Somalia in Not: 1,7 Millionen Kinder hungern

    Humanitäre Not in Ostafrika:1,7 Millionen Kinder hungern in Somalia

    von Marcel Burkhardt
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    Naturkatastrophen und Gewalt bringen Millionen Menschen in Somalia in existenzielle Not: Circa 1,7 Millionen Kinder gelten als "akut unternährt", doch Hilfe kommt spärlich.

    Frauen warten in einer behelfsmäßigen mobilen Klinik im Binnenvertriebenenlager Kaharey am Rande von Dollow, einer Grenzstadt zwischen Somalia und Äthiopien, auf ärztliche und ernährungswissenschaftliche Untersuchungen, um ihre Kinder vor Unterernährung zu schützen, 29.01.2024
    6,9 Millionen Menschen in Somalia sind auf internationale Hilfe angewiesen.
    Quelle: epa

    In Somalia zerstört eine Katastrophe epischen Ausmaßes das Leben von Millionen Menschen. Dürren und Fluten zerstören im Wechsel Ernten, die brutale Gewalt bewaffneter Gruppen terrorisiert und vertreibt Zivilisten.

    Millionen Menschenleben in Gefahr

    6,9 Millionen Menschen sind auf internationale Hilfe angewiesen. Aber die tröpfelt nur ins Land. Abdinur Elmi, Nothilfe-Direktor der Organisation Care in Somalia, berichtet ZDFheute, dass im Land jeder fünfte Mensch hungert:

    Wir schätzen, dass 1,7 Millionen Kinder unter fünf Jahren akut unterernährt sind.

    Abdinur Elmi, Notfall-Direktor der Hilfsorganisation Care

    UN-Sprecher: 24,6 Millionen Dollar für Somalia

    Die Vereinten Nationen (UN) haben seit längerem große Probleme, die finanziellen Mittel zusammenzubringen. Ein Sprecher des Amts für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) berichtet ZDFheute auf Anfrage, dass zum 1. März gerade einmal 1,6 Prozent der für 2024 veranschlagten Hilfsgelder für Somalia eingegangen seien.
    Konkret: Verschiedene UN-Organisationen und Partner gehen in diesem Jahr von einem Bedarf von 1,59 Milliarden US-Dollar für Somalia aus. "Wir haben 24,6 Millionen Dollar", so OCHA-Sprecher Jens Laerke.

    Menschliche Not weitaus größer als Spendenbereitschaft

    OCHA-Chef Martin Griffiths bemerkte vergangenen Dezember, dass die Finanzierung humanitärer Hilfe durch die Staatengemeinschaft nicht Schritt halte mit dem Bedarf.

    Wenn wir 2024 nicht mehr Hilfe bereitstellen können, bezahlen Menschen dafür mit ihrem Leben.

    Martin Griffiths, UN-Nothilfekoordinator

    Genau das geschieht derzeit in Somalia und auch weiteren afrikanischen Staaten.




    Reporter Reza Pakravan steht in einem Geothermalgebiet, das von krustigen Ablagerungen in Rot-, Braun- und Gelbtönen durchzogen ist, an der Seite liegt ein Schwefelsee.
    Eine wilde Reise: Vom Sudan nach Somalia - 8.000 Kilometer Afrika. Die ZDFinfo Doku.12.01.2024 | 29:20 min

    Stillende Mütter und Kleinkinder besonders bedroht

    "Eine große Zahl von Somaliern - vier Millionen Menschen - haben nicht genug zu essen und keine Gewissheit über ihre nächste Mahlzeit", sagt Nothilfe-Direktor Abdinur Elmi. Die Mangelernährung durch Hunger bei stillenden Müttern und Kleinkindern sei "am schlimmsten", die Anfälligkeit für Infektionen am größten.
    Neben verschiedenen UN-Organisationen unterstützen auch internationale Hilfsorganisationen wie Care oder die Ärzte ohne Grenzen seit vielen Jahren das von bewaffneten Konflikten zerrissene Land am Horn von Afrika; etwa durch den Betrieb von Hospitälern, dem Aufbau sanitärer Infrastruktur oder mit Hilfe beim Zugang zu sauberem Trinkwasser und Lebensmitteln.

    "Spirale von Dürren und Überschwemmungen"

    Die Möglichkeiten aber sind begrenzt und sich häufende Naturkatastrophen zerstören die "Lebensgrundlagen von Millionen Menschen", berichtet Elmi:

    In schweren Dürren oder den Überschwemmungen zuletzt haben unzählige Menschen alles verloren. Sie haben nicht die Möglichkeit, sich von dicht aufeinanderfolgenden Krisen zu erholen.

    Abdinur Elmi, Notfall-Direktor der Hilfsorganisation Care

    Der Klimawandel habe in Somalia zu einer "Spirale von Dürren und Überschwemmungen" geführt, berichtet Dana Krause, Landeskoordinatorin der Ärzte ohne Grenzen.

    Terror durch Warlords und Al-Shabaab-Extremisten

    Naturkatastrophen sind nach UN-Angaben eine Hauptursache für die Notlage von Millionen Somaliern.

    Somalia ist eines jener Länder, die mit am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben, aber die Auswirkungen am stärksten zu spüren bekommen.

    Abdinur Elmi, Notfall-Direktor der Hilfsorganisation Care

    Brutale Kämpfe zwischen verschiedenen Clans, Warlords und der islamistischen Extremistengruppe Al-Shabaab geben dem Land den Rest: Im vergangenen Jahr waren bewaffnete Konflikte "der zweitgrößte Treiber für Binnenvertreibungen in Somalia", berichtet Elmi.
    Afrikanische Putschisten
    Wie Domino-Steine stürzen die Regierungen in Afrikas Sahel-Zone. Juntas putschen sich an die Macht, nutzen antifranzösische Stimmungen und versprechen eine neue Souveränität.23.11.2023 | 29:27 min

    Etwas Hoffnung für Somalia kommt aus Genf

    Etwas Hoffnung für die Menschen in Somalia kommt aber aus Genf von OCHA-Sprecher Jens Laerke mit Verweis auf 2023: Immerhin hätten internationale Geber bis Jahresende 44,5 Prozent der angefragten 2,6 Milliarden US-Dollar an Hilfsgeldern für Somalia bereitgestellt.
    Den derzeitig geringen Spendenstand für 2024 zu bewerten, hält Laerke deswegen noch für "verfrüht". Das zeigt auch der Blick auf das vergangene Jahr: Ende 2023 stieg die Spendenbereitschaft für das krisengebeutelte Land nochmal deutlich an. Allein in den letzten drei Dezemberwochen 2023 gingen nach Angaben von OCHA rund 25 Prozent der Jahresspenden ein.

    Care-Analyse
    :Welche Krisen in den Medien vergessen werden

    Die Hilfsorganisation Care untersucht jedes Jahr die Online-Berichterstattung über globale Katastrophen. Demnach wurde 2023, wie schon im Vorjahr, nur wenig über Afrika berichtet.
    von David Metzmacher
    Geflüchtete Kongolesin mit Kind auf dem Arm.

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