Kritik an Scholz-Plänen: "Konjunkturprogramm für Rassismus"

    Kritik an Scholz-Vorstoß:"Ein Konjunkturprogramm für Rassismus"

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    Olaf Scholz will härter gegen irreguläre Migration vorgehen. Dafür gibt es Kritik von Linken, Grünen und Experten. Ein FDP-Politiker stellt sich hinter die Forderung des Kanzlers.

    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vefolgt im Plenum des Deutschen Bundestages die Debatte.
    Scholz' Forderung nach konsequenter Abschiebung erntet Kritik. Ein FDP-Mann nimmt den Kanzler in Schutz.
    Quelle: dpa

    Das deutliche Bekenntnis von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu mehr Abschiebungen ist auf Zustimmung, aber auch auf scharfe Kritik gestoßen.
    "Statt in den Chor der Rechten einzustimmen, sollte der Kanzler dafür sorgen, dass es mehr bezahlbare Wohnungen gibt, deutlich mehr Geld für die Kommunen und dass die Arbeitsverbote endlich abgeschafft werden", schrieb die Vorsitzende der Linken, Janine Wissler auf der Plattform X, früher als Twitter bekannt. "Das alles gerne im großen Stil."
    Auch aus den eigenen Reihen der Ampel-Koalition kam Kritik. Jürgen Trittin von den Grünen schrieb auf X:

    30 Jahre nach 1993 sollten wir doch gelernt haben, dass Abschotten, Abschrecken, Abschieben keine Migrationspolitik ist, sondern ein Konjunkturprogramm für Rassismus und Rechtsradikale.

    Jürgen Trittin (Grüne)

    Kubicki stellt sich auf die Seite von Scholz

    Wolfgang Kubicki, stellvertretender Parteivorsitzender beim Ampel-Partner FDP, wies die Kritik zurück. Wenn Trittin dem Kanzler vorwerfe, dessen Überlegungen zur Bewältigung der Migrationskrise würden Rassisten und Rechtsradikalen Vorschub leisten, sei das "nur noch unanständig", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

    Ich rate den Grünen, ihr Blatt nicht zu überreizen und aufzuhören, den Kanzler in die Schmuddelecke zu stellen.

    Wolfgang Kubicki (FDP)

    Schließlich seien es "die Grünen selbst, die mit ihrer weltfremden Position in der Migrationspolitik gegen die Mehrheit der Menschen im Land Tatsachen schaffen wollen", so Kubicki.
    Auf dem Bild sieht man eine Tabelle mit Ergebnissen: Wenn am nächsten Sonntag wirklich Bundestagswahl wäre..
    Laut ZDF-Politbarometer bewerten nur 32 Prozent die Arbeit der Bundesregierung positiv. Die Spitzen der Ampel-Koalition beraten nun.20.10.2023 | 5:58 min

    Scholz: "Endlich im großen Stil abschieben"

    Olaf Scholz hatte im "Spiegel" einen deutlich entschlosseneren Kurs in der Migrationspolitik angekündigt und gesagt: "Wir müssen endlich im großen Stil diejenigen abschieben, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben."
    Wer sich nicht auf Schutzgründe berufen könne und keine Bleibeperspektive habe, müsse gehen.

    Wir müssen mehr und schneller abschieben.

    Olaf Scholz (SPD)

    So läuft der Prozess der Abschiebung:





    Migrationsforscher: Scholz' Vorstoß unwirksam

    Der Migrationsforscher Ruud Koopmans von der Berliner Humboldt-Universität hält Scholz' Forderung wiederum für wenig effektiv. "Abschiebungen scheitern letzten Endes nicht an der Länge der Verfahren, sondern am Fehlen von Papieren, an ungeklärten Identitäten, Herkunftsländern, die nicht mitarbeiten und nicht zuletzt an Gerichtsentscheidungen, die eine Abschiebung blockieren", sagte Koopmans der "Bild".
    Deshalb sei "der einzige wirklich wirksame Weg, dafür zu sorgen, dass Menschen, die nicht schutzbedürftig sind, gar nicht nach Europa kommen". Dies sei nur durch die Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten zu erreichen.

    Zusammenarbeit zwischen SPD und CDU

    Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz forderte am Samstag beim Deutschlandtag der Nachwuchsorganisation Junge Union in Braunschweig, noch in diesem Jahr wirksame Maßnahmen gegen die illegale Migration zu treffen. Er erneuerte sein Angebot, hier mit der Ampel-Koalition zusammenzuarbeiten. "Wenn wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt dieses Landes erhalten wollen, dann müssen wir dieses Problem jetzt lösen", sagte Merz.
    Auch SPD-Chef Lars Klingbeil setzt seinerseits auf eine Zusammenarbeit mit der Union in der Migrationskrise. "Es ist ein gutes Signal an die Bürgerinnen und Bürger, dass wir in Deutschland in der demokratischen Mitte in der Lage sind, miteinander zu reden", sagte Klingbeil der "Welt am Sonntag". "Ich erwarte, dass wir schnell gemeinsame Lösungen finden werden."
    Klingbeil zieht bei Grenze bei Obergrenze
    Klingbeil stellte allerdings klar, er lehne eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen ab. So eine Obergrenze war unter anderem von Markus Söder (CSU) gefordert worden.

    Eine Obergrenze ist nicht umsetzbar.

    SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil

    Das sagte Klingbeil der "Welt am Sonntag". Er glaube nicht, dass die Bundesregierung die Kälte und Herzlosigkeit besäße, beispielsweise eine politisch verfolgte Frau aus dem Iran zurückzuweisen, sollte die Obergrenze bereits erreicht sein.

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    FAQ
    Quelle: dpa, AFP

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