Sozialleistungen: Welche Hilfen Migranten in Europa bekommen

    Sozialleistungen:Welche Hilfen Migranten in Europa bekommen

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    Werden Asylbewerber in Deutschland besser versorgt als anderswo in Europa? Ein Vergleich ist schwierig. Einige Beispiele.

    Zwei Bewohner der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) in Freiburg gehen mit Plastiktüten über das Gelände der Einrichtung.
    Erstaufnahme in Freiburg: Welche Leistungen stehen Asylbewerbern andernorts in Europa zu?
    Quelle: dpa

    Ist Deutschland, so die umstrittene These von CDU-Chef Friedrich Merz, auch deshalb ein Magnet für irregulär einreisende Migranten, weil sie besser als anderswo in Europa versorgt werden? Tatsächlich klaffen die Leistungen für Asylbewerber in Europa deutlich auseinander - ebenso aber auch Kaufkraft, Einkommen und Lebenshaltungskosten. Es sei daher "schwierig, international vergleichbare Daten zu erheben und zu interpretieren", heißt es in einem Bericht des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags vom März. Beispiele:

    Griechenland

    • Asylbewerber erhalten monatlich 150 Euro. Die Menschen leben dann entweder in Auffanglagern oder ihre Wohn- und Heizkosten werden übernommen. Außerdem haben sie Anspruch auf medizinische Versorgung. Schwangere und Menschen mit Behinderungen werden zusätzlich finanziell unterstützt. Zum Vergleich: Der Sozialhilfesatz liegt bei 200 Euro im Monat.
    • Abgelehnte Asylbewerber müssen theoretisch bis zur Abschiebung in Auffanglagern bleiben, dort gibt es ärztliche Versorgung. Faktisch leben viele abgelehnte Asylsuchende ohne Papiere und Unterstützung in Griechenland, Anspruch auf medizinische Versorgung haben sie in diesem Fall nicht, außer ihr Leben ist bedroht.

    Ungarn

    • Wegen der restriktiven Flüchtlingspolitik zählt Ungarn für 2022 insgesamt 46 Asylanträge, von denen zehn akzeptiert wurden. 20 Menschen haben eine Art Duldung mit Recht auf Arbeit bekommen.
    • Die Statistik erfasst nicht die Tausenden Flüchtlinge aus der Ukraine, weil sie in der Regel keinen Asylantrag stellen. Es gilt eine Ausnahmeverordnung. Viele haben ein Recht auf kostenlose ärztliche Versorgung, dürfen gratis öffentliche Verkehrsmittel benutzen und bekommen Beihilfe - minimal umgerechnet 58 Euro pro Monat, weniger als der Sozialhilfesatz. Die Beihilfe kann gestrichen werden, wenn der Flüchtling angebotene Jobs ablehnt. Zusätzlich gibt es Beihilfen für Familien mit Kindern.

    Spanien

    • In den ersten sechs Monaten erhalten Asylbewerber in Gemeinschaftsunterkünften 51,60 Euro Taschengeld pro Monat, Eltern mehr. Erstattet werden zudem Ausgaben für den öffentlichen Nahverkehr, Übersetzungen oder Sprachkurse. In der Sammelunterkunft dürfen Asylbewerber 185 Euro pro Monat dazuverdienen.
    • In den weiteren sechs Monaten leben sie im Prinzip in Privatunterkünften und bekommen für die Lebenshaltung zwischen 348 und knapp 800 Euro sowie Mietbeihilfe zwischen 376 und 717 Euro - je nach Familiensituation.
    • Danach können Asylbewerber arbeiten und bekommen nur noch in seltenen Härtefällen Unterstützung, können aber wie Spanier auch Sozial- und Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen.

    Österreich

    • In Flüchtlingsunterkünften umfasst die Grundversorgung drei Mahlzeiten am Tag, 40 Euro Taschengeld pro Monat und Kleidung im Wert von 150 Euro pro Jahr. Die Menschen sind krankenversichert. In Bundesländern, in denen Privatquartiere erlaubt sind, wird ein Mietzuschuss von 165 Euro pro Monat und Person gezahlt, für Verpflegung 260 Euro.
    • Die Unterstützung erhalten auch abgelehnte Asylbewerber bis zur Ausreise. Laut Innenministerium deckt die Grundversorgung "nur elementare Grundbedürfnisse ab".

    Frankreich

    • Asylbewerber haben Anspruch auf Unterbringung in einer Flüchtlingsunterkunft und zwischen 211 und 527 Euro Finanzhilfe für die Dauer des Verfahrens. Sie haben zunächst Anspruch auf medizinische Notversorgung, nach drei Monaten auf eine reguläre. Nach sechs Monaten dürfen Asylbewerber eine Arbeit annehmen.
    • Abgelehnte Asylbewerber müssen ihre Unterkunft binnen eines Monats verlassen und erhalten keine Finanzhilfe mehr. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Gesundheitsversorgung verlängert werden.
    Flüchtlinge auf ihrem Weg.
    Viele Bootsflüchtlinge, die über Italien in die EU gelangen, wollen nach Frankreich weiterreisen.19.09.2023 | 2:06 min

    Deutschland

    • Asylbewerber oder befristet Geduldete haben Anspruch auf ein Dach über dem Kopf, Nahrung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgüter. Statt Sachleistungen sind teils Wertgutscheine oder Geldleistungen vorgesehen. Die Sätze liegen zwischen 278 Euro für Kinder bis fünf Jahren und 410 Euro für Erwachsene. Nach 18 Monaten steigen die Sätze ungefähr auf Höhe der regulären Sozialhilfe. Arbeiten dürfen Asylsuchende in der Regel nach neun Monaten, haben sie minderjährige Kinder, nach sechs.
    • Während der ersten 18 Monate haben Asylbewerber nur bei akuter Erkrankung und Schmerzen Anspruch auf medizinische Versorgung. Zahnersatz gibt es nur aus medizinisch unaufschiebbaren Gründen. Nach 18 Monaten werden sie von einer gesetzlichen Krankenkasse betreut und erhalten ähnliche Leistungen wie Versicherte.
    • Wer ausreisepflichtig ist, bekommt nur noch eingeschränkte Leistungen.

    Wirbel um Merz-Aussagen
    :Wie Asylbewerber beim Arzt versorgt werden

    "Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen", sagte Friedrich Merz über abgelehnte Asylbewerber. Welche Ansprüche auf Leistungen haben Migranten tatsächlich?
    von Nils Metzger und Oliver Klein
    Behandlungszimmer beim Zahnarzt
    FAQ
    Quelle: dpa

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