Bündnis Sahra Wagenknecht: Wenig Programm, viel Perspektive

    Wagenknecht gründet Partei :BSW: Wenig Programm und viel Perspektive

    von Dorthe Ferber
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    Eine Phalanx aus Kameraleuten und Fotografen, dann satte zwei Stunden Pressekonferenz: Die neue Partei "Bündnis Sahra Wagenknecht" erregt großes Interesse am Gründungstag.

    Sahra Wagenknecht vor der Bundespressekonferenz; im Hintergrund Mohamed Ali und Leye.
    Die Ex-Linken-Politikerin hat heute offiziell das "Bündnis Sahra Wagenknecht" gegründet. Auch Politik-Neulinge sind dabei. Das BSW tritt bereits zur Europawahl im Juni an. 08.01.2024 | 1:43 min
    Im knallroten Kostüm zeigt sich die frisch gewählte Parteivorsitzende Sahra Wagenknecht selbstsicher vor der Hauptstadtpresse: BSW sei eine Gründung, die das deutsche Parteiensystem ändern solle. Neben ihr auf dem Podium sitzen ihre neue Co-Vorsitzende Amira Mohamed Ali, Stellvertreter, Generalsekretär und die Spitzenkandidaten zur Europawahl.
    Sechs Leute, die mit großen Worten nicht sparen: Man strebe an, mittelfristig Volkspartei zu werden, betont Fabio de Masi, einer der beiden Europa-Spitzenkandidaten.

    Programmatisch bleibt man vorerst vage

    Die Wahl am 6. Juni soll die erste sein, bei der die neue Partei antritt. Neben dem ehemaligen Linken-Abgeordneten de Masi ist Thomas Geisel weiterer Spitzenkandidat. Der Mann war früher Oberbürgermeister von Düsseldorf, hat die SPD soeben nach vierzig Jahren Mitgliedschaft verlassen und begründet seinen Wechsel zur BSW mit deren "Wirtschaftspolitik mit Vernunft".  
    ZDF-Hauptstadtkorrespondentin Andrea Maurer bei ZDFheute live
    Mit ihrer neuen Partei will Wagenknecht eine links-konservative Repräsentationslücke schließen, erklärt Hauptstadtkorrespondentin Andrea Maurer. 08.01.2024 | 6:52 min
    Programmatisch allerdings bleibt die BSW-Spitze am ersten Tag vage: Man orientiere sich am Gründungsappell. Der ist gerade mal vier Seiten lang und trägt Überschriften wie "Wirtschaftliche Vernunft", "Soziale Gerechtigkeit", "Frieden" und "Freiheit". Ein Parteiprogramm solle erst bis zur Bundestagswahl mit sogenannten Expertenräten ausgearbeitet werden.

    BSW braucht langfristig mehr als ihren Star Sahra Wagenknecht

    Meinungsforscher geben der neuen Partei großes Potenzial, öfter werden ihr aus dem Stand zweistellige Ergebnisse bei den Wahlen in diesem Jahr prognostiziert. Dem gegenüber stehen bescheidene Mittel: BSW geht mit 44 Gründungsmitgliedern und 1,4 Millionen Startkapital ins Rennen.
    Sahra Wagenknecht mit rotem Blazer im Bundestag
    Die Pressekonferenz zur Parteigründung in ganzer Länge.08.01.2024 | 132:49 min
    Wenn die Partei bundesweit erfolgreich sein will, braucht sie allerdings eine solide Organisation jenseits ihres Stars Sahra Wagenknecht: Menschen, die sich in Landesverbänden engagieren, sich gemeinsam auf Statuten und Programme einigen. An dieser Hürde war Wagenknecht mit ihrer Bewegung "Aufstehen" vor fast fünf Jahren schon einmal gescheitert.

    Kontrolliertes Wachstum und Listen mit "kompetenten Menschen"

    Jetzt will BSW in einem ersten Schritt 450 neue Parteimitglieder aufnehmen. Weitere Interessenten könnten sich zunächst als Unterstützer registrieren lassen. Man wolle kontrolliertes Wachstum, betont Wagenknecht, und nicht die Falschen aufnehmen.
    Sahra Wagenknecht
    Sahra Wagenknecht und neun weitere Abgeordnete wollen eine neue Gruppe im Bundestag bilden. 12.12.2023 | 0:46 min
    Einen direkten Wechsel von der AfD zur BSW werde es nicht geben. Für die drei ostdeutschen Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg in diesem Herbst zeigt sich Wagenknecht zuversichtlich: Die Partei werde es schaffen, Listen mit lauter kompetenten Menschen aufzustellen. Schließlich sei ja auch eine Regierungsbeteiligung in den Ländern nicht ausgeschlossen.
    Derzeit ist allerdings Wagenknecht die einzige Ostdeutsche im Spitzenteam, und die BSW-Namensgeberin selbst will bei keiner Wahl in diesem Jahr antreten: Sie sehe ihren Platz im Bundestag, dort müsse BSW zunächst konsolidiert werden. Nach der Bundestagswahl könne der Name "Bündnis Sahra Wagenknecht" dann in einen von ihrer Person unabhängigen geändert werden – die Partei solle es schließlich auch in dreißig Jahren noch geben.
    Die Grafik zeigt Abspaltungen und Fusionen linker Parteien in Deutschland. 2004 gründeten Ex-SPD-Mitglieder und Gewerkschafter die WASG, die sich mit der PDS zur Linken zusammenschloss. 2023 spaltete sich das Bündnis Sahra Wagenknecht von der Linken ab.

    Wagenknecht attestiert Regierung "Unfähigkeit und Arroganz"

    Ihre neue Partei ordnet der einstige Linken-Star Wagenknecht nicht klar als links ein. Labels wie rechts oder links werde man nicht nutzen, viele Menschen könnten damit nichts mehr anfangen.
    So sei es absurd, dass linke Parteien inzwischen für Waffenlieferungen stritten. Die lehnt BSW ab, genauso wie die aktuelle Asylpolitik. Für die Regierungspolitik wählt Wagenknecht abfällige Worte, spricht von "Gerede" und "Kauderwelsch" und attestiert der Regierung "Unfähigkeit und Arroganz".
    Heftig seien auch die Reaktionen auf seine BSW-Kandidatur gewesen, berichtet Europa-Spitzenmann de Masi - was für ihn nur zeige: Die neue Partei mache die Mitbewerber nervös.
    Dorthe Ferber ist Korrespondentin im ZDF-Hauptstadtstudio.

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