"Lanz": Lauterbach will Pranger für schlechte Kliniken
Debatte bei "Markus Lanz":Lauterbach: Pranger für schlechte Kliniken
von Pierre Winkler
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Gesundheitsminister Karl Lauterbach erklärt Details der Krankenhausreform. Er will Tempo machen und schlechte Kliniken bestrafen - mit öffentlichten Bewertungen und finanziell.
Zur Krankenhausreform, zur Entwicklung der Krankenkassenbeiträge, über Gründe von Lieferengpässen u. steigenden Preisen bei Arzneimitteln sowie zu den Ursachen weltweit zunehmender Vegetationsbrände
22.06.2023 | 76:29 min
Ohne seine Reform, sagt Karl Lauterbach (SPD), "würde sicherlich ein unkontrolliertes Krankenhaussterben losgehen. Ich sage mal, 20 bis 25 Prozent würden in den nächsten Jahren verschwinden, wahrscheinlich aber mehr."
Darum erklärte der Bundesgesundheitsminister am Donnerstagabend bei "Markus Lanz" ein entscheidendes Element seines Plans: "Wir werden also die Krankenhäuser bewerten: Wie gut ist die Qualität für welchen Eingriff?", sagte der SPD-Politiker.
Lauterbach kündigt Bewertungen für Kliniken an
Diese Bewertungen sollen online für jeden abrufbar sein, für alle 1.719 Krankenhäuser, die es momentan in Deutschland gibt. "Dann sehen Sie: Ist es da grün, dann ist die Qualität stimmig. Ist es rot, gibt es ein Qualitätsproblem", sagte Lauterbach. "Die Fachgesellschaften, die Wissenschaftler, die uns beraten, die werden das auswerten, das machen wir mit den Wissenschaftlern zusammen."
Mehr Medizin statt Ökonomie in den Kliniken will Gesundheitsminister Lauterbach mit der Krankenhausreform bewirken. Doch Experten sorgen sich um die langfristige Finanzierung der Krankenhäuser.01.06.2023 | 1:47 min
Die Konsequenz: "Nach einer Übergangsphase bezahlen wir nicht mehr, wo die Qualität schlecht ist." Wenn der Bund Kliniken nicht mehr wie bis jetzt üblich durch die Fallpauschale für Behandlungen bezahle, bei denen die Kliniken nicht gut seien, "dann gehen diese Patienten für diese Eingriffe in Kliniken, wo das gut ist", prophezeite Lauterbach.
Lauterbach: Einige Krankenhäuser werden verschwinden
Für schlechte Kliniken könne dieses System das Aus bedeuten: "Wenn ich jetzt in vielen Bereichen Probleme habe, dann wird das Haus sich nicht halten können." Lauterbach sei es aber "noch nicht mal so wichtig, ob da meinetwegen hundert Krankenhäuser mehr oder weniger verschwinden, wenn wir noch genug Krankenhäuser haben. Aber mir geht es in allererster Linie bei dieser Reform um die Qualität."
"Wir müssen aus dem ökonomischen Druck heraus", so Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, SPD. Mit der Reform würde Deutschland "Kliniken verlieren, aber ohne die Reform verlieren wir viel mehr".01.06.2023 | 5:44 min
Vor allem beim online einsehbaren Bewertungssystem hätten die Länder aber noch Einwände, so Lauterbach.
Es gebe die Befürchtung, dass dann speziell kleinere Kliniken vor dem Aus stünden.
Einigung mit Ländern bei Krankenhausreform
"Da wurde argumentiert, die füllen sich dann nicht mehr", sagte Lauterbach. "Aber das ist ja, was ich will. Also bin ich mit den Ländern schon klar. Ich brauche die Zustimmung der Länder für diese Öffentlichmachung der Daten der Qualität gar nicht."
Nach teils heftigem Widerstand hatten sich Lauterbach und die Gesundheitsminister der Länder vor knapp drei Wochen bei Beratungen in Berlin angenähert. Bei der Frage der Krankenhausplanung war Lauterbach den Ländervertretern entgegengekommen. Heißt: Wo es weiterhin Kliniken geben soll und wo nicht, entscheiden die Bundesländer. Der Bund dagegen habe "den Hut auf in der Frage: Wie werden die Betriebskosten von Krankenhäusern finanziert", sagte Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann.
Lauterbach: Elektronische Patientenakte kommt 2024
Außerdem stimmte Lauterbach zu, den Gesetzentwurf mit den Ländern zusammen auszuarbeiten. "Wir werden am nächsten Donnerstag wahrscheinlich Eckpunkte beschließen und das Gesetz über den Sommer schreiben, unser Haus. Drei Länder werden beteiligt sein, wahrscheinlich Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Hamburg, sodass wir da ausgewogen sind, was die Parteien angeht", sagte Lauterbach.
Er gehe davon aus, "dass die Reform zum 1. Januar 2024 steht". Und auch bei einem weiteren Punkt drückt Lauterbach aufs Tempo: Die elektronische Patientenakte werde er "im nächsten Jahr ausrollen und dafür sorgen, "dass im Jahr 2025 80 Prozent der Deutschen die elektronische Patientenakte haben", sagte er. "Das sind dann 60 Millionen Menschen, das sind 20.000 Apotheken, das sind 150.000 Praxen und das sind etwa 1.800 oder 1.700 Krankenhäuser. Alle werden vernetzt sein."