Bauern fordern Bürokratieabbau bei Tagung der Agrarminister
Herbsttagung der Agrarminister:Bauern fordern Bürokratieabbau
von Annette Pöschel
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Landwirte ächzen unter der Last von Auflagen und Dokumentationspflichten. In Oberhof, bei der Tagung der Agrarminister von Bund und Ländern, machen sie ihrem Unmut wieder Luft.
Immer häufiger müssen Landwirte Büroarbeiten erledigen. Nun beraten die Agrarminister in Thüringen, wie man die Bürokratie ausdünnen könnte.13.09.2024 | 1:33 min
Vor dem Panoramahotel in Oberhof hat der Thüringer Bauernverband eine Straße der Bürokratie aufgebaut. Auf einer Länge von etwa 50 Metern stecken Aktenordner in Heuballen.
Dazu fein säuberlich aneinander gereiht bunte Schilder mit Forderungen und Sorgen der Landwirte: "Gefangen im Bürokratie- und Gesetzesdschungel" steht da etwa. Oder "Gewässerschutz vereinheitlichen!" Oder "Klare Gliederung der Agrarförderung".
Die Forderungen der Landwirte an die Agrarminister von Bund und Ländern
Quelle: ZDF
Stetig mehr Dokumentationspflichten und Auflagen
Udo Große ist seit 38 Jahren in der Landwirtschaft. Der studierte Agraringenieur erzählt, dass in den vergangenen Jahrzehnten die Last der Auflagen und Dokumentationen kontinuierlich zugenommen habe.
Zum Beispiel hätten die Behörden früher stichprobenartig kontrolliert, ob die Betriebe alle Vorschriften einhalten, nun läge die Beweislast bei den Bauern.
Bauern stehen unter enormem Veränderungsdruck. Zum Kampf ums wirtschaftliche Überleben kommen immer höheren Naturschutzauflagen.23.08.2024 | 45:01 min
Also per App hochladen - und das würde oft nicht richtig funktionieren. Die Arbeit sei das eine, sagt Udo Große. "Aber wir empfinden das als mangelndes Vertrauen. Und das schmerzt besonders."
Stilllegung von Flächen wegen zu hohem Aufwand
Ähnlich geht es Lars Fliege. Er leitet eine der großen Agrargenossenschaften in Thüringen. Beim Besuch in der Geschäftsleitung in Pfiffelbach sagt er:
Am Computer ruft er eine Karte mit Ackerflächen auf. In der Legende daneben klickt er die einzelnen Verordnungen an, die mit unterschiedlichen Farben zeigen, wo gedüngt oder welcher Pflanzenschutz ausgebracht werden darf. Oder wo es verboten ist. Welche Hangneigung zu beachten ist. Oder wo begrünt werden muss.
Nur wenige Forderungen der Landwirte wurden seit dem Frühjahr umgesetzt.
Quelle: ZDF
Am Ende ergibt das ein buntes Bild, mit vielen Linien, Rechtecken, schraffierten Flecken - alles unterschiedliche Regeln. "Wie soll man hier noch klar kommen?", fragt er. "Das ist unmöglich, in der Praxis draußen keine Fehler zu machen."
Besonders komplizierte Ackerflecken bewirtschaftet er dann sicherheitshalber nicht. Das bedeutet: Ertragsverlust.
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Kontrolle in Landwirtschaft ja - aber wie?
Da Landwirte nicht im Privaten agieren sondern im öffentlichen Raum, muss vieles kontrolliert werden, erklärt Holger Thiele, Professor für Agrarökonomie an der FH Kiel. Dabei ginge es aber um das Wie. Sein Rat:
Und dort, wo Daten eingegeben werden müssen, "bitte nicht zehnmal, sondern einmal. Und dann müssen sie von den verschiedenen Institutionen der Länderbehörden oder Bundesbehörden jeweils abgegriffen werden."
Bauernproteste im Frühjahr: Nur wenig Entlastung bisher
Nach der Agrarministerkonferenz im Frühjahr hatten die Länder in Abstimmung mit den Bauernverbänden 194 Forderungen an das Bundeslandwirtschaftsministerium geschickt. Das hat zur derzeit tagenden Herbstkonferenz einen "Arbeitsfortschritt" veröffentlicht - 35 Punkten, die bereits umgesetzt oder in Bearbeitung sind.
Demnach werden zum Beispiel kleine Betriebe bis zehn Hektar bei Kontrollen und Sanktionen entlastet. Dagegen erklärt der Thüringer Bauernverband in seiner gestrigen Pressemitteilung: "Forderungen der Landwirte ungehört".
Nach den massiven Protesten der Landwirte wurden ihnen Steuererleichterungen versprochen. Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir hat diese auf dem Deutschen Bauerntag verteidigt. Vielen Bauern gehen die Maßnahmen nicht weit genug. 27.06.2024 | 2:27 min
Karawanskij: Bürokratieabbau als "Dauerbrenner"
Laut Thüringens Landwirtschaftsministerin Susanna Karawanskij (DIE LINKE) gibt es in der Tat noch viel zu tun, aber das Thema Bürokratieabbau sei in der Politik angekommen - und zwar als "Dauerbrenner":
Landwirt Große glaubt das durchaus. Allerdings ist er skeptisch, dass es zeitnah für ihn "fassbare Ergebnisse" geben wird. Er findet den Entscheidungsprozess zwischen Bund und Ländern zu langwierig. Seiner Meinung nach geht Einfach anders.
Annette Pöschel ist Korrespondentin im ZDF-Landesstudio Thüringen.