Einigung im Heizungsstreit: Gute Miene zum seltsamen Spiel
Einigung in der Ampel:Heizstreit: Gute Miene zum seltsamen Spiel
von Kristina Hofmann
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Ohne quälend lange Diskussion scheint es in der Ampel-Koalition nicht zu gehen. Und ohne Einschalten des Kanzlers auch nicht. Der Heizungsstreit ist gelöst. Vorerst.
Körpersprache sagt oft mehr als viele Worte. Als am frühen Abend die Fraktionschefs der Ampel-Bundesregierung die Einigung im Heizungsstreit im Reichstag verkünden, wirkt die Aufstellung hinter den Mikrofonen wenig rund. FDP-Fraktionschef Christian Dürr steht links mit Abstand zu seinen Kollegen Rolf Mützenich (SPD) und Katharina Dröge (Grüne). Dröge rückt nah an Mützenich, lächelt die ganze Zeit bemüht. Als brauche es eine freundliche Miene zum seltsamen Spiel.
Habeck droht mit Koalitionsbruch
Seit gut drei Wochen hatten die Ampel-Koalitionäre über das neue Heizungsgesetz gestritten, das eigentlich im Kabinett schon beschlossen war. Weil es der FDP doch nicht mehr so recht passte und deswegen die Einbringung des Gesetzes in den Bundestag blockierte. "Wortbruch" hatte Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) der FDP vorgeworfen.
Noch an diesem Dienstag legte er am Vormittag einen drauf: Es gehe um mehr als "dieses Wärmegesetz". Und: "Die Regierung sollte jetzt schon ihre Regierungsfähigkeit unter Beweis stellen." Und noch einen: "Alle anderen Dinge, die man vereinbart hat, hängen da ja auch dran."
Was genau er meinte, sagte er nicht. Aber einen Haushalt zum Beispiel hat diese Regierung immer noch nicht. Am frühen Nachmittag waren schließlich Kanzler Olaf Scholz mit FDP-Chef Christian Lindner und Habeck zusammengekommen. Mit den Fraktionsspitzen. Von einem Machtwort des Kanzlers wollte Mützenich aber nicht reden: "Der Eindruck ist falsch." Die Fraktionen hätten die Regierung eingeladen, sie seien ins Parlament gekommen, nicht umgekehrt. Und:
Auch FDP-Chef Dürr sprach von "Teamplay". Alles ganz normal, dass man miteinander spricht. Wie er dann vor den Mikrofonen redet, scheint es so normal dann doch alles nicht zu sein. Es habe eine "fundamentale Änderung des Gesetzes" gegeben, betont er mehrfach. Nun gebe es "einen großen Schritt nach vorn". Es gebe nun eine Technologieoffenheit, eine Koppelung an die kommunale Wärmewende. Eigentlich könnte die FDP also zufrieden sein. Die Fraktion steht hinter ihm - einstimmig für Einbringung des Gesetzes, wie Dürr sagt. Eigentlich könnte die FDP triumphieren. Macht Dürr aber nicht. Sein Gesicht bleibt ernst.
Details offenbar weiter strittig
Während also die FDP bemüht ist zu erklären, dass sich mit dem Heizungsgesetz überhaupt nichts ändern wird, ist es bei den Grünen umgekehrt. Vielleicht lächelt Dröge deswegen permanent. Das Gesetz ist gerettet. Es kommt und damit die Wärmewende. Vermutlich am Donnerstag soll es im Bundestag beraten werden. Bis zur Sommerpause könnte es durch sein, wenn der Bundesrat mitspielt und eine Fristverkürzung zustimmt.
Was da allerdings im Detail so kommt, darüber scheinen die Meinungen noch auseinander zu gehen. Umrüsten von Heizungen in Altbauten? Dröge sagt, das sei sofort möglich. Dürr findet dagegen, bis 2028 passiere erst einmal nicht viel. Die Grünenfraktionschefin interpretiert den Kompromiss so:
Vielleicht zeigen sich Dröge und auch Mützenich deswegen so demonstrativ zufrieden, weil dem FDP-Minister zumindest vage Zusagen zu Fördergeldern abgerungen haben. So steht es jedenfalls im Papier: "Deshalb wird es von Seiten des Bundes eine Förderung geben, die aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert wird und die möglichst passgenau die einzelnen Bedürfnislagen und soziale Härten bis in die Mitte der Gesellschaft berücksichtigt."
Nach rigorosem Sparkurs und Kürzungen und Schuldenbremse, die Lindner gerade versucht durchzusetzen, klingt das irgendwie nicht.
Merz freut sich, Scholz auch
Aber wenn drei sich streiten, lacht ja meistens irgendwer anderes. In diesem Fall ist es CDU-Vorsitzender Friedrich Merz. Die Lorbeeren, dass das Heizungsgesetz geändert wurde, gebührten ihm, sagt er. "Opposition wirkt", sagt Merz am Abend. Hätte man alles gleich haben können, findet er. Die derzeitigen Umfragen seien ein Ergebnis dieses wochenlangen Streits und das Hoch der AfD, findet er.
Und noch einer freut sich: Kanzler Scholz. Bei der Spargelfahrt des Seeheimer Kreises in der SPD am Abend rechtfertigt er das lange Ringen um das Wärmegesetz. Die Diskussionen seien "nicht bequem, nicht angenehm, aber völlig in Ordnung". Schließlich sei das eine riesige Aufgabe.
Fernwärme kommt gar nicht aus der Ferne, sondern ist ein regionales Energieprodukt. Die Politik will sie als klimafreundliche Wärme-Alternative nutzen - kann Fernwärme das leisten?