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FAQ
Debatte um Schuldenbremse:Wo kommt das Geld für die Verteidigung her?
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Der Verteidigungsetat soll massiv aufgestockt werden, die Ukraine unterstützt werden. Jetzt wird diskutiert, ob darüber noch der alte Bundestag entscheiden soll.
Der Bundestag wird bald anders aussehen. Noch wäre Zeit für politische Reformen, die mit neuen Mehrheiten wohl kaum denkbar wären.
Quelle: dpa
Die Frage spaltete schon die Ampel-Koalition und steht nach der Neuwahl sofort wieder zur Debatte: Wo kriegt die Bundesregierung Milliarden für Verteidigung und Ukraine her, die sie im Haushalt nicht übrig hat? Darüber könnte - so ist gerade im Gespräch - noch der alte Bundestag entscheiden, obwohl der neue schon gewählt ist.
Durch den Kurswechsel der US-Regierung mit Blick auf den Ukraine-Krieg und die Nato ist das Problem nämlich noch akuter als zuvor. Zudem macht das Wahlergebnis die Sache für den wahrscheinlichen künftigen Kanzler Friedrich Merz (CDU) kompliziert.
Welche Möglichkeiten gibt es, weiteres Geld bereitzustellen?
Das Parlament könnte eine Reform der Schuldenbremse beschließen, die eine höhere Kreditaufnahme ermöglicht. Dann könnte man das Geld aus dem regulären Haushalt bereitstellen.
Man könnte auch Verteidigungsausgaben generell von der Schuldenbremse ausnehmen, wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) das zuletzt vorgeschlagen hat.
Oder ein Sondervermögen könnte eingerichtet werden. Das ist ein Topf abseits des Bundeshaushalts, aus dem Maßnahmen mit einem ganz bestimmten Zweck finanziert werden.
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Was sind die Unterschiede?
Für eine Reform der Schuldenbremse wäre eine Änderung des Grundgesetzes nötig, denn da ist die Schuldenregel in Artikel 115 verankert. Eine solche Reform ist politisch sehr umstritten - und braucht eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag.
Bei Sondervermögen gibt es zwei Möglichkeiten: Man könnte sich das der Bundeswehr zum Vorbild nehmen. Dieses wurde im Grundgesetz verankert und von der Schuldenbremse ausgenommen. So kann ein Sondervermögen eigene Kredite aufnehmen - theoretisch unbegrenzt. Nötig wäre auch hier eine Zwei-Drittel-Mehrheit.
Ohne diese Verankerung im Grundgesetz müsste das Sondervermögen aus dem Bundeshaushalt gestemmt werden. Größere Kredite dafür wären nur möglich, wenn man eine Notlage erklärt, die die Schuldenbremse vorübergehend aussetzt. Ein möglicher Grund könnte der Kurswechsel der USA sein.
Das Problem: Das Geld müsste in dem Jahr ausgegeben werden, in dem es aufgenommen wurde. Soll das Sondervermögen über mehrere Jahre laufen, müsste man jedes Mal erneut eine Notlage erklären. Dafür braucht es eine gerichtsfeste Begründung.
Warum wird ein Beschluss noch im alten Bundestag diskutiert?
Das hat mit den neuen Mehrheitsverhältnissen zu tun. Union, SPD und Grüne haben keine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag. AfD und Linke sind so stark, dass sie eine Änderung des Grundgesetzes blockieren könnten. Deshalb kam die Idee auf, das Thema noch vor Konstituierung des neuen Bundestags mit den alten Mehrheiten abzuräumen.
Ja, am 16. Oktober 1998 kam der Bundestag zu einer Sondersitzung zusammen, um erstmals seit Bestehen der Bundeswehr über den Kriegseinsatz deutscher Soldaten zu entscheiden. Da ging es um den Konflikt im Kosovo. Der neue Bundestag war nach der Wahl im September noch nicht konstituiert, die schwarz-gelbe Regierung war abgewählt und Rot-Grün noch nicht im Amt.
Welche Variante ist wahrscheinlich?
SPD und Grüne wollen schon lange eine Reform der Schuldenbremse - und hatten Merz vor Monaten bereits Gespräche dazu angeboten. "Dies ist immer wieder abgelehnt worden", sagte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich. Es wundere ihn, wie schnell man nun das "Rad neu erfinden kann". Die SPD ist verärgert und wirft Merz vor, er habe damals Parteitaktik vor das Wohl des Landes gestellt.
Merz will aber gar nicht an die Schuldenbremse ran: "Es ist in der naheliegenden Zukunft ausgeschlossen, dass wir die Schuldenbremse reformieren", sagte er. Hier gehen die Gedankenspiele eher in Richtung Sondervermögen. Das sorgt wiederum bei SPD und Grünen für deutlich weniger Begeisterung.
Was könnte das für Koalitionsverhandlungen bedeuten?
Das Thema jetzt abzuräumen, könnte Gespräche von Union und SPD erleichtern. Denn der Haushalt ist eine der größten Baustellen einer neuen Bundesregierung. Aktuell ist schlicht nicht genug Geld da, um alle Pläne und Verpflichtungen unter Wahrung der geltenden Schuldenbremse zu bezahlen. Könnte man Milliarden für die Verteidigung und die Unterstützung der Ukraine ausklammern, wäre mehr Spielraum im Bundeshaushalt.
Quelle: dpa
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Quelle: dpa
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