AfD-"Abschiebetickets": Kein Verfahren wegen Volksverhetzung

    "Abschiebetickets" verteilt:AfD-Aktion: Kein Verfahren wegen Volksverhetzung

    Houben Luisa
    von Luisa Houben
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    Die AfD warb im Bundestagswahlkampf für ihre Asylpolitik mit Flyern, die "Abschiebetickets" genannt wurden. Jetzt ist klar: Dazu wird es kein Verfahren wegen Volksverhetzung geben.

    AfD-Parteilogo beim Landesparteitag - 2024
    Im Bundestagswahlkampf wurden AfD-Flyer verteilt, auf denen unter anderem "Abschiebeticket" stand.
    Quelle: dpa

    Ein Flyer, der auf der einen Seite mit Asylreform-Forderungen der AfD bedruckt ist und auf der anderen mit dem Design eines Flugtickets. Der Titel: "Abschiebeticket". Das Ziel: Sicheres Herkunftsland. Das Abflugdatum: Der Tag der Bundestagswahl.
    Im Wahlkampf wurden diese Flyer in der Heidelberger Innenstadt an Passanten verteilt. In Karlsruhe fanden sie Menschen mit Migrationshintergrund in ihren Briefkästen.
    AfD, Abschiebeflyer
    AfD-Abschiebeticket

    Vorderseite des AfD-"Abschiebetickets"

    Im Bundestagswahlkampf erregte die AfD mit einer umstrittenen Aktion für Aufsehen, bei der "Abschiebetickets" verteilt wurden.

    Quelle: AfD Karlsruhe


    "Eine schamlose und menschenverachtende Aktion", kritisiert Zoe Mayers, Bundestagsabgeordnete der Grünen aus Karlsruhe. Der Linken-Politiker Marcel Bauer spricht von "Volksverhetzung". Er habe die AfD kurz nach dem Auftauchen der ersten Tickets im Januar angezeigt. Eine von 17 Strafanzeigen, die bei der Staatsanwaltschaft Karlsruhe eingingen.
    SGS Zimmermann
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    AfD-"Abschiebetickets": Kein Verfahren wegen Volksverhetzung

    Diese Woche, rund drei Monate später, teilen die Staatsanwaltschaften in Heidelberg und Karlsruhe mit: Sie werden keine Ermittlungsverfahren einleiten. Es läge kein hinreichender Tatverdacht auf Volksverhetzung vor.
    Geprüft hatten die Ermittler vor allem, ob die Abschiebetickets eine strafbare Volksverhetzung gemäß Paragraf 130 Strafgesetzbuch darstellen. Die entscheidende Frage hier: Wurde mit den Tickets gegen einen Teil der Bevölkerung zum Hass aufgestachelt oder die Menschenwürde angegriffen?

    Meinungsfreiheit im Wahlkampf besonders geschützt

    Dafür sahen die Staatsanwaltschaften keine ausreichenden Anhaltspunkte. Sie verwiesen auf die Meinungsfreiheit, die vor allem zu Wahlkampfzeiten - als die Tickets verteilt wurden - einen besonderen Stellenwert hat.
    Logo der Fraktion der AfD auf Glasscheibe im Bundestag
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    "Nicht jede Geschmacklosigkeit ist auch strafbar," erklärt Daniel Heymann aus der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.

    Die Meinungsfreiheit ist ein sehr weites Recht und im Wahlkampf wiegt sie nochmal schwerer - auch überspitzte und polemische Äußerungen sind dadurch im Zweifel geschützt.

    Daniel Heymann, ZDF-Redaktion Recht und Justiz

    Kritik von Linken und Grünen - Jubel bei der AfD

    "Menschenfeindlichkeit darf nicht als Meinungsschutz getarnt werden", sagt Sahra Mirow, Landessprecherin der Linken in Baden-Württemberg gegenüber ZDFheute. Die Entscheidung der Staatsanwaltschaften hält sie für "höchst bedauerlich". Diese Aktion der AfD habe die Aufgabe gehabt, Menschengruppen einzuschüchtern und auszuschließen
    Grünen-Politikerin Zoe Mayers teilt mit, sie fände es "schwer nachvollziehbar", dass nicht wegen Volksverhetzung ermittelt werde:

    Menschen dürfen niemals zum reinen Spielball politischer Kampagnen werden

    Zoe Mayers, Grünen-Politikerin

    Wahlkampfveranstaltung mit der AfD Bundesfraktionschefin Alice Weidel und Gegendemo vor dem Hans-Sachs-Haus in Gelsenkirchen
    Gelsenkirchen im Ruhrgebiet ist traditionell eine rote SPD-Bastion. Bei der Bundestagswahl gingen nun erstmals die meisten Zweitstimmen an die AfD - ein Ortsbesuch.04.03.2025 | 8:45 min
    Für die AfD in Karlsruhe ist es ein Triumph. "Ich habe nichts anderes erwartet", sagt Oliver Schnell gegenüber ZDFheute. Er vertritt die AfD im Karlsruher Gemeinderat. Auf der Rückseite des Flyers seien verfassungskonforme Forderungen gelistet gewesen.
    In Baden-Württemberg wird die AfD seit 2022 vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall beobachtet.

    Verstoß gegen das Landespressegesetz?

    Trotzdem beschäftigen die Abschiebetickets noch die Behörden. Laut Staatsanwaltschaft Karlsruhe könnten die Tickets nämlich gegen das Landespressegesetz verstoßen, weil sie kein vollständiges Impressum enthalten. Sollte die zuständige Verwaltungsbehörde zu diesem Ergebnis kommen, wäre das eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis zu 5.000 Euro geahndet werden kann.

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