Lob und Kritik an Industriestrompreissenkung

    Paket der Bundesregierung:Was vom Industriestrompreis zu halten ist

    von Stephanie Barrett
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    Das Paket der Bundesregierung zur Senkung des Strompreises für die Industrie kommt bei vielen Wirtschaftsvertretern gut an. Welche Schritte müssen jetzt folgen?

    Yes, we care! Dieses lang erhoffte Signal der Bundesregierung ist an diesem Donnerstag in deutschen Unternehmen angekommen und sie saugen es dankbar auf, selbst wenn es erst ein Anfang ist. Immerhin endete der monatelang quälende Streit um eine existentielle Entlastung der Unternehmen bei den hohen Energiekosten. Das Strompaket von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) kommt überwiegend gut an.
    "Die Bundesregierung hat richtig entschieden, indem sie alle Unternehmen des produzierenden Gewerbes durch die Senkung der Stromsteuer entlastet", so der Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinenbauer, Thilo Brodtmann.

    Eine solche Steuersenkung wird direkt wirksam. Die Entlastung kommt somit in der Breite der Industrie an.

    Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinenbauer, Thilo Brodtmann

    Präsidentin von Familienunternehmer-Verband: Booster für Deutschland

    Die Chefin des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Tanja Gönner, bemängelt dagegen: "Der Kreis der energieintensiven Unternehmen mit rund 350 Unternehmen ist sehr eng gewählt". Positiv hebt sie allerdings hervor, dass die Bundesregierung für ihre Maßnahmen keine Genehmigung bei der EU in Brüssel einholen muss.
    Selbst die Präsidentin des Verbandes der Familienunternehmer, Marie-Christine Ostermann, ist jetzt zufrieden:

    Die Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß und deren Ausweitung auf alle produzierenden Unternehmen ist ein Booster für den Standort Deutschland.

    Marie-Christine Ostermann, Präsidentin des Verbandes der Familienunternehmer

    Auch der Chef der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, Michael Vassiliadis, lobt: Die Bundesregierung habe "erstmals geschlossen" anerkannt, "dass es bei diesem für die heimische Industrie so zentralen Kostenfaktor Handlungsbedarf gibt".
    Ein Kostenfaktor, der neben Abwanderung das Zeug hat, in der deutschen Industrie eine Kernschmelze in Gang zu setzen. Mit der Folge, dass wertvolle Wertschöpfungsketten reißen.

    Viel Lob auch von Ökonomen

    Auch bei Ökonomen stoßen die milliardenschweren Entlastungen auf überwiegend positives Echo. "Die Entscheidung der Regierung ist endlich mal ein gutes und starkes Zeichen", sagt ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski.
    Jens Spahn, aufgenommen am 09.09.2022
    CDU-Vize Spahn und Niedersachsens Ministerpräsident Weil (SPD) forderten die Bundesregierung zu schnellen Entscheidungen auf, um energieintensive Unternehmen zu entlasten.10.09.2023 | 0:34 min
    Der verbilligte Industriestrompreis soll für fünf Jahre gelten und auch dem Mittelstand zugutekommen.

    Fünf Jahre geben Planungssicherheit und verhindern die weitere Erosion des Standorts Deutschland.

    ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski

    Auch Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer begrüßt, dass der Staat die Stromsteuer soweit wie möglich senkt. Aber: "Auf Dauer sind die Strompreise für alle Unternehmen aber nur wettbewerbsfähig, wenn hierzulande mehr Strom produziert wird."

    Handwerk: Wichtige Branchen fallen durchs Raster

    Kritik kommt aus dem Handwerk: Wichtige energieintensive Branchen aus dem Handwerk etwa würden durch das Raster fallen, da sie formal nicht zum produzierenden Gewerbe gehören - etwa Textilreinigungen oder Betriebe des Kfz-Handwerks.
    "Eine Entlastung ist aber für alle energieintensiven Betriebe dringend notwendig, um eine drohende Existenzgefährdung abzuwenden", moniert Handwerkspräsident Jörg Dittrich vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH).

    Hier sollte die Bundesregierung das Entlastungspaket noch einmal nachschärfen.

    ZDH-Handwerkspräsident Jörg Dittrich

    Industrie- und Handelskammer sieht Nachbesserungsbedarf

    Auch die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) sieht noch Nachbesserungsbedarf. "Ob das Paket am Ende ausreicht, um für die gesamte Industrie wettbewerbsfähige Strompreise zu sichern, ist zweifelhaft", sagt deren Präsident Peter Adrian.

    Auch Betriebe in Handel und Dienstleistungen sind auf bezahlbare Strompreise angewiesen.

    DIHK-Präsident Peter Adrian

    Daher sei es mehr als ein Wermutstropfen, dass die Stromsteuer nicht generell und für alles auf das Mindestmaß gesenkt werde.

    Was sollte nach der Strompreissenkung für die Industrie folgen?

    Kurzum: Das Strompaket ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber es gibt noch viel zu tun.
    1. Das Angebot an Energie muss dringend ausgeweitet werden, damit es nicht beim Hochlauf von Kohlekraftwerken bleibt, die mit kolumbianischer Kohle beheizt werden und uns noch dazu die CO2-Bilanz vermasseln.
    2. Das Strommarktdesign an den Strombörsen und auch die Netzentgelte müssen schleunigst reformiert und den aktuellen Verhältnissen angepasst werden, um die Lasten fair zu verteilen. Auch das senkt die Strompreise - und kostet kein Geld der Steuerzahler.

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