Bei der
Bürgerschaftswahl in Hamburg bleibt die
SPD trotz erneuter Verluste klar stärkste Partei.
Die Grünen, in
Hamburg zuletzt stark wie nie, haben ebenfalls Einbußen. Die
CDU legt nach ihrem 2020er Fiasko deutlich zu, ist in Hamburg aber weiter vergleichsweise schwach.
Die Linke schafft erneut ein sehr gutes Ergebnis, die
AfD gewinnt leicht, bleibt aber weit unter ihrem Ergebnis bei der
Bundestagswahl.
Wahlmotive: Viel Hamburg, wenig Bund
Trotz der zeitlichen Nähe zur Bundestagswahl liegen die Gründe für das Ergebnis klar in der Hansestadt: Wichtiger war für 72 Prozent der Wählerinnen und Wähler die Politik in Hamburg (im Bund: 26 Prozent). Hier punktet die SPD mit Sachkompetenz, hohem Ansehen und einem überragenden Spitzenkandidaten.
Gute Noten gibt es auch für die rot-grüne Senatsarbeit. CDU und AfD können in Hamburg, wo die Probleme ganz anders gelagert sind als im Bund, inhaltlich kaum punkten; im großstädtischen Umfeld haben beide Parteien weiterhin große strukturelle Defizite.
Parteien: Ohne bundespolitischen Rückenwind
Basis für den SPD-Erfolg ist ihre hohe Reputation vor Ort, mit der sich die Hamburger SPD (+5/-5-Skala: 2,3) klar von der Bundes-SPD (0,8) absetzen kann. Die Hamburger Grünen (0,7) werden nur wenig besser bewertet als die Bundespartei (0,2), rangieren aber trotz heftiger Imageeinbußen vor einer weiterhin indisponierten Hamburger CDU (0,0).
Sehr schwach ist in Hamburg auch das Ansehen der Bundes-CDU (0,2; 2020: 0,6), deren Chef keinen Rückenwind bringt: Zwar hat das Abschneiden der Union bei der Bundestagswahl nach Meinung von 42 Prozent der CDU jetzt geholfen, Friedrich Merz hat in Hamburg aber ein klares Negativimage (minus 0,7).
Personen: Tschentscher bleibt Spitzenklasse
In einer ganz anderen Liga spielt Hamburgs Regierungschef:
Peter Tschentscher (SPD), dem 79 Prozent im Amt gute Arbeit bescheinigen, bleibt auch dank parteiübergreifend hohem Ansehen mit 2,3 (2020: 2,7) in der Ministerpräsidenten-Spitzenklasse.
Katharina Fegebank (Grüne) wird trotz Einbußen positiv gesehen (1,1; 2020: 1,7), die CDU hatte mit Dennis Thering einmal mehr einen schwachen Spitzenkandidaten im Rennen (0,2). Als zukünftigen Ersten Bürgermeister bevorzugen 56 Prozent aller Befragten Tschentscher, nur 15 Prozent sind für Fegebank und lediglich 14 Prozent für Thering.
Top-Themen: Verkehr und Wohnungsmarkt
Während die SPD auch mit guter Senatsarbeit überzeugt, fallen die Grünen hier ab (SPD: 1,8; Grüne: 0,7). Die Opposition ist leistungsbezogen schwach bis extrem schlecht (CDU: 0,0; Linke: 0,0; AfD minus 3,7). Beim Top-Thema "Verkehr" bekommt die CDU im Vergleich zu 2020 jetzt ähnlich viel Zuspruch wie SPD oder Grüne, wobei letztere hier deutlich verlieren.
Bei "Wohnungsmarkt" und "Soziale Gerechtigkeit" führt aber die SPD und die CDU liegt in beiden Bereichen hinter der Linke, die für 50 Prozent der Befragten als "einzige Partei wirklich Politik für Menschen mit geringem Einkommen macht".
AfD: Hohe Distanz in der Großstadt
Bei den Parteikompetenzen in Hamburg besonders bemerkenswert bleibt der klare SPD-Vorsprung bei "Wirtschaft" und "Zukunft" - in einer Stadt, in der Wirtschaftslage und Zukunftsfähigkeit noch relativ gut bewertet werden. Anders als im Bund oder in anderen Bundesländern meint hier mit 57 Prozent außerdem eine Mehrheit, dass Hamburg "die vielen Flüchtlinge verkraften kann".
Dabei gelingt es der AfD weit weniger gut als anderswo, sich beim Thema "Flüchtlinge und Asyl" zu profilieren. Das Ansehen der AfD ist extrem schlecht (minus 3,9) und 83 Prozent der Befragten meinen, dass diese Partei "nicht zu einer weltoffenen Großstadt wie Hamburg passt".
Wer wählte wen: Generation 60plus sichert SPD-Erfolg
Bei älteren Wählerinnen und Wähler erzielt die SPD starke 44 Prozent, hat hier aber auch ihre größten Verluste (minus elf Prozentpunkte). Die Grünen verlieren besonders bei den unter 30-Jährigen (minus elf) und werden hier nur noch drittstärkste Partei hinter der Linken, die ihre Stimmenanteile bei den jüngsten Wählerinnen und Wähler nahezu verdoppeln kann (26 Prozent, plus zwölf), und der SPD (26 Prozent, minus eins).
Die CDU verbucht in der beteiligungsstarken Generation 60plus deutliche Zugewinne (26 Prozent, plus zwölf), auch die Grünen können sich hier leicht verbessern (14 Prozent, plus zwei).
Senat: Votum für rot-grüne Kontinuität
Bei wenig Bundespolitik und viel Lokalkolorit war die Bürgerschaftswahl am Ende auch ein Votum für Kontinuität im Senat: Während ein Bündnis aus SPD und CDU in Hamburg klar abgelehnt wird (gut/schlecht/egal: 31/52/15 Prozent), erzielt eine Koalition aus SPD und Grünen ein Zustimmungsniveau (gut/schlecht/egal: 58/29/11 Prozent), das bei der Bewertung von Regierungsmodellen inzwischen eine große Ausnahme ist.
Die Zahlen basieren auf einer Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen unter 1.533 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten in Hamburg in der Woche vor der Wahl (telefonisch/online) sowie auf der Befragung von 18.580 Wählerinnen und Wähler am Wahltag.