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Treffen in der Schweiz:Gipfel-Botschaft: Ukraine gehört zu uns
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Zahnlos sei die Ukraine-Friedenskonferenz in der Schweiz, hieß es vorab. Doch 92 Nationen kamen, um sich gegenseitig zu vergewissern, dass sie für das Völkerrecht einstehen.
Mit jedem Termin dieser Woche wurde das Familienfoto etwas voller und internationaler, am Samstag waren es dann 92 Staaten und neun internationale Organisationen. Die halbe Welt. In ihrer Mitte Wolodymyr Selenskyj, etwas heiser von den vielen emotionalen Reden, die er tagelang gehalten hatte. Es war eine bedeutende Woche für den ukrainischen Präsidenten. Erst in Deutschland, dann beim G7-Gipfel in Italien, schließlich auf der Friedenskonferenz in der Schweiz.
In Berlin sammelte Selenskyj Aufbauhilfe ein, in Apulien Geld für Waffen und Infrastruktur, auf einem Schweizer Berg schließlich diplomatische Rückendeckung.
92 Nationen bei Friedenskonferenz in der Schweiz
Aus allen Ecken waren sie zum Bürgenstock gekommen, Staats- und Regierungschefs, Minister und Delegierte, angeflogen in Dutzenden von Regierungsmaschinen, die am Samstag auf dem Flughafen Zürich einen Parkplatz suchten. Im Minutentakt brachten Helikopter die wichtigsten Gäste auf den Bergrücken, viele andere wurden in Bussen die kurvigen Straßen bis in das spektakulär gelegene Luxusressort gebracht.
Ein ungeheurer Kraftaufwand für eine Konferenz, bei der von Anfang an klar war, dass sie ihre Bestimmung nicht würde erfüllen können. Denn eine, die entscheidende, die angreifende Kriegspartei fehlte. Einmal mehr hatte Wladimir Putin am Vortag Unfrieden gesät und Gift auch in diese Veranstaltung gespritzt. Die Ukraine könne Frieden haben, wenn sie auf die von Russland besetzten Gebiete, sowie auf einen Nato-Beitritt verzichte, schlug der Wolf im Schafspelz vor.
Kanzler Scholz sprach im ZDF-Interview von einem "putinschen Diktat", US- Vizepräsidentin Kamala Harris sagte bei der Auftaktrunde, Putin habe in Wahrheit nicht dazu aufgerufen zu verhandeln, sondern sich zu ergeben.
Russland fehlt bei Ukraine Friedenskonferenz
Russland fehlte bei dieser Konferenz. Wie Wolodymyr Selenskyj, danach gefragt, knapp erklärte: weil Moskau keinen Frieden wolle. Kanzler Scholz nannte das Treffen auf dem Bürgenstock ein "diplomatisches Pflänzchen, das wir jetzt gießen, damit es größer wird".
Am Ende müsse es eine Konferenz geben und Friedensverhandlungen, "die für die Ukraine auch funktionieren. Und dann wird es auch darauf ankommen, dass Russland dabei ist."
Schlimmer, weil anders erhofft, wog die Abwesenheit der Chinesen. Scholz hatte sich persönlich bei Präsident Xi Jinping für dessen Teilnahme eingesetzt, aber nicht mal der sogenannte Ukraine-Beauftragte der chinesischen Regierung ließ sich blicken. China ist Russlands wichtigster Verbündeter. Es liefert zwar keine Waffen, aber technische Güter, die den Russen im Krieg von großer Hilfe sind.
Ohne Druck aus China, so die allgemeine Einschätzung, wird es nicht gelingen, Russland zum Einlenken zu bewegen. Die letzte, dann wirkliche Friedenskonferenz wird wohl auch in China stattfinden müssen. So weit aber sind die Ukraine und ihre Unterstützer noch lange nicht. Immerhin, das mit Russland befreundete Saudi-Arabien war vertreten und die Türkei schickte ihren Außenminister. Beide Länder gelten als mögliche Austragungsorte für eine nächste Zusammenkunft, vielleicht noch in diesem Jahr.
Selbstvergewisserung in der Schweiz
An dem riesigen Konferenztisch auf dem Bürgenstock ging es vor allem darum, scheinbar Selbstverständliches noch einmal festzuzurren. Dass nukleare Sicherheit, Lebensmittelsicherheit und die korrekte Behandlung von Kriegsgefangenen auch in einem Krieg gelten müssen. Und so bewegend es war zu erleben, wie sich die internationale Gemeinschaft versammelt und sich von Nord nach Süd und von Ost nach West verspricht, das Völkerrecht zu beschützen, sich dagegen stemmt, die von Putin angegriffene regelbasierte Weltordnung aufzugeben, so erschütternd ist es zu sehen, dass momentan selbst die einfachsten Grundsätze einer neuen Bestätigung bedürfen.
Dieser Krieg betreffe alle, sagte Olaf Scholz bei seinem Statement, das wurde besonders deutlich an den Reden der Anwesenden aus Moldau und den baltischen Staaten, wo die Bedrohung unmittelbar ist. Aber auch in Ghana, Somalia, Ost-Timor, Katar und Palau, den Philippinen und Libyen fühlten sie sich angesprochen genug, um in die Schweiz zu kommen.
Kritiker bemängelten schon vorab, das alles werde zu keinen konkreten Ergebnissen führen und werden vermutlich Recht behalten. Andererseits, was ist die Alternative zum Reden, mit möglichst vielen, und so lange, bis sich ein Weg nach vorn auftut? Und Botschaften zu senden - an den Rest der Welt und nach Moskau. Die von der Konferenz für Frieden aus der Schweiz ist ein gigantisches Familienfoto mit Selenskyj in der Mitte. Seht her!
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