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Vor Landtagswahl in Thüringen:Ramelow: "Ich kämpfe für die 70 Prozent plus"
von Michael C. Starke
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In Thüringen führt die AfD die Umfragen an. Ministerpräsident Ramelow schließt daher eine Koalition mit dem BSW nicht aus. Er findet die CDU-Haltung zu seiner Linkspartei paradox.
Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 3. Juli 2024 in voller Länge.03.07.2024 | 76:53 min
Am 1. September wird in Thüringen ein neuer Landtag gewählt - und Bodo Ramelow, der amtierende Ministerpräsident des Freistaats, möchte das auch gerne bleiben.
Das Problem nur: Derzeit sieht es nicht danach aus, als könnte Ramelow dieses Vorhaben auch in die Tat umsetzen. In aktuellen Umfragen liegt Ramelows Linkspartei zum Teil bei nur noch 11 Prozent.
Ramelow auf verlorenem Posten?
Seit Monaten liegt die AfD vorne - mit knapp 30 Prozent. Gefolgt von der CDU und der erst im Januar gegründeten Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Ramelows Linkspartei, bei der Wahl vor fünf Jahren mit 31 Prozent der Stimmen noch stärkste Partei, erreicht laut Demoskopen nur den vierten Platz.
Daher völlig offen: Wie können nach der Thüringen-Wahl Mehrheiten gebildet werden - und wie könnte eine Regierung aussehen?
Bei Markus Lanz am Mittwochabend sagte Ramelow, was für ihn zentral im Wahlkampf sei:
"Und Herr Höcke ist der Vertreter, der mit dem Brüllen der SA-Parole oder dem Rumfuchteln vor Fans, die dann die SA-Parole für ihn brüllen, den Faschismus jeden Tag immer mehr normal macht. Gegen diese Erscheinung kämpfe ich."
"Ich kämpfe darum, daß die Normalisierung des Faschismus nicht jeden Tag weitergeht", sagt Ministerpräsident Ramelow mit Blick auf die AfD und die kommenden Thüringen-Wahlen.24.05.2024 | 5:01 min
Koalition mit wem?
Der 68-Jährige, der erneut als Spitzenkandidat seiner Partei antritt, ergänzte, sein Ziel sei, "die 70 Prozent plus zu stärken, meinen Beitrag dazu zu leisten und die 30 Prozent minus so weit nach unten zu treiben, dass sie die Drittel Stimmen im Parlament nicht bekommen. Das ist das, was ich mir als Aufgabe stelle und darin ordne ich alle anderen ein".
Heißt wohl so viel: Alle gegen die AfD - mit allen anderen Parteien wird daran gearbeitet, eine mehrheitsfähige Regierung zu bilden. In diesen Kreis schließt Ramelow auch explizit das BSW ein:
Im September will die AfD Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg gewinnen. Umfragen sagen ihr starke Gewinne voraus. Ein Grund ist die starke Präsenz der Partei gerade auf dem Land.30.06.2024 | 3:25 min
Ramelow: "Himmelweiter Unterschied zwischen Höcke und Wagenknecht"
Und der Linken-Politiker legte nach: "Unwissend, wohin das BSW wirklich gehen wird, aber ich mache deutlich: Es gibt einen himmelweiten Unterschied zwischen der Positionierung von Herrn Höcke und dem Phänomen Wagenknecht. Und das gleichzusetzen wäre ein schwerer Fehler."
Zugleich verteidigte er kritische Aussagen zum BSW, der Partei hatte er etwa "Kalifat"-Verhalten unterstellt. Seine Begründung: In Thüringen hätte es 1.000 Aufnahmeanträge in die Partei gegeben - es seien aber nur 40 Mitglieder aufgenommen worden, die alleine entscheiden würden, so Ramelow weiter.
Dem BSW unterstellte er, "man hat gar nicht den Ehrgeiz, eine Massenpartei werden zu wollen". Und trotzdem: Dass das BSW die Linkspartei verlassen hat, konstatierte Ramelow, schmerze ihn sehr.
"Jetzt heißt es einfach darauf hinzuschauen, dass die überwiegende Mehrheit nach wie vor demokratisch gesinnt ist", so Bodo Ramelow (Die Linke), Ministerpräsident von Thüringen.25.01.2024 | 5:53 min
Kritik an CDU-Haltung
Damit Mehrheiten gegen die AfD auch im kommenden Landtag möglich werden, sieht Ramelow offenkundig die Thüringer CDU in der Pflicht, sich auf seine Partei zuzubewegen. Er äußerte unverhohlene Kritik an einem CDU-Parteitagsbeschluss, der eine Zusammenarbeit mit den Linken verbietet.
Wenn die Union in seiner Partei die SED-Nachfolgepartei sehe, dann funktioniere das "mit meiner Biografie und der Biografie von Frau Wagenknecht halt gar nicht", führte Ramelow aus.
Dass sich die Union aber nun offenbar eine Koalition mit dem BSW vorstellen könne, quittierte er mit den Worten: "Ich war nie in der SED, aber Frau Wagenknecht war die Gallionsfigur der kommunistischen Plattform."
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