Afghanistan: UN kürzen Hilfe für Hungernde

    Welternährungsprogramm:Afghanistan: UN kürzen Hilfe für Hungernde

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    Das Welternährungsprogramm kann Millionen Menschen in Afghanistan nicht mehr ernähren. Wegen fehlender Mittel können weitere zwei Millionen Hungernde nicht mehr versorgt werden.

    Afghanistan: Menschen erhalten Essensrationen in Kabul
    Afghanistan: Menschen erhalten Essensrationen in Kabul
    Quelle: epa

    Wegen fehlender Finanzmittel kann das Welternährungsprogramm (WFP) in Afghanistan Millionen von Menschen nicht mehr versorgen. Im September müsse die Lebensmittelhilfe für weitere zwei Millionen Afghaninnen und Afghanen eingestellt werden, erklärte die UN-Organisation am Dienstag in Kabul.
    Bereits im April und Mai wurde demnach die Lebensmittelhilfe für acht Millionen Menschen gestoppt. Wegen der massiven Finanzierungsengpässe könnten in den kommenden Monaten lediglich drei Millionen Afghaninnen und Afghanen unterstützt werden, obwohl fast 23 Millionen zu wenig zu essen haben.

    Auch Deutschland hat sehr geringe Zusagen für 2023 abgegeben

    Deutschland war in den vergangenen Jahren der zweitgrößte Geber für die humanitäre Hilfe in Afghanistan nach den USA. Allerdings ist für die Nothilfe für dieses Jahr laut WFP ein Beitrag von lediglich fünf Millionen Euro bestätigt. Das für die Finanzierung der humanitären Hilfe zuständige Auswärtige Amt ließ eine Bitte um Stellungnahme unbeantwortet. 2022 beteiligte sich Deutschland nach WFP-Angaben mit 122 Millionen Euro an der Afghanistan-Nothilfe, 2021 mit knapp 98 Millionen.
    In Afghanistan herrscht eine der größten humanitären Krisen weltweit. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung hat nach UN-Angaben nicht genug zu essen. Insgesamt zehn Millionen Menschen sind seit Beginn des Jahres aus der Versorgung durch das Welternährungsprogramm gefallen. Die Organisation braucht nach eigenen Angaben eine Milliarde US-Dollar (etwa 927 Millionen Euro) für die kommenden sechs Monate, um wie geplant 21 Millionen Afghaninnen und Afghanen zu unterstützen.

    Hilfswerk Save the Children
    :NGO: Kinderarmut in Afghanistan nimmt zu

    Viele Kinder in Afghanistan leiden laut der Hilfsorganisation Save the Children unter Hunger und Armut. Auch Kinderarbeit habe zugenommen - oft unter gefährlichen Bedingungen.
    Mehrere Kinder stehen vor dem Gebäude einer Ziegelfabrik

    Verschärfung der Lage droht mit dem Winter

    Die Mitarbeitenden seien gezwungen, zwischen den Hungernden und den Verhungernden zu wählen, sagte die WFP-Landesdirektorin für Afghanistan, Hsiao-Wei Lee. Noch sei es möglich, eine Katastrophe abzuwenden, sagte Lee.

    Aber die Zeit läuft uns davon.

    Hsiao-Wei Lee, WFP-Landesdirektorin

    Mit dem anstehenden Winter droht eine Verschärfung der Not. Auch in anderen Ländern musste das WFP wegen ausbleibender Gelder Hilfsprogramme reduzieren.
    Ein Sprecher des Entwicklungsministeriums (BMZ), die Kürzungen machten auf erschreckende Weise deutlich, wie wichtig es sei, den Kreislauf der rein humanitären Hilfe zu durchbrechen und die Grundversorgung sowie die Widerstandsfähigkeit der afghanischen Bevölkerung langfristig zu stärken. Das BMZ habe seit Herbst 2021 insgesamt 371 Millionen Euro zur Verbesserung der Lebensgrundlage der Menschen in Afghanistan zur Verfügung gestellt.
    Menschen bei Nahrungsmittelausgabe
    Zwei Jahre regieren die islamistischen Taliban wieder in Afghanistan. Katrin Eigendorf ist vor Ort der Frage nachgegangen: Wie kann internationale Hilfe die Menschen erreichen?09.08.2023 | 2:28 min

    UN geben Finanzspritze für Nothilfe weltweit

    UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths hat 125 Millionen US-Dollar (116 Millionen Euro) als Finanzspritze für unterfinanzierte humanitäre Maßnahmen weltweit freigegeben. Damit erhöht sich die Unterstützung aus dem Zentralen Nothilfefonds der Vereinten Nationen auf mehr als 270 Millionen Dollar in diesem Jahr. Dies sei der größte je bereitgestellte Betrag und unterstreiche die Tatsache, dass die reguläre Finanzierung der Geberländer mit dem sprunghaft gestiegenen humanitären Bedarf nicht Schritt halte, teilte das zuständige Büro der Vereinten Nationen in New York und Genf mit.
    An der Spitze der 14 Empfängerländer für die aktuelle Sonderhilfe stehen Afghanistan und der Jemen mit jeweils 20 Millionen Dollar. UN-Koordinator Griffiths sagte, es sei "eine grausame Realität, dass Hilfsorganisationen bei vielen humanitären Einsätzen mit sehr wenig Mitteln über die Runden kommen müssen, und das zu einem Zeitpunkt, an dem die Bedürfnisse der Menschen sie zwingen, die Mittel aufzustocken".
    Der Zentrale Nothilfefonds (CERF) der Vereinten Nationen dient als Sondervermögen für humanitäre Notlagen, in denen rasches Handeln geboten ist und der Verlust von Menschenleben droht. Viertgrößter Geber ist Deutschland mit fast 50 Millionen Euro in diesem Jahr. Der Fonds finanziert sich aus Beiträgen von 125 Geberstaaten sowie über 30 Einzelspendern und Regionalbehörden.
    Den Gesamtbedarf für humanitäre Hilfe weltweit veranschlagen die Vereinten Nationen auf 55 Milliarden Dollar (51 Milliarden Euro) für das laufende Jahr; davon wurden nach UN-Angaben bisher weniger als 30 Prozent bereitgestellt.
    Quelle: KNA

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