100.000 Haushalte pro Jahr sollen ans Fernwärmenetz gehen. "Sportlich" nennt das Gerd Landsberg vom Städte- und Gemeindebund. Er fordert "nachhaltige" Hilfen für Kommunen.
Der Fernwärmeausbau sei "ein wichtiges Projekt, aber man muss es mit Realitätssinn betreiben und der fehlt mir noch etwas", sagt Gerd Landsberg vom Deutschen Städte- und Gemeindebund.13.06.2023 | 5:13 min
100.000 Haushalte pro Jahr sollen laut Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) an das Fernwärmenetz angeschlossen werden, verkündete er am Montag nach einem Treffen mit Branchenvertretern und Verbänden in Berlin. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, hält das Projekt für wichtig - aber das gesteckte Ziel eben auch für ambitioniert.
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Die Zahl von 100.000 Haushalten pro Jahr erscheint laut Landsberg mit Blick auf 30 Millionen Wohngebäude zunächst eher gering. Dem gegenüber stünden aber auch bekannte Probleme:
Das Ziel sei demnach sportlich. Zudem hänge die Umsetzbarkeit von "sehr vielen Dingen ab". Zunächst sei eine Wärmeplanung seitens der Kommunen erforderlich, aber auch Fragen nach vorhandenen und zu schaffenden Strukturen oder danach, welches Haus wie versorgt werden kann müssten geklärt werden, erklärt Landsberg. Ein solches Projekt brauche "Realitätssinn", "und der fehlt mir noch etwas".
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Als eine der drängendsten Fragen sieht Landsberg einen derzeit diskutierten Anschluss- und Benutzungszwang. Bundesbauministerin Klara Geywitz will Bürgerinnen und Bürgern hier Wahlfreiheit lassen. Landsberg hält im ZDF dagegen: "Ich halte das nicht für gut und das ist auch nicht die Aufgabe von Frau Geywitz, sondern der Länder." Davon hänge zudem die Wirtschaftlichkeit ab. Wer in der Zwischenzeit eine Wärmepumpe eingebaut habe, werde eher kein Interesse an Fernwärme haben, kritisiert er.
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Mehr Flexibilität bei Umsetzung gefordert
Gleichzeitig drängt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes auf Flexibilität in der Umsetzung. Bislang stammt der überwiegende Teil der Fernwärme in Deutschland aus fossilen Energiequellen wie Gas und Kohle. Bis zum Jahr 2030 sollen mindestens 50 Prozent der Fernwärme klimaneutral erzeugt werden.
Der Fernwärmeausbau sei eine "tolle Chance", aber die Erwartungen seien nicht in jeder Kommune umzusetzen, dafür müsse es Raum geben. Zudem wisse niemand, wie sich die Technik entwickelt. Zuletzt hatte sich auch Wirtschaftsminister Habeck für mehr Flexibilität ausgesprochen. Insgesamt brauche es beim Projekt Fernwärme eine "dauerhafte und nachhaltige Förderung" der Bundesregierung für die Kommunen, fordert Landsberg.
Denn: "Wir reden hier über Milliardenbeträge." Wolle man etwa in einer durchschnittlichen Stadt ohne nötige Strukturen mit einer Größenordnung von 300.000 Einwohnern ein Fernwärmenetz installieren, müsse man viel Zeit und Geld investieren sowie Überzeugungsarbeit bei den Haushalten leisten.