Urteil in neuem Prozess:Weitere 19 Jahre Haft für Nawalny
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In einem weiteren Prozess gegen Kremlkritiker Nawalny wurde heute das Urteil verkündet: weitere 19 Jahren Haft. Außenministerin Baerbock spricht von "Willkürjustiz" in Russland.
Der inhaftierte Kremlkritiker Alexej Nawalny ist wegen Extremismusvorwürfen zu einer weiteren Haftstrafe von 19 Jahren verurteilt worden. Das Strafmaß wurde am Freitag nach einem Prozess verkündet, der unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden hatte.
Die Staatsanwaltschaft hatte 20 Jahre Straflager für Nawalny gefordert und ihn unter anderem bezichtigt, eine extremistische Organisation gegründet und finanziert zu haben. Er selbst weist die Vorwürfe zurück und auch westliche Beobachter halten sie für politisch motiviert. Der Kritiker von Präsident Wladimir Putin sitzt bereits Strafen von insgesamt elfeinhalb Jahren in einer Strafkolonie ab.
Nawalny ruft Russen zu Widerstand gegen Putin auf
Nawalny selbst hatte seine Landsleute nach seiner Verurteilung zum Widerstand gegen die Regierung von Wladimir Putin aufgerufen. In einer am Freitag von seinem Team auf seiner Facebook-Seite verbreiteten Botschaft erklärte Nawalny wörtlich:
"Sie zwingen Euch dazu, Euer Russland kampflos der Bande von Verrätern, Dieben und Schurken zu überlassen, die an die Macht gekommen sind." Putin dürfe sein Ziel nicht erreichen, schrieb Nawalny, und weiter: "Verliert nicht den Willen zum Widerstand." An seine Landsleute gerichtet, fuhr er fort:
Gespräche können überwacht, Oppositionelle inhaftiert und verfolgt werden. Kritik am russischen Regime ist gefährlich. Das ZDF hat mit Menschen in Russland gesprochen.28.06.2023 | 9:10 min
Was Russinnen und Russen über Putin denken:
Das neue Urteil gegen ihn diene der gesellschaftlichen Einschüchterung, hatte Nawalny bereits vorab geschrieben. Es solle die kritischen Teile der russischen Bevölkerung davon abhalten, sich öffentlich gegen Putin und Russlands Krieg in der Ukraine zu stellen.
Seine Unterstützer kritisieren zudem, dass der neue Prozess nicht vor Gericht, sondern direkt in Nawalnys Strafkolonie im 260 Kilometer von Moskau entfernten Melechowo abgehalten wird. Dort wird er ihren Berichten zufolge durch unmenschliche Haftbedingen und Dauerisolation gefoltert.
Baerbock sieht "Willkürjustiz" Putins
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) wirft Russland nach der erneuten Verurteilung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny "Willkürjustiz" vor. Die Freiheitsstrafe von weiteren 19 Jahren sei "blankes Unrecht", schrieb die Ministerin am Freitag im Online-Dienst X, der zuvor Twitter hieß.
Post von Annalena Baerbock
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Das US-Außenministerium in Washington sieht in dem Urteil den "ungerechten Abschluss eines ungerechten Prozesses". Die russische Regierung versuche, Nawalny zum Schweigen zu bringen und damit auch dessen Forderungen nach Transparenz und Rechenschaftspflicht des Kreml zu unterdrücken. Der 47-Jährige und andere politische Gefangene müssten umgehend aus der Haft entlassen werden.
Nawalny: Putin steckt hinter Mordanschlag
Menschenrechtler weisen immer wieder auf die angeschlagene Gesundheit Nawalnys hin, der im Sommer 2020 nur knapp einen Nervengiftanschlag überlebte. Nawalny wirft dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB und Präsident Wladimir Putin vor, hinter dem Mordanschlag vor drei Jahren zu stecken. Der Kreml dementiert das.
Russland führt seit mittlerweile mehr als 17 Monaten einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. In diesem Zeitraum hat die russische Führung auch im eigenen Land Repressionen gegen Kritiker massiv verstärkt.
Neben Nawalny sind in russischen Straflagern noch zahlreiche weitere Oppositionelle inhaftiert, die international als politische Gefangene eingestuft werden. Erst vor wenigen Tagen etwa wurde das harte Urteil gegen Wladimir Kara-Mursa bestätigt. 25 Jahre Straflagerhaft ist die bisher höchste Haftstrafe gegen einen Regierungskritiker in Russland.
Quelle: dpa, AP, Reuters
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