Putsch im Niger: In diesen Sahel-Ländern regiert das Militär
Putsch im Niger:In diesen Sahel-Ländern regiert das Militär
|
Der Niger galt vor dem Putsch dort als eine der letzten Demokratien in der Sahelzone. Auch in anderen Ländern ist die Situation instabil. Ein Überblick.
Vor dem brennenden Hauptquartier der Regierungspartei im Niger demonstrieren Anhänger der Soldaten.
Quelle: dpa
Mali, Guinea, Burkina Faso, Tschad - die Liste der Putsche und Putschversuche in der Sahel-Region wird seit rund vier Jahren immer länger. Nun fiel auch im Niger eine demokratische Regierung einer Meuterei durch das Militär zum Opfer. Geraten Demokratie und Stabilität der gesamten Region ins Wanken?
Guinea
In dem westafrikanischen Land mit rund 13 Millionen Einwohnern hatte im September 2021 eine Militärjunta die Kontrolle übernommen und den damaligen Präsidenten Alpha Condé festgesetzt. Condé war nach mehreren Dekaden autokratischer Führung Guineas der erste demokratisch gewählte Staatschef des Landes.
Seither wird Guinea von einer militärischen Übergangsregierung geführt. Diese versprach freie Wahlen und die Rückkehr einer Zivilregierung. Interimspräsident Mamady Doumbouya setzte zunächst den Diplomaten Mohamed Béavogui als Regierungschef ein, der überwiegende Teil der Regierung blieb in militärischer Hand.
Unklar ist, wann und ob das Militär tatsächlich seine Macht abgibt.
Mali
Mali mit seinen rund 21 Millionen Einwohnern hat seit 2012 drei Militärputsche erlebt. Seit dem jüngsten Putsch im Mai 2021 wird das Land von einer militärischen Übergangsregierung geführt, die mit dem Versprechen antrat, das massive Terrorproblem in dem Wüstenstaat zu beheben. Dabei soll nicht mehr der Westen helfen, sondern Russland.
Statt den Truppen der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich ist die russische Söldnertruppe Wagner willkommen. Auf Wunsch der Militärregierung endet zudem die UN-Friedensmission in dem Land mit etwa 12.000 Blauhelmen, an der auch die Bundeswehr beteiligt ist, Ende 2023 vorzeitig. Im Norden und Zentrum Malis sind seit mehr als einem Jahrzehnt islamistische Terrorgruppen aktiv.
Burkina Faso
Seit einem Putsch im September 2022 regiert eine Militärregierung unter Übergangspräsident Ibrahima Traoré den instabilen Staat. Der Staatsstreich kam nur acht Monate nach einem Putsch, bei dem der bisherige Militärmachthaber Oberstleutnant Paul-Henri Sandaogo Damiba den gewählten Präsidenten Roch Marc Kaboré abgelöst hatte.
Die Bevölkerung war wegen des zunehmenden Dschihadismus' und Armut immer unzufriedener mit der Regierung von Kaboré geworden. Ähnlich wie im Nachbarland Mali scheint die Regierung um Traoré eine engere Anbindung an Russland zu suchen. Auch Burkina Faso forderte den Abzug der Streitkräfte Frankreichs. Er erfolgte im Februar.
Tschad
Im April 2021 starb im zentralafrikanischen Tschad Staatschef Idriss Déby Itno nach offiziellen Angaben bei militärischen Zusammenstößen mit Rebellen an der Front. Doch viele Experten vermuten, dass ein Staatsstreich dahinter steckte. Seitdem führen Débys Sohn Mahamat und ein nationaler Übergangsrat das Land.
Nicht nur in der Ukraine sind russische Söldner aktiv. Gerade in Afrika will der Kreml so an Einfluss gewinnen. 03.05.2023 | 26:49 min
Der Rat soll wie ein nicht gewähltes Parlament das Land zurück zu einer demokratischen Regierung führen. Die militärische Übergangsregierung sollte nur 18 Monate an der Macht bleiben und im Anschluss demokratische Wahlen organisieren.
Im Oktober 2022 ließ sich Mahamat Idriss Déby Itno jedoch für zwei Jahre als Übergangspräsident vereidigen und verlängerte so die Übergangsphase um 24 Monate. Menschenrechtler warfen ihm vor, die Opposition zu unterdrücken.
Sudan
Seit April kommt es in dem nordostafrikanischen Land zu einem blutigen Machtkampf zwischen der Armee unter De-Facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan sowie der RSF-Miliz des Ex-Vizepräsidenten Mohammed Hamdan Daglo. Die zwei mächtigsten Generäle des Landes hatten noch vor vier Jahren Sudans Langzeitdiktator Omar al-Baschir mit einem Putsch gestürzt.
Zuvor hatte es im Sudan weitreichende demokratische Proteste gegeben. Dem Wunsch nach einer Demokratisierung des Landes kamen die Generäle jedoch nur widerwillig nach. Eine zwischenzeitlich eingesetzte Zivilregierung wurde 2021 erneut von beiden kurzzeitig gestürzt.
Quelle: ZDF
Niger liegt im Herzen der Sahelzone in Westafrika und besteht zu zwei Dritteln aus Wüste. Das Land kämpft mit dschihadistischer Gewalt, die zur Flucht von Hunderttausenden führte. Der Niger ist einer der letzten Verbündeten des Westens in der Sahelregion. Die Nachbarn Mali und Burkina Faso haben sich anderen Partnern zugewandt, darunter Russland.
Der westafrikanische Binnenstaat Niger hat seit seiner Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1960 bereits vier Putsche und zahllose Versuche der Machtübernahme erlebt. Der letzte Versuch einer Absetzung Bazoums war nach Angaben eines nigrischen Beamten im März, als sich der Präsident in der Türkei befand. Die Behörden äußerten sich dazu nie öffentlich. Bazoum war vor zwei Jahren beim ersten friedlichen Machtwechsel des Landes seit der Unabhängigkeit ins Amt gewählt worden.
Grund für den Putsch ist laut den Drahtziehern die verschlechterte Sicherheitslage in dem von Terror gebeutelten Land sowie die anhaltend schwache wirtschaftliche Entwicklung. Noch 2021 war ein Putsch wenige Tage vor Amtseinführung von Präsident Bazoum gescheitert.
Das Militär im Niger verkündet, die Macht übernommen zu haben. Das Land ist der letzte verbliebene westliche Bündnispartner in der Region. Der Putsch trifft auch deutsche Soldaten.