Industrie-Debatte bei "Lanz":Ampel-Koalition in "ihrer schwersten Krise"
von Felix Rappsilber
|
Für Journalistin Dunz sind die Tage der Ampel gezählt. FDP-Mann Faber findet zwei Gipfel besser als keinen - und Auto-Wirtschaftsexperte Bratzel sieht 200.000 Jobs gefährdet.
Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 29. Oktober 2024 in voller Länge.29.10.2024 | 74:19 min
VW plant, mindestens drei deutsche Werke zu schließen. Unterdessen demonstrieren die Protagonisten der Ampel-Koalition ihre Uneinigkeit: Der Bundeskanzler lud zum Industriegipfel, der Bundesfinanzminister zum Wirtschaftsgipfel. Journalistin Kristina Dunz kommentierte das am Dienstagabend bei "Markus Lanz" so:
Nicht nur für Volkswagen sei "Gefahr im Verzuge", sondern auch für die Ampel-Koalition, die sich in "ihrer schwersten Krise" befinde. Ob die Ampel die sich derart zuspitzende Wirtschaftskrise überstehe, wisse man nicht.
Die getrennt voneinander stattfindenden Wirtschaftsgipfel von Kanzler Scholz (SPD) und Finanzminister Lindner (FDP) werfen ein Schlaglicht auf die Brüche in der Ampelkoalition.29.10.2024 | 3:25 min
Journalistin: Großes Drama, wie Regierung nicht-kommuniziert
Vor zwei Wochen seien Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von Scholz' Ankündigung des Industriegipfels überrascht worden - während der Regierungserklärung. Habeck schlug daraufhin einen Deutschlandfonds vor, um Investitionen deutscher Unternehmen zu unterstützen - ohne den Bundeskanzler vorab zu informieren. Lindner lud kurzerhand zu einem eigenen Wirtschaftsgipfel.
Angesichts des "Gegengipfels" des Finanzministers sei Olaf Scholz auf seiner Indien-Reise gefragt worden, ob die Bundesregierung Weihnachten noch gemeinsam feiere. Dunz, die die Reise journalistisch begleitete, erinnerte sich: "Die normale Antwort wäre gewesen: 'Ja klar, wir feiern noch gemeinsam.' Er hat aber gesagt: 'Gefeiert wird in jedem Fall.'"
Das sei für diesen Bundeskanzler wirklich "etwas Neues", weil er bisher versucht habe, die Koalition zusammenzuhalten. "Die Fliehkräfte sind einfach da", sagte Dunz. Mit Blick auf Lindners Terminansetzung brachte die stellvertretende Chefredakteurin des "Redaktionsnetzwerk Deutschland" ihren Eindruck an anderer Stelle gar so auf den Punkt:
Der Streit innerhalb der Ampel hört nicht auf. SPD, Grüne und FDP haben sich erneut gegenseitige Vorhaltungen gemacht. Hintergrund: Am Dienstag veranstalten der Kanzler sowie die FDP ein Wirtschaftstreffen.28.10.2024 | 2:36 min
FDP-Mann: Zwei Gipfel sind besser als keiner
Es schien, als wollte FDP-Politiker Marcus Faber die Kritik an der Koalition kleinreden:
Faber sagte: "Es geht nicht darum, wer hier wem eine Nachricht schreibt (...). Es geht darum, ob bei VW Werke offen bleiben, ob Menschen Arbeit haben, ob Löhne gekürzt werden oder nicht." Der Fortbestand der Ampel hänge letztlich von den "Entscheidungen der nächsten zwei Monate" ab:
Faber gab sich abgeklärt: "Wenn der Haushalt für 2025 in 2024 verabschiedet wird, dann bin ich zufrieden. (...) Wir müssen auch im Bereich Wirtschaftswende und im Bereich Industriestandort Deutschland etwas tun."
Am Unternehmertag in Wiesbaden kritisierten führende Unternehmenslenker die Wirtschaftspolitik der Ampel scharf. Die Forderung: Mehr handeln, weniger Sitzungen. 29.10.2024 | 2:32 min
Bratzel: 200.000 Jobs bedroht
Stefan Bratzel, Professor des Forschungsinstituts "Center of Automotive Management", verdeutlichte den Ernst der Lage: "Wir reden (...) in den nächsten Jahren über mindestens 200.000 Jobs, die zur Disposition stehen in Deutschland, im industriellen Bereich der Hersteller- und Zulieferindustrie." Bratzel warnte:
Insofern hinterlasse die Uneinigkeit, von der man aus Regierungskreisen höre, einen "negativen Eindruck".
Alle Regierungspartner hätten zwar erkannt, "dass wir wirtschaftliche Probleme haben", aber über die Lösung sei man sich relativ uneins. Bratzel kritisierte: "Das ist natürlich ein Querschläger zu den Problemen, die wir im Moment in der Autoindustrie, insbesondere bei Volkswagen, haben." Die Existenz der Automobilindustrie, der Erfolg der wichtigsten Branche in Deutschland, stehe auf dem Spiel. Bratzel appellierte an die Parteien, "Ernsthaftigkeit in jeglicher Form zu zeigen".
Volkswagen will nach Angaben des Betriebsrats in Deutschland mehrere Werke schließen und zehntausende Arbeitsplätze abbauen. "Die Leute haben Angst, Angst um ihre Existenz", so ZDF-Reporter Oliver Deuker.29.10.2024 | 3:50 min