Nach Debakel in Hessen:Kann Nancy Faeser noch Ministerin bleiben?
von Dominik Rzepka
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Nancy Faeser ist geschwächt. Die SPD-Spitzenkandidatin holt das schlechteste Ergebnis aller Zeiten für ihre Partei in Hessen. Kann sie jetzt noch Ministerin bleiben in Berlin?
Das historisch schlechteste Ergebnis in Hessen für die SPD: Gegen Spitzenkandidatin Nancy Faeser gibt es Rücktrittsforderungen als Innenministerin.
Es ist eine Niederlage mit Ansage. Und es ist ihre Niederlage: Nancy Faeser holt das schlechteste Ergebnis in der Geschichte der hessischen SPD. Noch einmal 4,7 Prozentpunkte schlechter als 2018. Faeser und ihre SPD landen hinter der AfD.
In der SPD haben sie dieses Ergebnis befürchtet. Und es irgendwie auch kommen sehen. Mit Nancy Faeser haben sie die Bundesinnenministerin zur Spitzenkandidatin gemacht. Eine mit Rückfahrschein für Berlin, die nur in Hessen bleiben wollte, wenn sie auch Ministerpräsidentin wird. Mit einem ähnlichen Plan war CDU-Mann Norbert Röttgen im Jahr 2012 grandios gescheitert. Die SPD war gewarnt.
Faeser: Lame Duck beim Thema Migration?
Jetzt ist eine der wichtigsten Ministerinnen in Berlin geschwächt. Und mit ihr der Kanzler. Im Kabinett von Olaf Scholz sitzt nun eine Wahlverliererin, die künftig das wichtige Thema Zuwanderung beackern muss. Laut Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte dürfte das zum Problem werden:
Für CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann eine offene Flanke. "Frau Faeser wurde abgestraft, sie hat Glaubwürdigkeit verspielt", sagt er im ZDF. Und der Vorsitzende der Jungen Union, Johannes Winkel, fordert Faesers Rücktritt: "Die Bundesregierung braucht einen Neuanfang. Dieser kann nur mit einer Neubesetzung des Amtes des oder der Innenministerin gelingen", sagt Winkel am Montag.
Ähnlich klingt auch Sahra Wagenknecht, die noch Mitglied der Linken ist. Das Innenministerium sei eines der wichtigsten Ministerien und die Flüchtlingskrise mindestens so dramatisch wie 2015. "Hier braucht es an der Spitze keine Wahlverliererin, sondern maximale Handlungsfähigkeit."
Carsten Linnenmann, Generalsekretär der CDU, feiert den "sensationellen Erfolg" seiner Partei. Boris Rhein habe in Hessen einen hervorragenden Wahlkampf gemacht. 08.10.2023 | 4:50 min
SPD versichert Faeser Rückhalt
Die SPD-Spitze hat sich abgesprochen. Mit beinahe identischen Statements stellen sich SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert und die Parteivorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil hinter Faeser. "Sie hat unseren klaren Rückhalt als Bundesinnenministerin", klingt die Solidaritätsbekundung Kühnerts. Bei Esken lautet es im ZDFheute-Interview dann so:
Faeser selbst klingt dabei erstaunlich anders. Zurückhaltender. Auf die Frage, ob sie persönliche Konsequenzen aus der Wahlniederlage ziehe, sagt sie nicht Nein. Sondern spricht von einem sehr bitteren und schmerzhaften Ergebnis. Die SPD stehe jetzt erst einmal solidarisch zusammen. Denn man gewinne zusammen. Und man verliere zusammen.
Es sind Sätze, die man sagt, wenn man Zeit gewinnen will. Und zumindest noch nicht am Wahlabend zurücktreten möchte.
In den Wahlergebnissen in Hessen und Bayern liege eine Botschaft an die Ampelkoalition in Berlin, sagt SPD-Generalsekretär Kühnert. Die Bundesregierung müsse Orientierung und Ordnung bieten.08.10.2023 | 3:23 min
Die vielen Pannen Nancy Faesers
Für Faeser waren die vergangenen Wochen und Monate gelinde gesagt turbulent. Die Entlassung von BSI-Chef Arne Schönbohm sorgt nach wie vor für Kritik. Und ein Wahlkampf-Video der SPD, in dem der CDU Nähe zu Rechtsextremismus unterstellt wurde, musste Faeser löschen lassen. Das alles spiegelt sich in miserablen persönlichen Werten wider.
In Hessen bescheinigten ihr die Wähler den schlechtesten Wert, den je ein SPD-Spitzenkandidat erhalten hat. Und im Bund sieht es kaum besser aus. Zwar steht Olaf Scholz weiter hinter ihr. Wohl aber auch aus Mangel an Alternativen. Und weil Scholz nach dem Rücktritt Christine Lambrechts nicht noch eine Frau im Kabinett verlieren darf.
Nur: Sind das die richtigen Gründe, um im Amt zu bleiben?