Analysesystem PotAS:Wie werden Fördermittel im Sport vergeben?

    von Susanne Rohlfing
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    Das Potenzialanalysesystem, kurz PotAS, dient seit 2016 als Grundlage für die Mittelvergabe an die olympischen Spitzenverbände. Was steckt dahinter?

    Goldmedaille bei der Leichtathletik-WM 2023.
    Gold - aber nicht für Deutschland: Bei der Leichtathletik-WM 2023 gingen die Sportler*innen aus der Bundesrepublik leer aus.
    Quelle: dpa

    Seit den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona geht es bergab mit den deutschen Erfolgen auf der Weltbühne des Sports. 82 Medaillen wurden damals eingesammelt, zwanzig Jahre später, 2012 in London, waren es nur noch 44. Verantwortliche in Verbänden und Politik wurden hellhörig und machten sich daran, eine Spitzensportreform zu entwickeln.

    Analyse als Herzstück der Reform von 2016

    Deren Herzstück ist das sogenannte Potenzialanalysesystem (PotAS), ein hoch kompliziertes Verfahren, mit dessen Hilfe herausgefunden werden soll, in welchen Sportarten die Chancen auf olympische Medaillen am größten sind - damit diese bei der finanziellen Förderung durch den Bund besonders bedacht werden können.
    Nun wettern Basketball-Präsident Ingo Weiß oder Diskus-Olympiasieger Robert Harting gegen das System, weil die deutschen Basketballer im PotAS-Ranking auf dem letzten Platz liegen und doch gerade Weltmeister geworden sind. Wie kann das sein?

    Wer hat sich PotAS ausgedacht?

    Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und das für den Sport zuständige Bundes-Innenministerium (BMI) haben es zusammen mit unter anderem den olympischen Spitzensportverbänden, Athletenvertretern oder dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft entwickelt.
    Bei der 13. Mitgliederversammlung des DOSB gab es Ende 2016 eine breite Zustimmung von 98,6 Prozent für die geplanten Leistungssportreform inklusive Potas.

    Was wird analysiert?

    • Erfolg: Es zählen Platzierungen unter den Top acht bei Olympischen Spielen und vorolympischen Wettbewerben sowie die Qualifikation oder Nicht-Qualifikation für Olympia. Die Daten werden durch DOSB und Potas-Kommission erhoben.
    • Kaderpotenzial: Medaillenkandidatinnen und -kandidaten werden vom DOSB in Absprache mit den Spitzenverbänden benannt. Deren Leistungsentwicklung wird dann von der Potas-Kommission anhand von Wettkampfergebnissen ausgewertet.
    In der Vergangenheit zählte hier allein die Prognose der Verbände. Doch die Ergebnisse von Tokio legten wohl offen, dass sich Selbsteinschätzung und tatsächliche Medaillenausbeute zu stark unterschieden.
    • Strukturen: Es wird Auskunft verlangt zu den Themen Nachwuchsmanagement, Trainings- und Wettkampfmanagement, Verbandsführung Leistungssport, Trainer*innenqualifizierung, Gesundheitsmanagement, Athlet*innen-Umfeldmanagement und Wissenschaftsmanagement. Da geht es um Konzepte, Personal und Abläufe, die in emsiger Büroarbeit dargestellt werden müssen.
    Viel zu bürokratisch, lautet die häufig vorgetragene Kritik der Verbände. Es seien bereits Veränderungen vereinbart, "die insbesondere die hohen bürokratischen Aufwände reduzieren sollen, um sich besser auf die wirkungsrelevanten Aspekte von Potas konzentrieren zu können", teilt der DOSB mit.

    Wieso steht der DBB so schlecht da im Ranking?

    Die Daten für die aktuelle PotAS-Rangliste wurden 2018 und 2019 erhoben, damals kamen die deutschen Basketball-Männer nicht über die WM-Vorrunde hinaus. Zudem gehen in die Bewertung des Basketball-Verbandes auch die Disziplinen Frauen-Basketball sowie 3x3-Basketball der Männer und Frauen ein - auch nicht unbedingt deutsche Medaillengaranten. 3x3 stand für Tokio 2020 überhaupt zum ersten Mal im olympischen Programm.
    Der DBB habe sich dennoch explizit gewünscht, die junge Sportart hinsichtlich der Strukturen, die natürlich noch kaum vorhanden waren, bewerten zu lassen. "Wenn von vier Disziplinen drei schlecht dastehen und eine im Mittelfeld liegt, das galt damals für die Männer, dann gibt das zusammengenommen ein schlechtes Bild", erklärt Urs Granacher, Vorsitzender der PotAS-Kommission sowie Professor für Trainings- und Bewegungswissenschaft an der Uni Freiburg.

    Und wieso ist Deutschland nun trotzdem Basketball-Weltmeister?

    "Weil sie sportlichen Erfolg, egal welches Verfahren sie nehmen, nicht zu 100 Prozent voraussagen können", erklärt Granacher. Zudem seien die heutigen Prognosen von Verbänden und DOSB mehr als vier Jahre alt, "das System wurde bereits nachjustiert".
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