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FAQ
Illegale Migration in Sachsen:Das bringen mehr Polizisten an der Grenze
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Sachsen fordert von der Bundesregierung wegen Schleusern mehr Hilfe bei der Grenzkontrolle. Die lehnt bislang ab. Es ist umstritten, was die Grenzkontrollen bringen.
An der deutsch-polnischen Grenze ist die Schleuser-Kriminalität hoch.
Quelle: dpa
An der Grenze zu Polen und Tschechien in Sachsen nimmt die Schleuserkriminalität zu. Deswegen will Sachsen mehr Polizisten in die Grenzgebiete schicken.
Wie ist die Lage an der sächsischen Grenze derzeit?
Laut dem sächsischen Landesinnenminister Armin Schuster (CDU) ist die grenzüberschreitende Kriminalität in jüngster Zeit sprunghaft angestiegen - genaue Zahlen nennt er allerdings nicht. Es sei nicht mehr die Frage, ob es zu einer Katastrophe bei der Schleusung komme, sondern nur noch wann, sagte er.
Was macht die Polizei gegen die Schleuser?
Sowohl Landespolizei als auch Bundespolizei sind laut dem Innenminister im Einsatz. Auch Einheiten der Bereitschaftspolizei sowie der Polizeidirektionen in Sachsens Grenzregionen nähmen Kontrollen vor. Sachsen will auch die Schleierfahndung verstärken, dazu hat der Innenminister Schuster Bereitschaftspolizei ins Hinterland geschickt.
Ziel sei es, den Fahndungsdruck "auf die Schleusung zu erhöhen, die lebensgefährlich ist, weil viele Menschen in Transportern zum Beispiel über die Grenze geschleust werden und abgesetzt werden sollen", so der sächsische Landespolizeipräsident Jörg Kubiessa im ZDF.
Zur Verstärkung von zwei Polizeiinspektionen an der Grenze hat die Bundespolizei fast zehn Einsatzhundertschaften Bundesbereitschaftspolizei rund um die Uhr im Einsatz, berichtet Heiko Teggatz, Vorsitzender der Bundespolizeigewerkschaft. Das belaste die Beamten sehr.
Die Bundespolizei hat die Aufgabe, die Grenzen um Deutschland herum zu überwachen. Das bedeutet Menschen, die nach Deutschland kommen, werden stichprobenartig kontrolliert, ob sie die Einresebestimmungen erfüllen - also beispielsweise Identitätsnachweise bei sich haben, erklärt Heiko Teggatz. Zwischen Schengen-Staaten gibt es normalerweise keine Grenzkontrollen, allerdings an Grenzübergangsstellen. Das sind beispielsweise Flughäfen - aber auch an der österreichischen Grenze gibt es seit 2015 Grenzübergangsstellen. Dort darf die Bundespolizei auch polizeiliche Maßnahmen nach dem Aufenthaltsgesetz treffen, so Teggarzt. Das heißt an den Grenzen "zurückweisen oder zurückschieben in die Nachbarstaaten". Allerdings nicht an den Grenzen zu Polen oder Tschechien beispielsweise.
Wo liegt das Problem bei den Grenzen?
Heiko Teggatz, Vorsitzender der Bundespolizeigewerkschaft, kritisiert, dass insbesondere um Görlitz herum "schlichtweg zu wenig Personal vor Ort ist, um diesen riesigen Grenzraum, den die Bundespolizei dort zu überwachen hat, überhaupt noch stemmen zu können".
Immer mehr illegale Migranten kommen nach Deutschland. Sachsen verstärkt jetzt seine Polizeipräsenz an den Grenzen zu Polen und Tschechien. ZDFheute live zu Schleuserkriminalität. 31.08.2023 | 37:20 min
Wie könnte man das Problem lösen?
"Viel einfacher wäre es, man würde den Reiseverkehr aus Polen und Tschechien kanalisieren, an bestimmte Grenzübergangsstellen verlagern." Dann bräuchte man weniger Personal, ist Teggatz der Meinung.
Wenn Schlepper erwischt werden, könnten dann harte Haftstrafen gegen die Schleuser verhängt werden. Laut Teggatz müssten die Grenzkontrollen solange dauern, bis die Zahlen wieder sinken.
Zur Schleuserkriminalität sagt der sächsische Landespolizeipräsident Jörg Kubiessa, es sei Hauptaufgabe „dafür zu sorgen, dass die Geschleusten nicht in Lebensgefahr kommen“.01.09.2023 | 2:53 min
Sachsen hat, so Innenminister Schuster, Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wiederholt um Grenzkontrollen - wie an Grenzübergangsstellen - gebeten.
Warum lehnt die Bundesregierung die Kontrollstellen ab?
Das Bundesinnenminister ist bislang gegen die Grenzübergangsstellen. Die vorübergehende Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen komme "nur als letztes Mittel (ultima ratio) in Betracht", teilt das Bundesinnenminister ZDFheute mit.
Das ist für Teggatz kein Argument. "Da sollte sich das Bundesinnenministerium mal ganz intensiv die Professionalität der Kolleginnen und Kollegen der Bundespolizei an der österreichischen Grenze anschauen." Es würde nicht jedes Auto herausgezogen werden, betont Teggatz: Beispielsweise Kleintransporte, in denen Menschen eingepfercht sein könnten, seien eher im Fokus.
Warum landen die Geflüchteten überhaupt an den deutschen Grenzen?
"Andere europäische Staaten brechen EU-Recht oder Verhalten sich so, dass Menschen einfach weiterziehen", erklärt Migrationsforscher Gerald Knaus. Beispielsweise Ungarn missachte das Recht.
Auch Polizeigewerkschaftler Teggatz betont, die Geflüchteten seien schon durch mehrere Schengen-Länder gereist, bevor sie nach Deutschland kommen, so Teggatz. Kontrollen würden auch anderen Ländern signalisieren, dass sie sich an ihre Pflichten halten, argumentiert er.
Knaus ist jedoch kritisch gegenüber den Kontrollen an der deutschen Grenze:
Die Kontrollen führten nur zu Frustration bei den Polizeibeamten. "Denn die Polizei kann dieses Problem, dass andere geschaffen haben, dann nicht lösen."
Was kann auf europäischer Ebene getan werden?
Migrationsforscher Knaus zufolge gelinge es nicht, an den Außengrenzen der Europäischen Union, humane, aber effektive Kontrollen gegen irreguläre Migration einzuführen, so Knaus. Aber das Problem müsse bereits dort bekämpft werden. "Haben wir eine neue Einigung mit der Türkei? Gibt es Möglichkeiten, Leute zurückzuschicken, wenn sie in Griechenland oder Bulgarien ankommen, in die Türkei, im Einklang mit unserem gültigen Recht?"
Außerdem brauche es eine Diskussion über sichere Drittstaaten, dass die Leute nicht zurückgedrängt werden müssen. Diese Punkte stünden laut Knaus auch im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung - wurden allerdings noch nicht umgesesetzt.
Warum steigen die Zahlen jetzt gerade?
Im Herbst stiegen die Zahlen an, weil viele Geflüchtete, die im Frühling nach Europa kommen beispielsweise in Griechenland zunächst als illegale Erntehelfer arbeiten und sich dann nach der Erntezeit auf den Weg Richtung Norden machen, erklärt Teggatz.
Quelle: ZDF, dpa
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