US-Repräsentantenhaus: McCarthy als Vorsitzender abgewählt

    US-Repräsentantenhaus:McCarthy als Vorsitzender abgewählt

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    Einmalig in der US-Geschichte: Der Vorsitzende des Repräsentantenhaus, der Republikaner Kevin McCarthy, ist nach einem Votum abgesetzt worden. Er will nicht wieder kandidieren.

    Kevin McCarthy  in Washington umgeben von Pressemenschen und Sicherheitsleuten
    Kevin McCarthy will nicht wieder für den Vorsitz kandidieren.
    Quelle: Getty Images via AFP

    Das US-Repräsentantenhaus hat in einer historischen Abstimmung seinen Vorsitzenden Kevin McCarthy abgesetzt. Nach einer Rebellion in den Reihen der Republikaner votierte am Dienstag eine knappe Mehrheit in der Kongresskammer dafür, McCarthy von seinem Posten zu entfernen.

    Ich werde nicht wieder als Vorsitzender kandidieren.

    Kevin McCarthy, Republikaner

    Abgeordneter Kevin McCarthy, spricht zu Reportern, Stunden nachdem er als Sprecher des Repräsentantenhauses abgesetzt wurde, aufgenommen am 03.10.2023
    04.10.2023 | 3:07 min

    Eine bittere Niederlage für die Republikaner. Nicht nur Kevin McCarthy, der Gestürzte, ist beschädigt, sondern auch das Amt.

    Jetzt rächt sich, dass McCarthy den Hardlinern so viele Zugeständnisse im Januar gemacht hatte. Und auch, dass nur ein Widersacher ausreicht, um ein Misstrauensvotum einzuleiten, wie jetzt geschehen.

    Ein interner Machtkampf ohne Nachfolger in Sicht. Ausgerechnet jetzt, wo der Übergangshaushalt Mitte November ausläuft, eine Kongresskammer handlungsunfähig.

    Erzkonservative Gaetz stellt Antrag

    Der radikale republikanische Abgeordnete Matt Gaetz führte den Aufstand gegen seinen Parteikollegen McCarthy an. Er brachte am Montagabend einen Antrag auf dessen Entfernung aus dem Amt ins Parlament ein.
    • McCarthy, die Marionette der Rechtsradikalen
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    Unterstützer McCarthys versuchten am Dienstag zunächst, den Antrag mit einem Gegenantrag abzuschmettern und eine Abstimmung über eine mögliche Absetzung des Vorsitzenden zu verhindern. Die nötige Mehrheit dafür kam aber nicht zustande. Das Plenum begann daraufhin eine Debatte über Gaetz' Antrag, an dessen Ende das historische Votum stand.

    Es ist das erste derartige Votum im Plenum der Kammer seit 1910. Ein Antrag auf Absetzung des Vorsitzenden ist extrem selten im US-Repräsentantenhaus. In der Geschichte der Kongresskammer wurden bislang nur drei Mal solche Anträge vorgebracht. Nur ein Mal kam es bisher zu einer Abstimmung im Plenum der Kammer darüber. Noch nie hat ein Vorsitzender sein Amt auf diesem Weg verloren.

    Republikaner: McCarthy arbeitet mit Biden zusammen

    Gaetz warf McCarthy vor, er mache gemeinsame Sache mit dem demokratischen Präsidenten Joe Biden, statt für die republikanische Fraktion zu arbeiten. Anlass ist der Haushaltsstreit in den USA.
    Der Hardliner Gaetz störte sich unter anderem daran, dass McCarthy am Wochenende mit den Stimmen von Demokraten einen drohenden Stillstand der Regierung im letzten Moment abgewendet hatte. McCarthy hatte sich mit den Demokraten im Repräsentantenhaus auf einen Kompromiss zur Finanzierung der US-Bundesbehörden bis 17. November geeinigt, um einen sogenannten Shutdown zu verhindern.
    Gaetz warf seinem Parteikollegen aber auch Verstöße gegen Absprachen vor. Gaetz sagte in der Debatte, McCarthy sei nicht zu trauen.

    Joe Biden und Mike Pence zur Abwahl

    US-Präsident Biden rief derweil die Kongresskammer auf, rasch einen Nachfolger zu wählen. "Die dringenden Herausforderungen für unser Land werden nicht warten", erklärte seine Sprecherin Karine Jean-Pierre am Dienstag.
    US-Präsidentschaftsbewerber Mike Pence übte an der Abwahl scharfe Kritik. Chaos sei nie Amerikas Freund, sagte der frühere Vizepräsident unter Donald Trump. Er sei "zutiefst enttäuscht". Die Vorgänge unterstrichen die Notwendigkeit einer neuen Führung in Washington.

    Ratlosigkeit im Repräsentantenhaus

    Wer auf McCarthy als Vorsitzender folgen soll, ist derzeit noch unklar. "Ich weiß es ehrlich gesagt nicht", räumte die Abgeordnete Debbie Lesko ein. "Das ist ein totales Desaster." Erst am kommenden Dienstag wollen sich die Republikaner an einer Neuwahl für den Chefposten versuchen.
    Die natürlichen Anwärter auf den Posten, hohe republikanische Parteimitglieder, dürften es aber auch nicht leicht haben. Der Mehrheitsführer der Republikaner Steve Scalise sagte bislang nur: "Ganz egal, wer Vorsitzender wird, die Herausforderungen werden bestehen bleiben."
    Quelle: dpa, AP, AFP

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