Kritiker nennen Trauermaßnahmen für Berlusconi "übertrieben"

    Staatsakt für Berlusconi:Kritiker nennen Trauermaßnahmen "übertrieben"

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    Mit einem Staatsbegräbnis in Mailand nimmt Italien Abschied vom früheren Regierungschef Berlusconi. Die Maßnahmen zu Ehren des umstrittenen Politikers stoßen auf massive Kritik.

    Domplatz Piazza del Duomo in Mailand, aufgenommen am 13.06.2023
    Auf dem Domplatz in Mailand werden Zehntausende Menschen erwartet.
    Quelle: dpa

    "Trauer, die spaltet", titelt die Zeitung "La Stampa" - in Italien wird die Kritik an den außergewöhnlichen Trauermaßnahmen nach dem Tod von Silvio Berlusconi lauter. Neben dem Staatsbegräbnis für den im Alter von 86 Jahren gestorbenen Politiker an diesem Mittwoch (15.00 Uhr) hat die Regierung für drei Tage ihre Arbeit weitgehend niedergelegt. Im Parlament wurden Sitzungen und Abstimmung gar für rund eine Woche abgesagt.

    Was für eine Übertreibung, völlig deplatziert.

    Emma Bonino, frühere Ministerin und EU-Kommissarin in der Zeitung "La Repubblica"

    Kritiker erinnerten daran, dass selbst nach den brutalen Bombenattentaten der Mafia 1992 gegen die Juristen Giovanni Falcone und Paolo Borsellino oder dem Mord an Ex-Ministerpräsident Aldo Moro durch Terroristen 1978 die Parlamente einberufen worden waren.

    Nationaler Trauertag für Berlusconi - ein Novum

    Dass Berlusconi als Ex-Ministerpräsident ein mit Steuergeld bezahltes Staatsbegräbnis bekommt, ist vom Gesetz so vorgesehen. Aber dass die Regierung den Mittwoch als nationalen Trauertag samt Halbmastbeflaggung an öffentlichen Gebäuden ausrief, ist ein Novum nach dem Tod eines früheren Ministerpräsidenten. Üblicherweise geschieht dies nach schweren Katastrophen mit vielen Opfern.
    Zum Tod von Silvio Berlusconi - ein ZDF spezial:
    Kritisch äußerte sich deshalb auch die langjährige Parteichefin der Sozialdemokraten, Rosy Bindi. In einem Fernsehinterview sagte sie:

    Staatstrauer für eine derart spaltende Person wie Silvio Berlusconi ist meiner Meinung nach unangemessen.

    Rosy Bindi

    2.000 Gäste zum Gottesdienst erwartet

    Etwa 2.000 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Sport und Gesellschaft werden im weltbekannten Dom von Mailand zum Gottesdienst für den verstorbenen Politiker und früheren Ministerpräsidenten erwartet. Darunter sind Staatspräsident Sergio Mattarella und die Regierungschefin Giorgia Meloni.
    Als weitere Trauergäste haben sich nach Medienberichten Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban, Emir Tamim bin Hamad Al Thani aus Katar und der irakische Präsident Abdul Latif Raschid angekündigt.
    Die EU-Kommission wird von Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni vertreten. CSU-Politiker Manfred Weber kommt als Chef der Europäischen Volkspartei (EVP), zu der auch Berlusconis Forza Italia gehört. Die meisten EU-Länder lassen sich von ihren Botschaftern in Italien vertreten, für Deutschland ist Viktor Elbling dabei.

    Zehntausende Menschen auf Domplatz erwartet

    Auf dem Domplatz vor der Kathedrale in Mailand werden etwa 20.000 Berlusconi-Anhänger und andere Trauergäste erwartet. Für sie wurden zwei Großbildleinwände aufgestellt.
    Berlusconi war der einflussreichste und prägendste Politiker der vergangenen Jahrzehnte in Italien. Er hatte bei seinem Polit-Debüt 1994 die im Faschismus verwurzelte Alleanza Nazionale sowie die Separatisten der damaligen Lega Nord in die Regierung geholt und politisch salonfähig gemacht.
    Quelle: dpa

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