Welt verhandelt in Kenia über Kampf gegen Plastikmüll
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170 Staaten beraten in Kenia:Welt verhandelt über Kampf gegen Plastikmüll
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Vertreter aus mehr als 170 Staaten diskutieren in Kenia über ein Abkommen zur Eindämmung des Plastikmülls. Welche Probleme thematisiert werden und was dagegen geplant ist.
Gegen Verschmutzungen durch Plastikmüll wollen 170 Vertreter von UN-Mitgliedsstaaten vorgehen.
Quelle: dpa
Ein weltweit verbindliches Abkommen könnte Plastikmüll drastisch reduzieren und somit auch die schädlichen Auswirkungen auf Umwelt und menschliche Gesundheit verringern. An diesem Montag beginnt in der kenianischen Hauptstadt Nairobi die dritte Verhandlungsrunde von Vertretern der UN-Mitgliedsstaaten, um die Einzelheiten eines solchen Abkommens festzulegen. Um welche Probleme es geht, was geplant ist und wo die Streitpunkte liegen - ein Überblick.
In Kenia wird über ein internationales Abkommen zur Eindämmung des Plastikmülls diskutiert. Ziel der UN ist es, die Umweltverschmutzung durch Plastik bis 2040 massiv einzudämmen.13.11.2023 | 0:28 min
Welche Probleme verursacht Plastikmüll?
Ob Verpackungsmaterial oder Baustoffe, Gebrauchsgegenstände oder Kosmetikzusätze: Verschiedene Kunststoffe, umgangssprachlich auch Plastik genannt, sind ein allgegenwärtiger Bestandteil des modernen Lebens, deren Herstellung sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte vervielfacht hat.
2022 wurden nach Angaben des Verbands der Kunststofferzeuger Plastics Europe weltweit 400,3 Millionen Tonnen Kunststoff produziert - doppelt so viel wie 2002. Mehr als 90 Prozent davon wurden auf Erdölbasis hergestellt, auch wenn der Anteil biobasierter und recycelter Rohstoffe gestiegen ist.
Die größte Sorge ist der Lebenszyklus des Plastiks - denn einmal hergestellt, dauert es Jahrhunderte, bis sich Plastik wieder zersetzt. Nach Angaben von Wissenschaftlern wurde von allem Plastikmüll, der zwischen 1950 und 2018 angefallen ist, 76 Prozent auf Müllkippen oder in der Umwelt entsorgt.
Schätzungen zufolge landen zwischen 4,8 und 12,7 Millionen Tonnen Plastikmüll pro Jahr in den Meeren. Dort schaden sie den Ökosystemen, ob als kleinste Teilchen - sogenanntes Mikroplastik - oder durch die Freisetzung giftiger Chemikalien. Laut einem Bericht des UN-Umweltprogramms ließe sich die weltweite Plastikverschmutzung bis 2040 um 80 Prozent verringern.
Was soll gegen Plastikverschmutzung unternommen werden?
Vertreter von mehr als 170 Staaten haben im März 2022 im Rahmen der Vereinten Nationen beschlossen, ein Abkommen über den Umgang mit Plastik anzustreben. Es soll verbindliche Maßnahmen für den gesamten Lebenszyklus von Kunststoffen festgelegten - von den Mengen, in denen einzelne Materialien hergestellt werden, über das Design von Plastikprodukten bis hin zur Entsorgung und Wiederaufbereitung von Plastikmüll.
Nach Sitzungen in Uruguay und Frankreich ist die Verhandlungsrunde in Kenia die dritte von fünf. Mitte 2025 soll ein Staatengipfel das Abkommen beschließen. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg.
Was soll im geplanten Abkommen stehen?
Unterhändler betonen, dass es nicht darum geht, Plastik zu verteufeln oder zu verbieten. Das Abkommen soll vielmehr bestimmen, ob und wie stark die Herstellung von verschiedenen Kunststoffen beschränkt wird und mit welchen Mitteln das erreicht werden soll.
Über das Abkommen soll zudem der Einsatz besonders schädlicher chemischer Bestandteile geregelt werden. Außerdem geht es um den Umgang mit Plastikmüll sowohl in den einzelnen Staaten als auch über Landesgrenzen hinweg ebenso wie die Wertstoffsammlung und Wiederverwendung. Daneben müssen Finanzierung und Mechanismen zur Rechenschaft geklärt werden.
Plastikmüll, der über deutsche Flüsse ins Meer gelangt
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Viele grundsätzliche Fragen sind noch offen, zum Beispiel, was überhaupt unter den Geltungsbereich des Abkommens fällt - denn der umgangssprachliche Begriff Plastik umfasst viele verschiedene Arten von Kunststoffen. Uneinigkeit besteht etwa in der Frage der rechtlich verbindlichen Zielvorgaben und ob und in welchem Umfang Produktion begrenzt wird. Vor allem ölreiche Staaten wollen den Fokus auf Recyclingprozesse statt auf Beschränkungen bei der Herstellung setzen.
Auch bei der Finanzierung prallen verschiedene Interessen aufeinander: Entwicklungs- und Schwellenländer erwarten, von Industriestaaten bei der Bewältigung der Kosten unterstützt zu werden. Offen ist, wie genau das aussehen kann und inwieweit die Privatwirtschaft zur Übernahme der Kosten herangezogen wird.
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Was wollen Umweltorganisationen und was will die Industrie?
Der WWF nannte die Verhandlungsrunde in Kenia entscheidend, um die Weichen für verbindliche Regeln zu stellen. Plastik-Expertin Laura Griestop vom WWF Deutschland sagte, sich auf nationale oder freiwillige Einzelmaßnahmen zu verlassen, habe "in die Sackgasse eines ungerechten Systems geführt".
Dies sei vor allem für ärmere Staaten wichtig, die einen besonders hohen Preis für die Auswirkungen des Plastikmülls zahlten. Greenpeace fordert, die Plastik-Neuproduktion bis 2040 um mindestens 75 Prozent zu reduzieren und Einwegplastik abzuschaffen.
Plastikmüll, der zu weiten Teilen in Meeren und an Küsten landet, bleibt ein weltweit großes Problem. 02.06.2023 | 2:51 min
Die Plastikhersteller wollen sich ungern in der Produktion einschränken lassen und betonen stattdessen die Rolle von Recycling. Der Interessensverband Plastics Europe fordert etwa den Ausbau von Abfallverwertungssystemen weltweit sowie verbindliche Vorgaben für den Einsatz recycelten Materials sowie für reparierbare und wiederverwertbare Produkte.
Hersteller sollten einen finanziellen Beitrag zur Abfallentsorgung leisten. Der Hauptgeschäftsführer des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) in Deutschland, Wolfgang Große Entrup, forderte:
Was sagen Wissenschaftler?
Viele Forscherinnen und Forscher erhoffen sich von dem Abkommen ein umfassendes Umdenken des globalen Umgangs mit Plastik, wie etwa aus einer Reihe von Stellungnahmen hervorgeht, die das Helmholtz-Zentrum Hereon zu den Verhandlungen über das Abkommen veröffentlichte.
Melanie Bergmann vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, plädiert etwa für eine Beschränkung der Plastikproduktion auf das unbedingt notwendige Maß sowie auf nachgewiesen harmlose Chemikalien. Zudem sollten die Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit bereits in den Preisen berücksichtigt werden.
Nachhaltig einkaufen ist knifflig, besonders bei Verpackungen. Plastikalternativen gibt es viele: Papier, Stoff, Glas, Bio-Plastik - doch was ist wirklich umweltfreundlich?