Haus nur durch Erbe? Die große Ungerechtigkeit beim Wohnen
Wohnungsmarkt und Wohlstand:Die große Ungerechtigkeit beim Wohnen
von Nils Metzger
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In vielen Regionen Deutschlands können sich selbst Durchschnittsverdiener kein Eigenheim mehr leisten. Wer nicht erbt, geht oft leer aus. Ostdeutsche sind besonders benachteiligt.
Bauen ist in Deutschland teuer, gleichzeitig fehlen Hunderttausende Wohnungen. Ein Treffen der Regierung mit Wirtschaft und Gewerkschaften soll Lösungen suchen.
Quelle: dpa/Carla Benkö
Wer in Deutschland seinen Traum von den eigenen vier Wänden umsetzen möchte, für den ist immer häufiger Erben die einzige realistische Option. Rund 430.000 Immobilien werden jährlich in Deutschland vererbt, etwa 85 Prozent davon Wohnhäuser und Eigentumswohnungen.
Dem Deutschen Institut für Altersvorsorge zufolge haben diese Immobilien einen jährlichen Gesamtwert von etwa 66,4 Milliarden Euro. Und dieser Wohlstand ist ungleich verteilt. In den westdeutschen Bundesländern werden jährlich etwa sieben Mal so viele Einfamilienhäuser vererbt wie in Ostdeutschland. Bei den Eigentumswohnungen ist es sogar das 18-fache. Selbst wenn man die Bevölkerungszahl in Ost und West einbezieht, sind die Unterschiede deutlich.
"Im Westen konnte man in den 1960er bis 1990er Jahren durch Erwerbstätigkeit Vermögen aufbauen. In Ostdeutschland eben nicht", sagt die Wohnsoziologin Christine Hannemann von der Universität Stuttgart im Gespräch mit ZDFheute. Auch Menschen mit Migrationshintergrund könnten häufig kein Vermögen über Generationen weitergeben.
Wohlstand erarbeiten wird immer schwieriger
Für den Stadtforscher Frank Eckardt von der Universität Weimar beschädigt diese ungleiche Vermögensverteilung sogar die Demokratie. "Wir beobachten, dass das Leistungsversprechen nicht eingehalten wird", sagt Eckardt ZDFheute. "Das Eigentum von Wohnbesitz ist der zentrale Schlüssel, wie sich Vermögensungleichheit über die Generationen fortsetzt."
Wer sich um eine gute Ausbildung bemüht und seine Familienplanung zurückstellt, stellt oft fest, dass man den Vorsprung, den andere durch Erben haben, nicht einholen kann. Das ist ein grundsätzlicher Vertrauensverlust in unsere Gesellschaft, den ich für demokratiegefährdend halte.
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Frank Eckardt, Universität Weimar
Auch Expertin Hannemann sieht eine grundlegende Ungerechtigkeit: "Die Leute, die mit dem silbernen Löffel geboren werden, haben einfach Glück. Die Geburt entscheidet, weil es nicht mehr möglich ist, mit einem normalen Doppelverdiener-Einkommen Wohneigentum zu erwerben." Sollten keine sozialstaatlichen Lösungen gefunden werden, fürchtet Hannemann sogar eine "Brasilianisierung" der Gesellschaft, also dass Arm und Reich mehr und mehr voneinander getrennt lebten.
Können aus Mietern Eigentümer werden?
Im europäischen Vergleich hat Deutschland eine sehr hohe Quote von Menschen, die zur Miete wohnen. 2018 waren 57,9 Prozent aller Haushalte Mieter. Wäre ein Ausweg aus der Wohnungskrise, diesen Anteil zu senken?
"Die Vorstellung, aus Mietern Eigentümer machen zu können, gibt es seit den 1980er Jahren, als die Regierung Kohl den sozialen Wohnungsbau für gescheitert erklärt hat", sagt Eckhardt. "Ich halte das für eine bis heute nicht bewiesene Annahme, dass das den Wohnungsmangel entkräften und zu einer Entlastung bei den Mieten führen könnte. Es gibt kein historisches Beispiel, wo das funktioniert hätte."
Eckardt verweist etwa auf Menschen in mobilen oder prekären Beschäftigungsverhältnissen und mit befristeten Arbeitsverträgen. "Sie sind davon systematisch ausgeschlossen. Sie können der Bank nicht deutlich machen, wie sie die nächsten 20, 30 Jahre einen Kredit abbezahlen können." Stattdessen fordere er eine Ausweitung des sozialen Wohnungsbaus.
Macht der Klimawandel ländliche Regionen attraktiver?
Der Effekt von Überalterung wird sich auf dem Wohnungsmarkt in den kommenden Jahrzehnten immer stärker bemerkbar machen. Zahlreiche Regionen werden schrumpfen, vielfach werden Einzelpersonen allein in großen Häusern leben, während zeitgleich Wohnraum für junge Familien fehlt. Leerstand besser zu erschließen, könnte eine Lösung sein, hofft Hannemann.
Wir müssen viel flexibler werden, was die Nutzung des vorhandenen Wohnraums betrifft. Es ist unglaublich, was an ungenutzter Wohnfläche im ländlichen Raum vorhanden ist.
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Christine Hannemann, Universität Stuttgart
Deutschland habe mit im Schnitt fast 50 Quadratmetern pro Person relativ viel Wohnfläche, so Hannemann – aber auch hier sehr ungleich verteilt. "Die Subventionierung fürs Eigenheim müsste eigentlich viel stärker auf Wohnungstausch ausgerichtet werden – angefangen bei der Grunderwerbssteuer und besserer Unterstützung durch die Kommunen."
"Ich finde es problematisch, dass Bauministerin Klara Geywitz nun wieder sagt, sie will Einfamilienhausbau für Familien fördern. Dieses Land ist zersiedelt genug und wir haben so ein Klimaproblem beim Wohnen, so viel energetisch nicht gut sanierte Wohnfläche." Steigende Temperaturen in den Großstädten würden auch mehr und mehr zum Gesundheitsrisiko, sagt Hannemann. "Die Hitze ist einfach nicht mehr zu ertragen. Die Leute, die es sich leisten können, werden in kühlere Gebiete ziehen. Auch das ist eine Vermögensfrage."
Mehr Unterstützung für Familien beim Eigenheim-Erwerb, höherer "Klima-Bonus" für Eigentümer: Die Ampel hat ein Maßnahmenpaket gegen die Wohnungsbaukrise beschlossen. Ein Überblick.
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