AfD-Kandidat Krah: Parlaments-Zutritt für mutmaßlichen Spion
Agenten-Affäre um Krah:AfD-Hausausweis für mutmaßlichen Spion
von David Gebhard, Arndt Ginzel, Julia Klaus
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Das Büro von AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah verschaffte noch einem mutmaßlichen Spion Zutritt zum EU-Parlament - diesmal aus dem Kreml. Krah verstrickt sich in Widersprüche.
Politiker aus mehreren EU-Ländern sollen über die prorussische Propagandaplattform "Voice of Europe" Geld erhalten haben. Erstmals meldet sich nun der Eigentümer zu Wort.14.05.2024 | 8:40 min
Eigentlich soll Maximilian Krah bei der Europawahl für die AfD Stimmen holen. Doch derzeit holen ihn vor allem seine Vergangenheit und zweifelhafte Kontakte zu mutmaßlichen Spionen ein.
Nach Recherchen von ZDF frontal und "Spiegel" organisierte Krahs Brüsseler Büro einem Mann Zutritt zum Europäischen Parlament, der nun in Polen wegen Spionage für Russland angeklagt ist. Es geht um Janusz N.
Die Staatsanwaltschaft Warschau erklärte im Interview mit ZDF frontal, dass N. mit dem "russischen Geheimdienst zum Nachteil der Republik Polen" zusammengearbeitet habe. Zunächst habe N. Kontakt zu Politikern in Polen und im EU-Parlament gesucht.
"Nachdem er diese Kontakte geknüpft hatte, ermutigte er sie, an gemeinsamen Aktivitäten teilzunehmen, die sich auf die Verbreitung von durch Desinformation angetriebener Propaganda sowie auf provokative Aktivitäten bezogen, die in Einklang mit der Linie standen, die unter anderem von der russischen Seite geführt wurden.", sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Warschau. Sollte N. verurteilt werden, drohen ihm viele Jahre Haft.
Vorwurf der Käuflichkeit, Spionage-Verdacht im eigenen Büro und fragwürdiger Content auf Tik Tok: Was ist los bei Maximilian Krah?02.05.2024 | 22:01 min
Kannte Krah den mutmaßlichen Spion?
Krahs Büro besorgte 2019 für N. einen Besucherpass für das EU-Parlament. Laut "New York Times" gelangte N. zwischen 2017 und seiner Festnahme 2021 insgesamt 50 Mal in die Institution. Auf Nachfrage von ZDF frontal bestätigt Krah den Pass-Antrag, entgegnet aber:
Doch Krah widerspricht sich damit selbst. Gegenüber dem Tagesspiegel hatte er noch gesagt, er habe Janusz N. vielleicht vier oder fünf Mal getroffen, ihm sei er als "Experte für Ost-/Mitteleuropa" vorgestellt worden.
Der Anwalt von Janusz N. schreibt auf Anfrage von ZDF frontal und "Spiegel", die Anklage entbehre jeder rechtlichen Grundlage. Janusz N. sei zwar Lobbyist gewesen, aber kein Spion.
Möglicherweise hat der EU-Spitzenkandidat Krah einem weiteren Spion Zugang zum EU-Parlament ermöglicht. Laut Recherchen von Frontal und Spiegel wird in Polen Januzs N. angeklagt.15.05.2024 | 1:48 min
Krahs Ex-Mitarbeiter ebenfalls unter Spionage-Verdacht
Es ist nicht der einzige fragwürdige Kontakt von Krah. Sein ehemaliger Mitarbeiter Jian G. sitzt derzeit in Untersuchungshaft, weil er für China spioniert haben soll. Er soll sich auch dem Verfassungsschutz und dem BND angeboten haben. Mittlerweile hat sich Krah von G. getrennt.
Weiterhin steht im Raum, ob Schmiergeld über das pro-russische Propagandaportal "Voice of Europe" geflossen ist. Neben Krah gab hier auch AfD-Kandidat Petr Bystron, Listenplatz zwei für die Europawahl, Interviews. Bystron soll laut Medienberichten Geld über "Voice of Europe" erhalten haben - er und Krah bestreiten, dass in diesem Zusammenhang jemals Geld geflossen sei.
Der Generalbundesanwalt hat einen engen Mitarbeiter Krahs wegen des Verdachts der Spionage für China festnehmen lassen.23.04.2024 | 4:04 min
Kompensationen für Krah? Auch das FBI fragte nach
Um Geld - beziehungsweise "Kompensationen" - ging es auch in einem Chat zwischen einem Kreml-nahen Politiker und Krah. Oleg Voloshyn, ein alter Freund des AfD-Abgeordneten, bot Krah in einem Chat "Kompensationen" an, wie eine Recherche von ZDF frontal und "Spiegel" enthüllte. Die US-amerikanische Bundespolizei FBI befragte Krah dazu bei dessen Ausreise im Dezember 2023 an einem Flughafen. Auch hier bestreitet Krah, Geld genommen zu haben.
Bei so vielen Spionage-Vorwürfen in Krahs Umfeld rückt auch seine Partei teils von ihm ab. Am Montagabend kündigte Krah in einer internen Sitzung des Bundesvorstands an, im Juni nicht mehr für ihn kandidieren zu wollen. Die Parteispitze soll ihm zuvor deutlich gemacht haben, sich besser aus dem Vorstand zurückzuziehen. Auf Nachfrage gab sich AfD-Chef Tino Chrupalla am Dienstag schmallippig. Krahs Entscheidung nehme man "zur Kenntnis". Eine Aufforderung, er möge doch länger machen, brauche es nicht.
AfD-Kandidat Krah jedoch ist längst im Wahlkampfmodus und spricht von "Skandalisierung". Die will er offenbar politisch nutzen: "Zum einen sind wir mit sehr vielen negativen Labels behaftet, zum anderen sind wir jetzt auch wahrnehmbar!" Die Enthüllungen zu russischen und chinesischen Spionageaktivitäten in seinem engsten Umfeld - für Krah sind es nur erfundene Geschichten der politischen Gegner.