Pflegerat: Gesetz ist keine Reform, sondern Notwendigkeit

    Interview

    Pflegeratspräsidentin zu Gesetz:Vogler: "Keine Reform, sondern Notwendigkeit"

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    Im ZDF-Interview wundert sich Pflegeratspräsidentin Christine Vogler, wieso die Pflegereform von der Politik so gefeiert wird. Einige wichtige Fragen fehlen, kritisiert sie.

    Höhere Versicherungsbeiträge für den Großteil der Menschen, im Gegenzug sollen Pflegende mehr finanzielle Unterstützung vom Staat bekommen. So lautet die Kurzfassung der neuen Pflegereform, die am Freitag vom Bundestag per Abstimmung beschlossen wurde. Doch wie effektiv sind die dringend benötigten Veränderungen im Alltag der Pflegenden und Angehörigen, die das Gesetz bringen soll?
    Im heute journal zeigt Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats, nur sehr zurückhaltend Freude über die Reform der Ampel-Regierung. Sie kritisiert etwa, dass bestimmte Kernfragen in dem neuen Gesetz überhaupt nicht berücksichtigt wurden.
    Sehen Sie das ganze Interview oben im Video und lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt Christine Vogler zu ...

    ... den Folgen für den Alltag in der Pflegearbeit

    Vogler ist mehr als skeptisch, dass sich die Reform stark auf die aktuellen Bedingungen in der Pflegearbeit auswirken wird. Für sie ist der heutige Beschluss kein Grund zum Feiern:

    Diese Entlastung, von der wir hier sprechen in dem Gesetz, ist am Ende wirklich keine Entlastung, die bei den pflegenden Angehörigen und auch nicht in der Profession Pflege ankommt.

    Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats

    Die beschlossene Erhöhung komme zu spät und sei nicht hoch genug. Beispielsweise im höchsten Pflegegrad 5 bedeute sie 40 Euro mehr im Monat. Die Betroffenen warteten aber bereits seit sieben Jahren auf eine Erhöhung. Angesichts dessen sei die jetzige Aufstockung "viel zu wenig", sagt Vogler.

    ... den fehlenden Punkten im neuen Gesetz

    Der ohnehin schon eingeschränkte Zugang zu Tagespflege und Pflegediensten werde sich auch mit der Reform nicht verbessern. "Hier gibt es keinerlei Veränderung, im Gegenteil." Der Mangel an Pflegefachpersonal in Deutschland werde nicht weniger, die Belastung hingegen größer.

    Momentan erleben wir die Situation, dass in den stationären Bereichen und auch in der ambulanten Versorgung immer mehr Kapazitäten geschlossen werden, weil keine Pflegefachpersonen da sind.

    Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats

    Zudem hätte sich Vogler eine jährliche Anpassung der Unterstützung für Pflegebedürftige und Angehörige an Inflations- und Teuerungsraten gewünscht.

    ... zu positiven Ansätzen in der Reform

    "Ich erlebe in der Politik wirklich ein großes Wollen", sagt Vogler. Die Zusammenführung der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege etwa erhöhe die Flexibilität. "Das ist ein Vorteil, ja - das ist auch schon lange gewünscht und gut, dass es kommt."

    Es ist keine Reform, eigentlich ist es eine Notwendigkeit.

    Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats

    Schließlich gehe es in der Pflege aber auch um die Prioritäten in der Geldverteilung der Bundesregierung. Mehr Geld könne jedoch nur aus der Gesellschaft kommen.

    Wir müssen in Deutschland über die Prioritäten der Geldverteilung nachdenken.

    Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats

    Wenn die Menschen wüssten, dass ihre Beiträge auch wirklich für die sozialen Belange eingesetzt werden - und nicht zum Beispiel durch Rendite-Unternehmen oder durch intransparente Kostensituationan abfließen aus dem System - seien die Menschen auch bereit, mehr Geld für Pflege und Soziales zu geben, sagt Vogler.

    Deshalb brauchen wir hier unbedingt eine Diskussion mit der Bevökerung.

    Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats

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