Nach dem Putsch im Niger: General ernennt sich zum Präsident
Nach Militärputsch:General ernennt sich zu Präsident im Niger
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Nach dem Putsch im Niger hat sich der Chef der Präsidentengarde zum neuen Anführer ernannt. Der demokratisch gewählte Präsident wird weiterhin von den Putschisten festgehalten.
Seit 2011 an der Spitze der Präsidentengarde, nun an der Spitze des Landes: General Abdourahamane Tchiani
Quelle: AFP
Der Chef der Präsidentengarde im Niger, General Omar Tchiani, hat sich selbst zum Präsidenten des Nationalen Rats und damit zum neuen Machthaber des Landes ernannt. Tchiani äußerte sich am Freitag im nationalen Fernsehen - zwei Tage, nachdem Offiziere der Präsidentengarde, einer Eliteeinheit des Militärs, den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum in seinem Palast festgesetzt und für entmachtet erklärt hatten.
Tchiani, der sich selbst Omar nennt, sagte am Freitag in einer TV-Ansprache, das Land müsse seinen Kurs ändern, um einen allmählichen und unvermeidlichen Untergang zu verhindern. Deshalb hätten er und andere beschlossen zu intervenieren.
Rückhalt des De-facto-Präsidenten unklar
Der General wurde 2011 an die Spitze der Präsidentengarde befördert. Ob er den Rückhalt der gesamten Armee hat, war zunächst unklar. Die Streitkräfte des westafrikanischen Landes hatten sich am Donnerstag der Forderung der rebellierenden Militärs nach einem Ende der Amtszeit von Bazoum angeschlossen.
In dem westafrikanischen Land hat die Armee übernommen - mit Folgen für Deutschland:
Internationale Sorge nach dem Putsch
Der Militärputsch wird international mit Sorge betrachtet. Die europäischen Bemühungen um eine Stabilisierung der Sahelzone erlitten dadurch einen schweren Rückschlag. Nach Militärputschen in Mali und Burkina Faso seit 2020 war der Niger das letzte der drei Nachbarländer in der Sahelzone, das von einer demokratisch gewählten Regierung geführt wurde.
Das Land ist mit seinen rund 26 Millionen Einwohnern ist eines der ärmsten der Welt. Auf dem Index der menschlichen Entwicklung der Vereinten Nationen belegte das Land in der Sahelzone zuletzt Platz 189 von 191. Mehr als 40 Prozent der Menschen leben in extremer Armut.
Quelle: ZDF
Niger liegt im Herzen der Sahelzone in Westafrika und besteht zu zwei Dritteln aus Wüste. Das Land kämpft mit dschihadistischer Gewalt, die zur Flucht von Hunderttausenden führte. Der Niger ist einer der letzten Verbündeten des Westens in der Sahelregion. Die Nachbarn Mali und Burkina Faso haben sich anderen Partnern zugewandt, darunter Russland.
Der westafrikanische Binnenstaat Niger hat seit seiner Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1960 bereits vier Putsche und zahllose Versuche der Machtübernahme erlebt. Der letzte Versuch einer Absetzung Bazoums war nach Angaben eines nigrischen Beamten im März, als sich der Präsident in der Türkei befand. Die Behörden äußerten sich dazu nie öffentlich. Bazoum war vor zwei Jahren beim ersten friedlichen Machtwechsel des Landes seit der Unabhängigkeit ins Amt gewählt worden.
Quelle: AFP
Bundeswehr mit Stützpunkt in nigrischer Hauptstadt
Die Bundeswehr unterhält in Niamey einen Lufttransportstützpunkt für das militärische Engagement in Westafrika, auf dem rund 100 deutsche Soldaten arbeiten. Kampfschwimmer der Deutschen Marine waren in den vergangenen Jahren an der Ausbildung nigrischer Spezialkräfte im Grenzgebiet zu Mali beteiligt. Das Programm galt als Vorzeigeobjekt.
"Es gab Warnschüsse der Präsidentengarde, die den Palast abgeriegelt hat" gegen pro-demokratische Demonstranten, so Walpot.27.07.2023 | 3:46 min
Einschätzungen vom ZDF-Korrespondenten Luc Walpot zur Lage im Niger:
Erst Ende 2022 hatte die EU eine Militärmission im Niger beschlossen, um den Terrorismus in der Region zu bekämpfen. Die Bundeswehr stellt für diese auf drei Jahre angelegte EU-Mission bisher nur einige wenige Soldaten, die in der Hauptstadt Niamey sind.
Für die EU ist die Lage im Niger auch bedeutend, weil es eines der wichtigsten Transitländer für afrikanische Migranten ist, die die Küsten des Mittelmeeres erreichen und von dort aus nach Europa übersetzen wollen. Deshalb hatten die EU und Niger bereits im vergangenen Sommer vereinbart, beim Thema Menschenschmuggel enger zusammenzuarbeiten.