Ukraine unter Druck: So ist die Lage bei Pokrowsk

    Interview

    Russland rückt bei Pokrowsk vor:Experte: Lage in Ukraine "spitzt sich massiv zu"

    |

    Russland ist auf dem Vormarsch - und kann mit Nordkorea zudem einen Verbündeten präsentieren. Was kann die Ukraine dem entgegensetzen? Experte Markus Reisner ordnet die Lage ein.

    markus-reisner
    Das gesamte ZDF-Interview mit Militärexperte Markus Reisner. 31.10.2024 | 5:34 min
    Die Ukraine steht massiv unter Druck. Während Russland bei Pokrowsk die erste Verteidigungslinie durchbrochen hat, braucht die Ukraine dringend neue Soldaten. Aber kann Präsident Wolodymyr Selenskyj - wie angekündigt - 160.000 zusätzliche Soldaten mobilisieren? Und was bringt die Unterstützung aus Nordkorea der russischen Seite?
    Im ZDF Morgenmagazin hat Militärexperte Markus Reisner die aktuelle Lage im Ukraine-Krieg analysiert. Sehen Sie das Interview im Video - oder lesen Sie wichtige Auszüge hier. Das sagt Reisner ...

    ... zur Lage an der Front um Pokrowsk

    Die Ukraine habe über die letzten Jahre drei Verteidigungslinien angelegt. "In diesen Verteidigungslinien wird gekämpft", sagt Reisner. "Die erste Linie wurde bereits durchbrochen. Die Russen stehen in der zweiten Linie und versuchen quasi in die dritte Linie vorzustoßen."
    Titelbild zur Bilderserie, wie die russische Front aufgestellt ist.
    Die Infografik zeigt den ersten Teil der Verteidigungsanlage der russichen Armee. Auf den ersten Kilometern befinden sich Beobachtungsposten, dahinter liegen Minenfelder, um das Vorrücken der ukrainischen Armee zu verlangsamen. Zusätzlich bilden Drachenzähen ein Hindernis.
    Die Infografik zeigt den Verlauf der russischen Front. Die Hauptverteidigungslinie ist noch massiver ausgebaut, vor allem mit breiteren und tieferen Panzergräben.

    Beispiel für einen Frontverlauf

    Wie kann man sich einen Frontverlauf im Ukraine-Krieg vorstellen? Die russische Armee schützt sich mit einer kilometerweiten Anlage, um gegen die Ukraine vorzurücken.

    Quelle: ZDF


    Pokrowsk habe dabei als "Festung der dritten Linie" eine besondere Bedeutung: Wenn die russische Armee hier durchbreche, sei dahinter "das offene Land bis zum Dnjepr". Die Situation spitze sich momentan "massiv zu", sagt Reisner - der es für möglich hält, "dass auch dieser Raum von den Ukrainern aufgegeben werden muss".
    Karte: Ukraine, mit Frontverlauf und Pokrowsk (Stand: 31.10.2024)
    Der Frontverlauf in der Ukraine Ende Oktober 2024 (Stand: 31.10.2024).
    Quelle: ZDF

    Ob die Ukraine Pokrowsk halten könne, hänge nun vor allem von der Kräfteverfügbarkeit ab. "Die Ukraine braucht dringend operative Reserven", sagt Reisner, "um immer wieder an den Brennpunkten der Front diese Kräfte einsetzen zu können." Aktuell sei das für Kiew eine große Herausforderung.

    Oberst Markus Reisner im Gespräch mit Moderatorin Victoria Reichelt bei ZDFheute live.
    Quelle: ZDF

    ... Jahrgang 1978, ist Militäranalytiker, Historiker und selbst aktiver Soldat beim österreichischen Bundesheer. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges analysiert Reisner die Lage in der Ukraine und leitet seit September die Forschungs- und Entwicklungsabteilung an der Theresianischen Militärakademie in Wien. (Quelle: Kral-Verlag)

    Dara-Hassanzadeh
    Russische Truppen drängen in der Ostukraine weiter auf die Stadt Pokrowsk vor, ein strategisch wichtiger Punkt nahe der Frontlinie. "Ziel Russlands ist es, die Stadt einzukesseln", so ZDF-Reporter Dara Hassanzadeh.31.10.2024 | 2:47 min

    ... zu den Möglichkeiten der Ukraine, weitere Soldaten zu mobilisieren

    Präsident Selenskyj will 160.000 zusätzliche Männer mobilisieren. Die Realisierbarkeit hängt dabei laut Reisner von den Maßnahmen der ukrainischen Behörden ab. Er sehe jetzt schon viele Videos, in denen "Jugendliche in Autos gezogen und faktisch an die Front geschickt werden", sagt Reisner. Das zeige, dass sich immer weniger freiwillig für die Armee meldeten.
    Reisner weist auch auf ein "demografisches Missverhältnis" hin: Russland könne mit 146 Millionen Einwohnern mehr Menschen mobilisieren als die Ukraine mit schätzungsweise 30 Millionen Menschen, die noch im Land sind. Auch müssten Soldaten, die jetzt rekrutiert werden, noch ausgebildet werden. "Die Frage ist, ob das rechtzeitig kommt."
    Nazan Gökdemir im Gespräch mit Nico Lange
    Die Mobilisierung von 160.000 Soldaten helfe, die Front zu stabilisieren, so Sicherheitsexperte Nico Lange. Wichtig sei auch die "Entschlossenheit westlicher Partner".31.10.2024 | 4:22 min

    ... zur Bedeutung der nordkoreanischen Soldaten

    Reisner sieht hier vor allem eine "Symbolkraft". Russland zeige, dass es in der Lage sei, "verlässliche" Verbündete zu organisieren. Nordkorea habe nicht nur Millionen von Artilleriegranaten geliefert, sondern nun auch Soldaten, die möglicherweise bereits im Bereich Kursk eingesetzt würden. "Russland möchte zeigen, dass man die besseren Verbündeten hat im Vergleich zur Ukraine", glaubt Reisner.
    Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:

    Russland greift die Ukraine an
    :Aktuelles zum Krieg in der Ukraine

    Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.
    Auf dem Bild sieht man ukrainische Soldaten von hinten.
    Liveblog
    Quelle: ksch
    Thema

    Aktuelle Nachrichten zur Ukraine