Baustelle Ostdeutschland: Was Länderchefs vom Bund erwarten
Baustelle Ostdeutschland:Was die Länderchefs vom Bund erwarten
von Stefan Kelch
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Fachkräftemangel, Überbürokratisierung, Folgen der Krankenhausreform - die Liste der Ost-Länderchefs für ihr Gespräch mit Kanzler Scholz ist lang, der Redebedarf groß.
Der Umbau hat 2016 begonnen. Er ist erfolgreich, aber er wird nicht vor 2025 beendet sein. So lange braucht es, um aus drei sächsischen Krankenhäusern, die alle Sparten der Hochleistungsmedizin anbieten, zwei spezialisierte Kliniken zu machen. Das erzählt Geschäftsführer Florian Claus des Krankenhauses Mittweida im Gespräch mit ZDFheute .
Wer heute nach Mittweida schaut, wirft einen Blick in eine Zukunft vieler kleineren deutscher Krankenhäuser, denen der Wandel noch bevor steht.
Krankenhausreform eine Gefahr für regionale Versorgungskonzepte?
Diese Wandlung hin zu einer vernünftigen Aufgabenteilung der Kliniken sei ein schmerzvoller und konfliktreicher Weg, so Claus. Die Angestellten müssen mitgenommen werden, die Bevölkerung auch. In Mittweida hat man das geschafft.
Mehr Medizin statt Ökonomie in den Kliniken will Gesundheitsminister Lauterbach mit der Krankenhausreform bewirken. Experten sorgen sich um die langfristige Finanzierung der Krankenhäuser.01.06.2023 | 1:47 min
Doch jetzt hat Claus Angst, dass auf der Zielgerade noch einmal einer Knüppel werfen könnte - der deutsche Gesundheitsminister. Der will mit seiner Krankenhausreform, so die Befürchtung von Claus, eine Schablone über die Krankenhauslandschaft werfen.
Mangel an Mittelstand und Großunternehmen in Ostdeutschland
Am Donnerstag treffen sich die Ost-Ministerpräsidenten mit dem Bundeskanzler. Die medizinische Versorgung der Bevölkerung wird eines der Hauptthemen sein, aber auch die Förderung wachsender Unternehmen, die Bewältigung der Energiekrise, Fachkräftesicherung.
Noch immer beklagen die Politiker in Ostdeutschland Investitionshemmnisse. Der hiesigen Unternehmenslandschaft wird zwar eine agile, mittelständige Unternehmensstruktur bescheinigt - doch es mangelt weiter an Großunternehmen, an Konzernzentralen, an "Hidden Champions" - also mittelständigen Weltmarktführern.
Bürokratische Auflagen verhindern wirtschaftliche Entwicklung
Die Unternehmen ersticken an stetig wachsenden bürokratischen Auflagen, die sich Bund und EU ausdenken - das Lieferkettengesetz etwa oder die Zeiterfassung. Darüber werden die Ministerpräsidenten mit dem Kanzler sprechen.
Antrags- und Genehmigungsverfahren müssen entschlackt werden, Förderprogramme gebündelt, dynamisiert und vernetzt. Und Fachkräften muss der Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert werden.
FEP Fahrzeugelektrik aus Pirna, ein Zulieferer der Automobilindustrie, hat schon mal einen Alleingang gewagt. Gegen die Widerstände des Systems hat die Firma 25 Asylbewerber aus Venezuela eingestellt. Die brauchte sie dringend für die Akkordarbeit.
Die Venezolaner waren ein Glücksgriff, die Werksleitung ist voll des Lobes. Unter ihnen sind neben einfachen Arbeitern auch Elektronikspezialisten, Polizisten und Rechtsanwälte. Zwischen 19 und 62 Jahren alt sind die Venezolaner, die nicht nur ihre deutschen Kollegen entlasten, sondern nebenbei mit ihrem südamerikanischen Temperament auch das Betriebsklima verbessert hätten.
Kostenneutrale Krankenhausreform ist "Augenauswischerei"
Zurück nach Mittweida und der Krankenhausreform und einem Thema, das heute in Chemnitz eine große Rolle spielen dürfte: Geld.
Lauterbachs Verlautbarung, dass die Strukturreform der Krankenhäuser ohne zusätzliche Mittel zu bewerkstelligen sei, wäre Augenauswischerei, sagt der Geschäftsführer der Klinik Mittweida. "Das kostet alles sehr viel Geld!"
Stefan Kelch ist Reporter im ZDF-Landesstudio Sachsen.