Die SPD mit Spitzenkandidatin Nancy Faeser kommt auf ihr schlechtestes Wahlergebnis in Hessen. (Archivbild)
Quelle: AFP
Bei der
Landtagswahl in Hessen wird die CDU mit großem Abstand stärkste Partei. Grüne, SPD und FDP haben im Vergleich zu 2018 Verluste. Die AfD legt zu und kommt auf ihr bestes Ergebnis im Westen. Die Linke schafft den erneuten Einzug nicht und wird künftig in keinem westdeutschen Flächenland auf Landesebene mehr vertreten sein, die Freien Wähler scheitern ebenfalls an der Fünf-Prozent-Hürde.
Wahlergebnis: CDU und AfD gewinnen
Die
CDU kann einen großen Teil ihrer starken Verluste von vor fünf Jahren jetzt wieder gut machen. Die
Grünen schaffen trotz Verlusten ihr zweitbestes Ergebnis bei einer Landtagswahl in Hessen, hatten sich aber noch vor nicht allzu langer Zeit deutlich mehr erhofft.
Die
SPD kommt auf ihr schlechtestes Wahlergebnis in Hessen. Sie leidet wie die Grünen auch unter dem negativen Image der Berliner
Ampel-Parteien, was durch die sehr schlechten Popularitätswerte für Bundesinnenministerin
Nancy Faeser (SPD) noch verstärkt wird. Von der Unzufriedenheit mit den Ampelparteien und der nicht wirklich überzeugenden Performance der CDU im Bund kann vor allem die
AfD profitieren.
Ohne Amtsbonus und mit einem vergleichsweise bescheidenen Popularitätswert profitiert der amtierende Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) auch von der Schwäche seiner Konkurrenten. Bei einer Wahl mit abermals relativ großem bundespolitischen Einfluss gibt es aus Berlin diesmal für Grüne, SPD und FDP einen starken Gegenwind: Die Arbeit der Bundesregierung wird mit minus 1,0 sehr negativ bewertet. Dabei sind für viele Wähler*innen (40 Prozent) bundespolitische Themen für ihre Wahlentscheidung wichtiger als landespolitische (55 Prozent).
Regierung und Opposition: Mäßige Bewertungen
An die gut bewertete Kabinettsarbeit der ersten gemeinsamen Legislaturperiode (2018: 1,2) können CDU und Grüne jetzt nicht anknüpfen: Bei mäßiger Leistungsbilanz (0,6) wird die Regierungsarbeit der CDU (0,9) klar positiver wahrgenommen als die der Grünen (minus 0,3). Doch auch alle Oppositionsparteien finden sich im Negativbereich: SPD (minus 0,3), AfD (minus 2,7), FDP (minus 0,7) und Linke (minus 1,8).
Kandidaten: Blasser Ministerpräsident trifft auf völlig indisponierte Herausforderin
Neben einer mäßigen Bilanz im Ministerpräsidentenvergleich (gute Arbeit: 61 Prozent) erreicht Rhein beim Ansehen auf der +5/-5-Skala für einen Amtsinhaber nur relativ schwache 1,5. Aber auch die anderen Kandidaten können nicht überzeugen: Der hessische Wirtschafts- und Energieminister Tarek Al-Wazir (Grüne) kommt nur noch auf 0,8 (2018: 1,6).
Faeser landet weit im Negativbereich mit minus 1,3 - dem schlechtesten SPD-Kandidaten-Image überhaupt bei einer Landtagswahl. So sprechen sich die Hessen bei der Frage nach dem gewünschten Ministerpräsidenten deutlich für den Amtsinhaber aus: Im direkten Vergleich wollen 50 Prozent Rhein und 31 Prozent Al-Wazir, bzw. 61 Prozent Rhein und nur 21 Prozent Faeser.
Themen: kaum Top-Themen
In den Bereichen "Flüchtlinge/Asyl" und "
Bildung/Schule" - den wichtigsten Themen in
Hessen - wird der CDU die höchste Kompetenz zugeschrieben. Bei "Energiepolitik" liegen CDU und Grüne praktisch gleichauf. Selbst bei "Sozialer Gerechtigkeit" haben sich SPD und CDU angeglichen.
Der AfD werden nennenswerte Kompetenzen lediglich bei "
Flüchtlinge/Asyl" zugeschrieben. Ein Thema, das aktuell sowohl im Bund als auch in Hessen weit häufiger gesehen wird als bei der letzten Wahl: Für 53 Prozent kann Hessen die vielen Flüchtlinge nicht verkraften (2018: 27 Prozent).
Wer wählte wen: Starkes Altersgefälle
Die CDU ist in der relativ beteiligungsstarken Gruppe der Wähler*innen ab 60 Jahren besonders erfolgreich und doppelt so stark wie bei den unter 30-Jährigen. Die SPD liegt ausschließlich bei den ab 60-Jährigen über dem Schnitt. Umgekehrt liegen Grüne und AfD hier unter dem Schnitt.
Bei den unter 30-Jährigen fallen die Grünen hinter CDU und AfD zurück. Deutlich sind außerdem starke Bildungseffekte: Die Grünen haben wie gewohnt mehr Zuspruch mit Ansteigen des formalen Bildungsniveaus der Wähler/innen, bei der AfD ist dies gerade umgekehrt.
Koalitionen: Fortführung von Schwarz-Grün möglich
Bei einer Wahl mit relativ großem bundespolitischem Einfluss fehlt es an überzeugenden Alternativen, was die Regierungsbildung angeht, auch wenn eine schwarz-grüne Neuauflage weniger häufig abgelehnt wird als sämtliche anderen denkbaren Koalitionen.
Die Zahlen basieren auf einer Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen unter 1.258 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten in Hessen in der Woche vor der Wahl (telefonisch und online) sowie auf der Befragung von 16.973 Wähler*innen am Wahltag.