Cum-Ex-Prozess gegen Bankier Olearius eingestellt

    Früherer Warburg-Chef Olearius:Cum-Ex-Prozess gegen Bankier eingestellt

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    Der Bankier Christian Olearius gilt als einer der bekanntesten Personen im Cum-Ex-Skandal. Er stand wegen Steuerhinterziehung vor Gericht - doch nun wurde der Prozess eingestellt.

    TN: Cum-Ex-Deals ohne Konsequenzen?
    Das Cum-Ex-Strafverfahren gegen den Ex-Chef der Warburg-Bank Christian Olearius wird eingestellt. Was heißt das für die Aufarbeitung des Skandals, der den Staat Milliarden kostete?24.06.2024 | 32:41 min
    Das Cum-Ex-Strafverfahren gegen den früheren Chef der Hamburger Privatbank M.M.Warburg, Christian Olearius, am Bonner Landgericht wird eingestellt. Ein entsprechendes Urteil fällte die Vorsitzende Richterin Marion Slota-Haaf am Montag. Grund dafür ist die angeschlagene Gesundheit des 82-Jährigen.
    Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung hatten das vorzeitige Ende des im September 2023 begonnenen Verfahrens beantragt. Mit dem Einstellungsurteil bleibt die Schuldfrage unbeantwortet. Olearius meldete sich vor dem Urteil am Montag im Gericht zu Wort und beteuerte erneut seine Unschuld. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft seien hinfällig.
    Yannik Schwarz Cum-Ex-Experte beim Netzwerk Steuergerechtigkeit
    Der Staat könne mit den aktuellen Mitteln nicht gegen solche Tricks bestehen, sagt Yannik Schwarz, Experte beim Netzwerk Steuergerechtigkeit mit Blick auf den Cum-Ex-Skandal.24.06.2024 | 19:57 min

    Staatsanwaltschaft schätzte 280-Millionen-Euro-Schaden

    Mit Hilfe sogenannter Cum-Ex-Geschäfte bekamen Finanzakteure Steuern erstattet, die gar nicht gezahlt worden waren - Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Dividendenanspruch wurden in einem Verwirrspiel hin und hergeschoben. Dem Staat entstand dadurch ein zweistelliger Milliardenschaden.
    Die Hochphase dieser Geschäfte war in den Jahren 2006 bis 2011. Im Jahr 2021 wertete der Bundesgerichtshof Cum-Ex als Straftat. Die Staatsanwaltschaft hatte Olearius 15 Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung vorgeworfen, wobei ein Steuerschaden von rund 280 Millionen Euro entstanden sein soll. In zwei Fällen soll es beim Versuch geblieben sein. Eine Revision gegen das Einstellungsurteil vom Montag ist möglich, dies gilt aber als unwahrscheinlich.
    Eingang der Warburg-Bank in der Hamburger Innenstadt
    Es ist der größte Steuerskandal Deutschlands - bei Cum-Ex geht es um Milliarden. Der Skandal zeigt eindrücklich, wie wenig hierzulande gegen Finanzkriminalität unternommen wird.28.04.2024 | 4:01 min

    Vorerst keine Zahlung von 43 Millionen Euro

    Zu Cum-Ex hat es am Bonner Landgericht seit 2020 bereits acht Schuldsprüche gegeben, eine Vielzahl an Verfahren dürften in den kommenden Jahren noch folgen. Im nun eingestellten Verfahren musste sich zum ersten Mal die Spitze eines Finanzinstituts vor Gericht Cum-Ex-Vorwürfen stellen. Olearius war früher Chef der Warburg-Privatbank und später ihr Aufsichtsratsvorsitzender, inzwischen ist er nur noch Gesellschafter. Olearius bleibt vorerst erspart, an den Staat 43 Millionen Euro als damalige Taterträge zahlen zu müssen.
    Christoph Schneider aus der ZDF-Redaktion „Recht und Justiz“
    Der Strafprozess gegen den Ex-Chef der Warburg-Bank wurde eingestellt. Offen ist, was mit dessen Profiten von rund 43 Millionen Euro passiert, erklärt ZDF-Rechtsexperte Schneider.24.06.2024 | 9:03 min
    Die Staatsanwaltschaft hatte beantragt, ein sogenanntes Einziehungsverfahren überzuleiten und dadurch gewissermaßen vom Strafverfahren abzukoppeln. Das lehnte das Gericht in der vergangenen Woche aber ab und wies darauf hin, dass die Ankläger hierzu bislang nicht fertig ermittelt hätten. Dies könnte die Staatsanwaltschaft später noch tun und dann ein separates Einziehungsverfahren anstrengen.
    Hierbei ginge es ums Geld und nicht um die Schuldfrage. Olearius müsste nicht mehr vor Gericht erscheinen. Nach Auskunft seines Sprechers hat er im Jahr 2020 gemeinsam mit dem Co-Gesellschafter Max Warburg wegen Cum-Ex bereits 230 Millionen Euro an den Staat gezahlt.
    ZDF-Börsenexperte Frank Bethmann an der Börse in Frankfurt.
    Die Geschäfte im Cum-Ex-Skandal haben den Fiskus Milliarden gekostet. Wird das Geld jemals zurückgezahlt? Eine Einschätzung von ZDF-Börsenexperte Frank Bethmann.18.09.2023 | 0:59 min

    Verbindung zu Kanzler Scholz

    Olearius ist einer der bekanntesten Cum-Ex-Akteure. Sein Vorgehen schlug auch in der Politik hohe Wellen. Denn aus Tagebucheinträgen von ihm ging hervor, dass er sich 2016 und 2017 insgesamt dreimal mit dem späteren Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) getroffen hatte, als dieser noch Erster Bürgermeister von Hamburg gewesen war.
    Der genaue Inhalt der Treffen ist unklar. Fakt ist aber, dass die Finanzbehörde danach eine Steuerforderung fallen ließ und die Ansprüche nach damaliger Rechtslage verjährten. Dass ein kausaler Zusammenhang bestand zwischen den Scholz-Olearius-Treffen und der Behördenentscheidung, ist nicht erwiesen. Scholz schließt eine Einflussnahme aus, beruft sich bei der Frage nach dem genauen Inhalt der Gespräche aber auf Erinnerungslücken.
    Quelle: dpa, reuters

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