Landwirt bei "Lanz": Wolf "naiv" von Politik behandelt

    Debatte bei "Lanz":Landwirt: Wolf "naiv" von Politik behandelt

    von Pierre Winkler
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    Die Ausbreitung des Wolfs in Deutschland macht vielen Menschen zu schaffen. Landwirt Christian Lohmeyer erhebt schwere Vorwürfe gegen die Politik.

    Markus Lanz vom 25. Oktober 2023: Barbara Seibert, Markus Lanz, Christian Lohmeyer
    Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 25. Oktober 2023.26.10.2023 | 44:44 min
    Seit 1990 steht der Wolf in ganz Deutschland unter strengem Schutz, seitdem hat er sich vor allem im Norden und Osten der Republik stark verbreitet. "Jetzt erleben wir, dass der Wolf wieder zurückkommt. Das ist erst mal erfreulich, natürlich", sagte Landwirt Christian Lohmeyer am Mittwochabend bei Markus Lanz. "Aber es wird so naiv von der Politik begleitet, da fällt einem nichts zu ein."
    Die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes für den Wolf (DBBW) zählte im Untersuchungszeitraum 2022/23 insgesamt 1.339 Tiere, 14 Prozent mehr als im Vorjahr.

    Höchststand bei Wolf-Attacken

    Was Lohmeyer aufregt: Mit wachsender Wolfspopulation steigt auch die Anzahl der Angriffe von Wölfen auf Nutztiere. Laut DBBW gab es im vergangenen Jahr 4.366 gemeldete Fälle verletzter, vermisster und getöteter Nutztiere, 29 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Und ein neuer Höchststand.
    "Damit muss ein Schafhalter leben, dass mal ein Tier getötet wird, das ist normal, das gehört mit dazu", sagte Lohmeyer, der seine Schafherde an einem Deich an der Weser nach Wolf-Angriffen auf benachbarte Herden im Frühling aufgegeben hatte. "Die Tiere flüchten ins Wasser, massenweise."

    Und dann werde ich angerufen, die Tiere liegen im Wasser, ertrinken elendig, liegen mit offenen Bäuchen auf den Deichen. Das sind fürchterliche Bilder, die kaum zu ertragen sind.

    Christian Lohmeyer, Landwirt

    Er habe den Eindruck, es gebe mittlerweile nur noch die Wahl "zwischen schlechter Tierquälerei und guter Tierquälerei. Ich akzeptiere keine Tierquälerei in Ställen und auch keine in Schlachthöfen. Da müssen wir immer noch besser werden und die verteidigt niemand, ich erst recht nicht."
    Auf dem Bild sieht man Schafe.
    Landwirte beklagen vermehrte Schäden durch Wölfe. Im Vorjahr wurden mehr als 4.000 Weidetiere in Deutschland verletzt oder getötet. 12.10.2023 | 1:48 min

    Landwirt: "Diese Bilder gibt es in keinem Schlachthof"

    Allerdings könne er nicht akzeptieren, dass gerissene Schafe oder Rinder mit dem Argument des Naturschutzes erklärt würden: "Diese brutalen Bilder gibt es in keinem Stall und die gibt es in keinem Schlachthof."
    Die Tierärztin Barbara Seibert erklärte, der aus ihrer Sicht einzig wirksame Schutz seien elektrische Zäune: "Strom ist der allerbeste Tierschutz", sagte sie. Die Wölfe müssten "einen ordentlichen Stromschlag kriegen, und wenn die Tiere ordnungsgemäß geschützt sind, dann passiert das zwei-, dreimal, dann lernen die Wölfe: Schafe tun weh, also gehe ich nicht an Schafe."
    Das ging Lohmeyer nicht weit genug. Er ist dafür, den Wolf dort wieder zu jagen, wo es zu viele Tiere gibt. "Die Realität ist leider so grausam, dass ich mich ehrlich gesagt dafür schäme, dass wir in diesem Land, wo wir so auf Tierschutz achten, das einfach so geschehen lassen", sagte er.

    Wenn wir den Wolf doch einfach nur behandeln würden wie jedes andere Wildtier auch, dann hätten wir mit dem Wolf aus meiner Sicht kaum ein Problem.

    Christian Lohmeyer, Landwirt

    "Er würde sich vom Menschen fernhalten, er würde es wie alle anderen Tierarten auch lernen."

    Deutscher Sonderweg bei Wolfsabschüssen?

    Kein Land in Osteuropa, wo es ebenfalls viele Wölfe gibt, gehe den deutschen Weg: "Kein Land kommt auf die Idee, die Wölfe nicht zu bejagen und kurz zu halten."
    Bundesumweltministerin Steffi Lemke plant, schnellere Abschüsse von Wölfen in Zukunft zu ermöglichen, wenn ein Wolf ein Nutztier getötet hat und Schutzeinrichtungen wie etwa Zäune keine Wirkung hatten. In Frankreich etwa gibt es jährlich festgelegte Abschussquoten für den Wolf, um die Population unter Kontrolle zu halten.

    Einzelne Problemwölfe dürfen bereits abgeschossen werden. Aus Sicht von Bundesumweltministerin Steffi Lemke sind die Regelungen dafür aber zu kompliziert. Unter anderem gelten genetische Untersuchungen anhand von Riss- und Fraßspuren als Voraussetzung als schwer handhabbar und zeitaufwendig.

    Bereits im Jahr 2019 hatte der Bundestag beschlossen, einen Abschuss von Wölfen meist nach mehrmaligen Übergriffen auf Nutztiere zu erleichtern - im Bundesnaturschutzgesetz wurde ein neuer Paragraf aufgenommen. Die Zahl getöteter Tiere mit Erlaubnis der Behörden blieb seitdem aber niedrig.

    Quelle: dpa

    Solche staatlich verordneten Abschüsse brächten aber laut Tierärztin Barbara Seibert wenig:

    Wenn sie Wölfe abschießen, ein Rudel abschießen, dann können Sie davon ausgehen, dass nach einem Jahr neue Wölfe da sind.

    Barbara Seibert, Tierärztin

    "Wölfe wandern. Wenn Sie ein bestimmtes Gebiet haben, wird innerhalb dieses Gebietes die Anzahl von Wölfen konstant bleiben."
    Quelle: ZDF

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