Darum geht's in der EU-Asyl-Krisenverordnung

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    Bundesregierung will zustimmen:Darum geht's bei der EU-Asyl-Krisenverordnung

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    Der Weg für eine neue EU-Asylreform wird heute wohl geebnet: Deutschland hat den Widerstand gegen die sogenannte Krisenverordnung offenbar aufgegeben. Worum es dabei geht.

    Nach monatelangem Zögern will Deutschland den Weg für die europäische Asylreform offenbar freimachen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte am Donnerstag beim Treffen mit ihren EU-Kollegen in Brüssel, sie werde im Namen der Bundesregierung der sogenannten Krisenverordnung zustimmen, mit der sich die EU gegen neue Flüchtlingskrisen wappnen will.

    Obwohl wir noch weiteren Änderungsbedarf hätten und auch darüber hinaus, werden wir heute unserer Verantwortung gerecht.

    Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin

    Bislang hatte Berlin wegen Kritik aus den Reihen der Grünen ein Kernelement der Reform abgelehnt, die sogenannte Krisenverordnung. Das EU-Parlament hatte daraufhin auch die Verhandlungen über andere Teile des Asylkompromisses ausgesetzt. Regierungskreisen zufolge sprach Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) regierungsintern nun ein Machtwort. Der Wirtschaftswoche sagte der Politiker der SPD: "Wir werden das neue Gemeinsame Europäische Asylsystem verabschieden, das einen Solidaritätsmechanismus zur Aufnahme und Verteilung von Flüchtlingen vorsieht."

    Ein Wendepunkt.

    Olaf Scholz (SPD), Bundeskanzler

    Worum geht es bei der EU-Asylreform

    Die Asylreform soll unter anderem die irreguläre Migration begrenzen. Die Krisenverordnung ist ein Teil davon. Sie sieht etwa vor, dass bei einem besonders starken Anstieg der Zahlen Migranten länger abgeschottet festgehalten werden können. Insbesondere die Grünen lehnten das ab, sie befürchteten ein Absenken der Schutzstandards.
    Scholz hatte nach Angaben aus Regierungskreisen am Mittwoch im Kabinett den Kurs ausgegeben, dass die Krisenverordnung nicht länger blockiert werden dürfe. Aus dem Auswärtigen Amt von Annalena Baerbock (Grüne) hieß es nur: "Jetzt wird in Brüssel endlich richtig verhandelt."
    "Eine fortdauernde Blockade kann und will Berlin sich offenbar nicht leisten - zu groß ist sowohl auf der europäischen Ebene als auch in der Innenpolitik der Druck, dass Europa hier zu Ergebnissen kommt", sagte ZDF-Korrespondent Florian Neuhann vor dem Treffen der Innenminister über die Berliner Kehrtwende.

    Wie die Lage ist

    Bis Ende August registrierte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mehr als 204.000 Erstanträge auf Asyl - ein Plus von 77 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Zudem sind mehr als eine Million Menschen wegen des Krieges aus der Ukraine nach Deutschland geflohen, die keinen Asylantrag stellen müssen. Im zweiten Halbjahr sind es erfahrungsgemäß oft noch mehr Asylanträge als im ersten.

    Es kann gelingen, bis Ende des Jahres eine Einigung zu erzielen.

    Manfred Weber, Fraktionschef EVP

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    Welche Hürden es noch gibt

    Auch wenn der EU-Rat sich auf die Krisenverordnung verständigt, ist das nur ein weiterer Schritt - aber noch nicht die endgültige Lösung, wie ZDF-Korrespondent Florian Neuhann erläutert. Denn dann müssen Rat und EU-Parlament sich im so genannten Trilog einigen. Und noch liegen beide Institutionen hier weit auseinander. So will das Parlament im Fall einer Krise zum Beispiel eine verpflichtende Verteilung von Migranten einführen - eine Position, die unter den Mitgliedstaaten kaum eine Mehrheit finden dürfte.
    Der Druck in der EU ist groß - vor allem wegen der nahenden Europawahl im Juni 2024. Projekte, die bis dahin nicht mit den Regierungen der Mitgliedstaaten ausgehandelt sind, könnten anschließend wieder infrage gestellt werden. Sollte es zu keiner Einigung auf ein Asylpaket kommen, so ein Parlamentarier, "dann könne man den Rechtspopulisten bei der nächsten Europawahl auch gleich die Hälfte der Stimmen schenken".
    Quelle: ZDF, dpa, AFP

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