Wut auf Wölfe: Warum Weidetierhalter Mahnfeuer zünden wollen
FAQ
Protest gegen Wolfspolitik:Warum Weidetierhalter Mahnfeuer zünden wollen
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Der Wolf stört und die Politik macht zu wenig, sagen Weidetierhalter - und wollen heute Mahnfeuer in ganz Europa anzünden. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Wolfsdebatte.
Weidetierhalter und Anwohner fühlen sich von Wölfen bedroht.
Quelle: dpa
Der Konflikt um den streng geschützten Wolf schwelt seit langem. Weidetierhalter wollen nun Mahnfeuer in europäischen Ländern anzünden und gegen die Wolfspolitik protestieren.
Denn der Wolf stört: Weidetierhalter sind in Aufregung, weil immer mehr Tiere Schafe reißen, aber auch Rinder und Ponys. Bürger haben Angst, dass ein Wolf ihnen zu nahekommt. Manche berichteten, nächtliches Wolfsgeheul zu hören.
Die Politik auf Bundes-, Landes- und EU-Ebene lässt Bewegung erkennen, eine Einigung gibt es aber noch nicht.
Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Wolfsdebatte:
Wie reagiert die Politik auf die Sorgen der Tierhalter?
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte an, den strengen Schutzstatus, der eine Bejagung verbietet, zu überprüfen. Daten zu den Wolfsbeständen aus ganz Europa würden zunächst gesammelt werden. Zudem sollten Länder und Kommunen zudem Spielräume für einen Abschuss problematischer Wölfe nutzen, so von der Leyen.
Auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) will den Abschuss von Tieren erleichtern, die trotz Herdenschutzzäunen mehrmals Tiere reißen. Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) sagte, es müsse auch möglich sein, ganze Rudel zu "entnehmen" - also zu töten.
Einzelne Problemwölfe dürfen bereits abgeschossen werden. Aus Sicht von Bundesumweltministerin Steffi Lemke sind die Regelungen dafür aber zu kompliziert. Unter anderem gelten genetische Untersuchungen anhand von Riss- und Fraßspuren als Voraussetzung als schwer handhabbar und zeitaufwendig.
Bereits im Jahr 2019 hatte der Bundestag beschlossen, einen Abschuss von Wölfen meist nach mehrmaligen Übergriffen auf Nutztiere zu erleichtern - im Bundesnaturschutzgesetz wurde ein neuer Paragraf aufgenommen. Die Zahl getöteter Tiere mit Erlaubnis der Behörden blieb seitdem aber niedrig.
Quelle: dpa
Was fordern Landwirte und Jäger?
Eine wirkliche "Öffnung" in der Wolfspolitik sei aber nicht erkennbar, meint der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Bernhard Krüsken. Notwendig sei eine "echte Bestandsregulierung" beim Wolf, dessen Arterhalt nicht mehr gefährdet sei.
Jäger und Bauern fordern, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen - in den Wolfsländern Niedersachsen und Sachsen ist dies inzwischen der Fall. Der Bauernverband betonte, niemand wolle den Wolf wieder ausrotten, aber es brauche auch jährlich festzulegende Abschussquoten. In Schweden und Frankreich etwa ist die Jagd auf Wölfe erlaubt.
Deutschland ist bislang nach nationalem und europäischem Recht verpflichtet, den wildlebenden Wolf streng zu schützen. Denn es handelt sich nach Angaben des Bundesumweltministerium um eine natürlich in Deutschland vorkommende Tierart, die der Mensch jedoch in der Vergangenheit gejagt, vertrieben und ausgerottet hatte.
Vor Jahrzehnten wanderten Wölfe vor allem aus Polen wieder ein. Im Bundesnaturschutzgesetz heißt es unter anderem: "Es ist verboten, wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten (...)."
Quelle: dpa
Der Jagdverband hält wolfsfreie Zonen für sinnvoll - etwa an der Küstenschutzlinie mit Deichen oder im Alpenraum mit der Almwirtschaft. Das Entstehen von Wolfsrevieren mit Rudeln sollte konsequent verhindert werden.
Herdenschutzzäune sieht der Bauernverband nicht als Lösung. Der Vorsitzende des Fördervereins der Deutschen Schafhaltung, Wendelin Schmücker, meint:
Wolfsjagd in Deutschland: Wird Bayern zum Vorreiter?22.09.2023 | 2:14 min
Warum reißen Wölfe Weidetiere?
Auf dem Speiseplan der Wölfe stehen Rehe, Rothirsche und auch Wildschweine. Sie jagen aus Expertensicht aber einfach die Tiere, die sie am leichtesten überwältigen können.
Es komme vor, dass die Raubtiere auch mehr Weidetiere töten als sie fressen können. Weidetierhalter bekommen Entschädigung für gerissene Tiere sowie finanzielle Förderung für Herdenschutzhunde und Zäune.
Die Zahl der Rudel und besetzten Territorien nimmt zu. Brandenburg, Niedersachsen und Sachsen liegen bei den Wolfsvorkommen an der Spitze, mittlerweile wurde der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zufolge je ein Rudel aber auch in Bayern und Hessen nachgewiesen.
Offiziell wurden laut Bundesamt für Naturschutz für das Wolfsjahr 2021/2022 insgesamt 161 Wolfsrudel, 43 Paare und 21 Einzeltiere gemeldet. Weidetierhalter und andere Organisationen wie der Bauernverband gehen sogar davon aus, dass es etwa 1.200 bis mehr als 2.000 Tiere gibt.
Die Zahl der verletzten oder getöteten Nutztiere durch Wolfsübergriffe lag im Jahr 2014 noch unter 500, im vergangenen Jahr bei mehr als 4.000, zeigen Zahlen der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW).
Sind Wölfe für Spaziergänger gefährlich?
Es ist laut Umweltministerium nicht ungewöhnlich, dass Wölfe gelegentlich in Sichtweite von bewohnten Gebäuden und durch Dörfer streifen. "Die Erfahrung zeigt, dass ein solches Verhalten in der Regel keine Gefährdung des Menschen darstellt", heißt es.
Übergriffe auf Menschen gelten als sehr selten. Eine Ursache kann Tollwut sein, Deutschland gilt seit 2008 aber als frei von Tollwut.
Das Umweltministerium rät unter anderem, sich bei einer Begegnung ruhig zu verhalten und Abstand zu halten. Wenn er sich nicht zurückziehe, helfe lautes Sprechen und Klatschen, um sich bemerkbar zu machen.
Spaziergänger sollten ihre Hunde in Wolfsgebieten immer anleinen. Denn es könne vorkommen, dass sich Wölfe für Hunde interessieren, weil sie in ihnen Artgenossen sehen.
Wölfe schützen oder jagen?10.06.2023 | 4:39 min
Wie geht es im Konfliktfall Wolf weiter?
Landwirte und vor allem Schafhalter, die schnelle Änderungen fordern, warten auf konkrete Vorschläge von Bundesumweltministerin Lemke. Sie will sich kommende Woche dazu äußern.
Dann können die Vorhaben auch bei der Umweltministerkonferenz von Bund und Ländern Ende November diskutiert werden.