Bremen: Ausbildungsabgabe gegen Azubi-Mangel zulässig

    Gesetz gegen Azubi-Mangel:Bremen: Umstrittene Ausbildungsabgabe zulässig

    Katharina Weisgerber, Redakteurin des ZDF-Landesstudios Bremen.
    von Katharina Weisgerber, Bremen
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    Ein bundesweit einmaliges Gesetz soll in Bremen dafür sorgen, dass mehr junge Menschen einen Ausbildungsplatz bekommen. Dagegen hatten fünf Kammern geklagt. Ohne Erfolg.

    Eine Auszubildende in einer Metallwerkschaft beim Schweißen.
    Jeder Betrieb mit über fünf Mitarbeitern soll 0,3 Prozent seiner Bruttolohnsumme in einen Fonds einzahlen. Jeder Betrieb, der ausbildet, bekommt pro Azubi 2.500 Euro zurück.
    Quelle: dpa

    Wer im Land Bremen Nachwuchs ausbildet, bekommt künftig Geld aus einem Fonds. Wer dies nicht tut, muss Geld einzahlen: Das ist, kurz gesagt, der Inhalt des "Ausbildungsunterstützungsfonds-Gesetzes", das ab Anfang 2025 im kleinsten Bundesland in Kraft tritt.

    Ausbildungfonds: Gerecht oder überflüssig?

    Der Widerstand seitens der Arbeitgeber war von Anfang an gewaltig: Gleich mehrere Kammern reichten im Juli 2023 gemeinsam Klage in Form eines Normenkontrollantrags vor dem Bremer Staatsgerichtshof ein. "Als einziges Bundesland ein Landesgesetz zur Einführung einer Ausbildungsabgabe zu beschließen, ist inhaltlich falsch, in der Umsetzung bürokratisch und rechtlich unseres Erachtens nicht haltbar", so Handelskammer-Präses Eduard Dubbers-Albrecht.
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    Dieses Gesetz ist bundesweit einmalig und soll mehr Jugendlichen zu einem Ausbildungsplatz verhelfen. Die Idee dahinter: ein Solidarprinzip: "Wir wollen damit auch den Ausbildungsbetrieben helfen", so Bremens Arbeitssenatorin Claudia Schilling (SPD).

    Der Fonds setzt dort an, wo Betriebe, insbesondere kleinere, alleine nicht weiterkommen.

    Claudia Schilling, Arbeitssenatorin in Bremen

    Arbeitnehmerkammer und DGB in Bremen unterstützen das Gesetz. "Alle Betriebe brauchen Fachkräfte und deswegen müssen sich auch alle an den Kosten der Ausbildung dieser Fachkräfte beteiligen", sagt Antalia Westkämper, Jugendbildungsreferentin des DGB.

    Der Ausbildungsunterstützungsfonds löst genau diese Ungleichheit auf. Er ist ein Vorbild für das gesamte Bundesgebiet.

    Antalia Westkämper, DGB

    Bremer Gesetz soll Ausbilden belohnen

    Jeder Betrieb mit mehr als fünf Mitarbeitern soll 0,3 Prozent seiner Bruttolohnsumme in den Fonds einzahlen - insgesamt sollen so pro Jahr rund 39 Millionen Euro zusammenkommen. Jeder Betrieb, der ausbildet, bekommt pro Auszubildendem 2.500 Euro zurück. Je mehr Auszubildende ein Betrieb hat, desto größer ist dann auch der Anspruch auf finanzielle Unterstützung durch den Ausbildungsfonds.
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    Pro und Contra der Entscheidung

    "Schön, dass wir jetzt Klarheit haben", freut sich Arbeitssenatorin Claudia Schilling über die Entscheidung des Staatsgerichtshofs. "In einigen Branchen sehen wir schon jetzt, was es für Folgen hat, wenn gut ausgebildete Fachkräfte fehlen." Die Bremer Handelskammer zeigt sich hingegen enttäuscht: "Wir sehen weiterhin, unabhängig von der juristischen Frage es so, dass dieses Gesetz sachlich nichts bringt, keine neuen Ausbildungsplätze. Es bringt mehr Belastung und Bürokratie", so Geschäftsführer Matthias Fonger.
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    Für Martin Rugen, Geschäftsführer des Bremer Stahlbauunternehmens Unbescheiden mit 25 Mitarbeitern, ist klar:

    Bezahlen wird es der Kunde. Die Firmen können es ja nicht selber auffangen, diese Mehrausgaben. Das Produkt wird teurer. Das ist Quatsch.

    Martin Rugen, Unternehmer

    Katharina Weisgerber ist Redakteurin im ZDF-Landesstudio Bremen.

    Wenn ein Normenkontrollantrag beim Staatsgerichtshof eingereicht wird, überprüft das Gericht, ob das betreffende Gesetz der Bremer Landesverfassung entspricht. Die Bremische Bürgerschaft, das Landesparlament, darf nämlich keine Gesetze erlassen, die gegen die Landesverfassung verstoßen. Diese wären dann ungültig.

    Eine Bremer Besonderheit ist, dass die Kammern überhaupt einen solchen Antrag stellen dürfen. Im kleinsten Bundesland dürfen sich neben den Staatsorganen auch öffentlich-rechtliche Körperschaften wie die Kammern an den Gerichtshof wenden, wenn sie einen Bezug zum Gesetz haben.

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