Lauterbachs Krankenhausreform: Weniger Tote möglich

    Studie zu Klinik-Reformplänen:Wie weniger Patienten sterben könnten

    von Kristina Hofmann und Britta Spiekermann
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    Weniger Tote, weniger Operationen: Spezialisieren sich Kliniken, hat das Vorteile. Zu diesem Schluss kommt eine Studie - und liefert Argumente für Minister Lauterbachs Reform.

    Pflegerin im Gang
    Laut einer Studie einer Regierungskommission hätte Lauterbachs Krankenhausreform Vorteile für Patientinnen und Patienten.
    Quelle: dpa

    Was würde passieren, wenn die geplante Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) konsequent durchgezogen wird? Eine Regierungskommission hat das nun für drei Krankheitsfelder untersucht. Für die Versorgung von Krebs, Schlaganfall und Gelenksersatz.
    Ihr Ergebnis: Würden die Patientinnen und Patienten in auf diese Krankheiten spezialisierten Häusern behandelt, hätte das für sie erhebliche Vorteile.
    Und: Weil es so viele Krankenhäuser gibt, wären die Zentren trotzdem noch gut erreichbar. Jedenfalls gebe es "keine wesentlichen Einschränkungen" bei der Erreichbarkeit, heißt es in der Studie zur geplanten Klinikreform, die an diesem Donnerstag vorgestellt wurde.

    Krebs: 20.000 zusätzliche Lebensjahre

    Beispiel Krebs: Derzeit, so heißt es in der Studie, werden zwischen 35 und 84 Prozent aller Patientinnen und Patienten in speziellen Krebszentren behandelt. Bei Brustkrebs zum Beispiel erhöht sich die Überlebenschance um 23 Prozent. Die Studie hat dies nun auf Lebensjahre runtergerechnet und kommt zu dem Schluss: Würden sich bei den elf untersuchten Krebserkrankungen alle Betroffenen in den speziellen Zentren behandeln lassen, würden Erkrankte Lebensjahre hinzugewinnen, beispielsweise bei...
    • Gebärmutterhalskrebs 665 Lebensjahre,
    • Darmkrebs 4.873 Lebensjahre.
    Auf alle untersuchten Krebserkrankungen gerechnet könnten es 20.000 Lebensjahre sein.
    Die Erreichbarkeit zertifizierter Krebszentren läge nach der Reform den Berechnungen der Forscher zufolge für Darm-, Brust- und Prostatakrebs bei bis zu 20 Minuten. Bei Hirntumoren bei etwas mehr als 30 Minuten.
    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, SPD
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    Schlaganfall: 4.969 mehr Gerettete

    Beispiel Schlaganfall: Entscheidend bei einem Schlaganfall ist es, möglichst schnell in ein Krankenhaus eingeliefert zu werden, das ein Schlaganfallzentrum, eine sogenannte Stroke Unit, hat. Derzeit weiß man, dass 30,4 Prozent der Menschen nach einem Hirninfarkt im Krankenhaus versterben. Werden sie in ein Krankenhaus mit Stroke Unit eingeliefert, sinkt die Sterblichkeit auf 23,9 Prozent. Würden alle in solche speziellen Krankenhäuser eingeliefert, könnten, so die Berechnungen der Forscher, 4.969 Menschen zusätzlich gerettet werden.
    Derzeit haben laut der Studie 328 Krankenhäuser ein Schlaganfallzentrum. 1.049 Häuser behandeln Schlaganfälle ohne spezielle Stroke Unit. Alle Häuser seien derzeit innerhalb von 21,6 Minuten erreichbar. Würde sich die Behandlung auf die 328 Häuser mit Stroke Unit konzentrieren, würde sich die Behandlung den Angaben zufolge nur um knapp zwei Minuten verzögern.
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    Gelenkersatz: Weniger zusätzliche Eingriffe

    Beispiel Gelenkersatz: Seit langem weiß man, dass bei Knie- und Hüftersatz gilt: Je öfter ein Krankenhaus solche Operationen macht, desto erfolgreicher sind sie. Würden alle Operationen in Kliniken gemacht, die mindestens 150 Hüft- und 100 Knie-Operationen durchführen, könnten zusätzliche Eingriffe nach Komplikationen vermieden werden.
    Das wären nach Angaben der Forscher pro Jahr 397 zusätzliche Eingriffe bei Hüften und 212 bei Knien weniger. Würde die Grenze auf 200 Hüft- und 150 Knie-Operationen festgesetzt, würde die Zahl der vermeidbaren Eingriffe auf 447 (Hüfte) und 269 (Knie) steigen.
    Die Fahrzeit zu einem Krankenhaus mit einem solchen Schwerpunkt würde sich, so heißt es in der Studie, "bei einer derartigen Konzentration so gut nicht wie nicht verändern".

    Kommission: Schlecht, wenn jeder alles macht

    Die Regierungskommission ist vom Bundesgesundheitsministerium eingesetzt. Zu ihr gehören Experten aus privaten und öffentlichen Krankenhäusern, aus Verbänden und Universitäten.
    In früheren Studien kommen sie zu dem Schluss: Wenn alle Krankenhäuser alles machen, ergeben sich "Qualitätsdefizite, eine erhöhte Morbidität und Mortalität, aber auch vergleichsweise hohe Kosten und weniger effizienter Personaleinsatz".
    Wird die Behandlung der Patientinnen und Patienten dagegen auf Häuser mit Schwerpunkten konzentriert, erhöht sich die Qualität und Daseinsvorsorge.
    Minister Lauterbach hat seit längerem eine grundsätzliche Reform der Krankenhauslandschaft angekündigt. Dabei sollen nicht mehr alle Häuser alles machen, sondern in drei Behandlungsgruppen eingeteilt werden. Sie reichen von wohnortnaher Versorgung des Armbruchs beispielsweise bis hin zur Spezialisierung von Schwerstkranken. Geplant ist auch, die Finanzierung zu ändern. Widerstand gegen die Reform kommt derzeit aus den Ländern. Alle sind sich einig: Die Zahl der deutschlandweit rund 1.900 Krankenhäuser mit etwa 483.000 Betten würde sinken.
    Das befürchten Kritiker ohnehin, selbst wenn die Reform noch nicht in Kraft ist. Wegen steigender Preise rechnet die Deutsche Krankenhausgesellschaft mit einem Defizit von zehn Milliarden Euro bis Jahresende. Sie fordern deswegen mehr Geld vom Bund. Andernfalls könnten 20 bis 30 Prozent der Häuser pleite gehen – noch bevor die Reform greift.

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